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Gewerbeimmobilien-Markt

Brisanter Cocktail

Kohlektiv - Kohlenhof 2023tt_04849 © Thomas Tjiang

„Kohlektiv“: In Nürnberg-Kohlenhof wurde das 1963 errichtete Verwaltungsgebäude des Güterbahnhofs zu einem modernen Bürostandort umgebaut.

Hohe Baukosten, Zinswende und schwache Konjunktur: Wie läuft der Immobilienmarkt in Mittelfranken?

Wer darauf gesetzt hat, dass die Immobilienwirtschaft nach der Corona-Pandemie nahtlos an frühere Zeiten anknüpfen kann, hat sich deutlich verrechnet: Die Preise für Baumaterialien erreichten Höchststände und die Europäische Zentralbank leitete 2022 nach elf Jahren eine vergleichsweise rasante Zinswende ein. Damit sind Kapitalanlagen wieder deutlich attraktiver, was zu Lasten der Anlage in „Betongold“ geht. Zudem bleiben viele Beschäftigte auch nach Corona im Homeoffice, sodass der Markt für Büroobjekte unter Druck gerät. Ein weiterer

Trend: Durch die russische Invasion in der Ukraine und die Klimapolitik der EU bekommen die Aspekte Energieeffizienz und Nachhaltigkeit einen noch größeren Stellenwert. Und nicht zuletzt sorgt die konjunkturelle Unsicherheit dafür, dass Investitionspläne bei Gewerbeimmobilien in die Zukunft verlagert werden. Zahlreiche Investoren und Projektentwickler weichen auch vom Gewerbebau in das Wohnsegment aus. Damit einher geht die Sorge, dass wegen der schmelzenden Auftragspolster Mitarbeiter abgebaut werden, diese in andere Branchen abwandern und die Fachkräfte dann – ähnlich wie in Gastronomie und Hotellerie – beim Wiederanspringen der Konjunktur fehlen.

Diese Gemengelage schlägt sich aktuell auch deutlich auf dem mittelfränkischen Immobilienmarkt nieder: „Der Markt legt eine Pause ein“, erklärt Martina Stengel, Referentin für Standortberatung, Raum- und Bauleitplanung bei der IHK Nürnberg. Noch allerdings könnten viele Firmen ihren Auftragsbestand abarbeiten, seien aber wegen der hohen Preise für Baumaterial unter Druck. So hätten sich Materialien wie etwa Flachglas, Holzfaserplatten oder Stahl, deren Produktion energieintensiv ist, teilweise um bis zu 50 Prozent verteuert. Gleichwohl würden auch in diesem Umfeld noch mittelständische Unternehmen in Wohn- oder Gewerbeobjekte investieren.

Stengel weist erneut darauf hin, dass etablierte Unternehmen vielfach auf Schwierigkeiten stoßen, wenn sie ihre Betriebe erweitern wollen. In bestehenden Gewerbegebieten gebe es oft Widerstände von den Anwohnern: „Solche Vorhaben waren noch nie so schwierig wie heute“, so Stengels Erfahrung. Sie appelliert deshalb an die Betriebe, frühzeitig zu informieren, um im Austausch mit den Anwohnern praktikable Lösungen zu finden. Aber auch das Baurecht legt manchem Erweiterungsvorhaben Steine in den Weg – selbst bei vorbildlich vorbereiteten Projekten: So wollte ein Unternehmen auf seinem Areal einen zweistöckigen Bau um zwei weitere Etagen erhöhen, was auch unter dem Gesichtspunkt des Flächensparens sinnvoll wäre. Dafür müsste allerdings der Bebauungsplan geändert werden, der nur eine zweigeschossige Bebauung vorsieht. Nun sind unter anderem ein neues Lärmschutzgutachten erforderlich und für den angepassten Brandschutz müsste ein neuer Verkehrsweg auf dem Grundstück angelegt werden, damit die Feuerwehr das Gebäude umfahren kann. Egal, wie es ausgeht: „Das ganze Verfahren zieht sich in die Länge und macht es teurer“, so Stengel.

Wohnungswirtschaft

Der Nürnberger Marktbeobachter Wolfgang P. Küspert, Geschäftsführer der Küspert & Küspert Immobilienberatung GmbH & Co. KG, sieht auch den wohnwirtschaftlichen Markt mit Sorge: „Da ist viel Dampf im Kessel.“ Die Wohnungsbauträger hätten seit Jahresbeginn nur sehr wenige Eigenheime verkauft – mit entsprechenden Auswirkungen auch auf Projektentwickler, finanzierende Banken und ausführende Firmen. Weil wenig neue Wohnungen entstehen, geraten Wohnungssuchende auf dem sowieso schon überlasteten Markt weiter unter Druck. Und wegen der wachsenden Einwohnerzahl im Großraum, auch wegen der wieder zunehmenden Migration, dürften die Mietpreise weiter steigen.

Der Nürnberger Immobilienmarkt für institutionelle und professionelle Anleger befindet sich laut Küsperts „Investment Marktbericht Nürnberg“ im Sinkflug: Im Jahr 2019 erreichten deren Investments mit 2,1 Mrd. Euro einen Spitzenwert, dann gingen sie im vergangenen Jahr im Gefolge der Corona-Pandemie auf 1,1 Mrd. Euro zurück. Möglicherweise wird im laufenden Jahr noch nicht einmal ein Transaktionsvolumen von einer halben Mrd. Euro erreicht. Es bestehe derzeit ein Dilemma: „Potenzielle Käufer warten auf einen weiteren Preisabschlag und die Verkäufer auf die Rückkehr zum höheren früheren Preisniveau“, so Küspert.

Büroflächen

Auch im Nürnberger Büromarkt ging der Umsatz 2022 bezogen auf die vermietete Fläche auf 94 000 Quadratmeter zurück, ein Minus um 14 Prozent, so der jährliche erscheinende „Marktbericht Büroimmobilien Nürnberg“ von Küspert & Küspert. Die Unternehmen reduzierten ihre angemieteten Flächen vor allem wegen des Trends zu Homeoffice und Mobile Work sowie wegen der gesamtwirtschaftlichen Unsicherheiten. Deshalb stieg die Leerstandsquote und die Durchschnittsmieten sanken. Allerdings muss dabei laut Küspert berücksichtigt werden, dass der Nürnberger Büromarkt zwischen 2017 und 2020 einen beispiellosen Höhenflug erlebt hatte. Die Unternehmen haben an die Mietflächen vor allem diese Ansprüche: nachhaltige Neubauten in guter Lage mit hoher Energieeffizienz, moderaten Betriebskosten, flexiblen Grundrissen und optimaler Verkehrsanbindung. Miguel Soto Palma, Bereichsleiter „Immobilienkunden und Institutionelle“ bei der Sparkasse Nürnberg, beobachtet, dass hohe Standards bei der Energieeffizienz zu einem zentralen Aspekt bei Gewerbeimmobilien geworden sind. Dem müssten sich die Vermieter von Bestandsobjekten und Neubauten stellen. Insgesamt sieht er den Immobilienmarkt derzeit in einer „schwierigen Phase“.

Das sieht auch Wolfgang Högner so, Seniorchef der traditionsreichen Högner-Gruppe aus Neuendettelsau, die gewerbliche und private Objekte plant und realisiert. Er beobachtet am Markt einen „Käuferstreik“, es gebe gegenüber dem Vorjahr einen Einbruch um bis zu 50 Prozent. „Im nächsten Jahr wird es dramatisch“, befürchtet er nicht zuletzt wegen der steigenden Zinsen. Auch die Versicherer und Family Offices, die in den letzten Jahren viel in Immobilien investiert und damit auch die Preise nach oben getrieben hätten, seien aktuell vom Markt verschwunden. Relativ unbeeindruckt von den Finanzierungskosten zeigen sich Högners Beobachtung zufolge aber Mittelständler, die Betriebsflächen benötigen: „Da wird bei Bedarf gebaut, die Zinskosten sind nicht entscheidend.“

Quartier Sieboldstraße & Study Inn Erlangen

Großprojekt in Erlangen: Im „Quartier Sieboldstraße & Study Inn Erlangen“ entstehen Gewerbeflächen, Wohnungen und Studentenapartments. (Foto: Thomas Tjiang)

Neue Quartiere

In dem schwierigen Marktumfeld gab es in letzter Zeit nur wenige Planungen für neue Quartiere mit Wohn- und Gewerbeeinheiten. Dazu gehört das Quartier Sieboldstraße & Study Inn Erlangen. Das Großprojekt mit einem Investitionsvolumen von über 100 Mio. Euro entsteht gegenüber dem „Himbeerpalast“. Mit den beiden Gebäudekomplexen werden neben Gewerbeflächen 172 Wohnungen sowie weitere 277 öffentlich geförderte Studentenapartments gebaut. Um das Risiko auf mehrere Schultern zu verteilen, übernimmt das Erlanger Bau- und Immobilienunternehmen Heinlein das Quartier Sieboldstraße. Die Projektgesellschaft GMS Objekt Erlangen verantwortet das studentische Wohnen. Hinter der GMS stehen die Grammer Immobilien Gruppe aus Amberg, die Baustoff-Unternehmerfamilie Meier aus Lauterhofen und das Fürther Bauunternehmen GS Schenk. Die Gebäude auf dem früheren Siemens-Areal werden nach höchsten Energieeffizienz-Standards ausgeführt. „Wir bekommen den Rückgang im Neubau gerade sehr stark zu spüren“, erklärt Andreas Eckert, geschäftsführender Gesellschafter von GS Schenk. „Gerade deshalb haben wir uns dazu entschlossen, den Bau gemeinsam durchzuziehen.“

 Monopol 491

Unter dem Namen „Monopol 491“ baut die WBG Nürnberg Wohnungen und Gewerbeeinheiten auf dem ehemaligen Areal der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein. (Foto:Thomas Tjiang)

 

Dass Quartiersentwicklungen mit Wohnen und Gewerbe derzeit nicht nach Plan laufen, zeigt zum Beispiel das Projekt Monopol 491 auf dem ehemaligen Areal der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein in Nürnberg. Der kommunale Wohnungsbauer WBG Nürnberg GmbH Immobilienunternehmen ist dort mit dem ersten Bauabschnitt seiner größten Baustelle für geförderte Wohnungen im Zeitplan. Die rund 180 Mietwohnungen sowie die Gewerbeeinheiten sind in der Herstellung allerdings deutlich teurer als geplant. Daher zieht die WBG die Bremse beim weiteren Ausbau auf insgesamt rund 500 Mietwohnungen und schiebt das Projekt in die Zukunft. Sie nutzt hier erneut Typen-Grundrisse für die Mietwohnungen, die ansatzweise ein serielles Bauen erlauben. Auch bei diesem Projekt spielt die Energieeffizienz eine wichtige Rolle, vorgesehen sind Nahwärmenetz, Blockheizkraftwerk und Photovoltaikanlage. Nach Angaben des Baugeneralunternehmers Züblin gibt es erstmals im Großraum für die Arbeiten selbst ein Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) als „nachhaltige Baustelle“. Es wird beispielsweise Ökostrom genutzt und energieoptimiert gearbeitet, die Bauabfälle werden sortenrein getrennt. Beim Beton hat man sich trotz höherer Kosten für einer Variante entschieden, bei deren Produktion weniger CO2 anfällt, sagt Züblin-Projektleiter David Benkert.

Vom Käuferstreik nationaler oder internationaler Investoren unbeeindruckt zeigt sich Jürgen Vollet, Geschäftsführer der Nürnberger Weisert-Gruppe. Das Familienunternehmen hat sich mittlerweile auf Gewerbeimmobilien im Großraum spezialisiert und deckt die gesamte Wertschöpfungskette ab. Das reicht von Grundstückskauf und Planung über den Bau ohne Generalunternehmer bis zur kostenfreien Detailplanung für einzelne Mieter. Die Objekte, wie beispielsweise das Marienberg Büro- und Dienstleistungszentrum mit seinen insgesamt 42 000 Quadratmetern Nutzfläche in der Nähe des Flughafens bleiben im Bestand. Der dort jüngst fertig gestellte Erweiterungsbau umfasst 8 500 Quadratmeter und ist bis auf eine kleinere Fläche voll belegt. Aufgrund der guten Erfahrungen mit der Vermietung am Standort wurde die letzte Erweiterung ohne Vorverträge erstmals auf Vorrat gebaut, im Rückblick sei dies die richtige Entscheidung gewesen.

Wiesert-Siemensstrasse

„Siemensstraße 2 – 4“ in Fürth: Die Nürnberger Weisert-Gruppe gestaltet den früheren Siemens-Standort für technologieorientierte junge Unternehmen um. (Foto: Thomas Tjiang)

 

Auch in Fürth will die Weisert-Gruppe organisch weiter wachsen: Sie hatte in den 1980er Jahren exklusiv für Siemens einen Gewerbekomplex mit einer Nutzfläche von 25 000 Quadratmetern gebaut. Nachdem Siemens vor zwei Jahren in ihren neuen Campus nach Erlangen umzog, nutzt man nun die Gunst der Stunde. Das Gebäude steht bis auf kleinere Dienstleister sowie etablierte Firmen mit einem Bürostandort nahezu leer und soll nun umfassend saniert und unter dem Namen „Siemensstraße 2-4“ vor allem an technologieorientierte Unternehmen und Start-ups vermietet werden. Bei der Revitalisierung wird die energetische Ertüchtigung einen Schwerpunkt bilden (u. a. mit Wärmepumpen für den Heiz- und Kühlbetrieb, Wärmedämmung und Photovoltaik-Anlage). Mit dem Energieversorger Infra Fürth laufen Gespräche über eine Anbindung an das Fernwärmenetz, auch der Einsatz von Wasserstoff ist in der Diskussion.

Seetor-Offices

Die „Seetor-Offices“, ein Teilprojekt des „Seetor City Campus“ in der Nürnberger Ostendstraße, sind bei gewerblichen Mietern sehr gefragt. (Foto: Thomas Tjiang)

 

Die Erlanger Sontowski & Partner Group sieht ihr Projekt „Seetor-Offices“, den Büroriegel des „Seetor City Campus“ gegenüber der Nürnberger Versicherung, auf sehr gutem Wege. Laut Geschäftsführer Sven Sontowski läuft die Vermietung sehr gut, die Mieter stammen u. a. aus den Bereichen IT, Personaldienstleistung, Steuer- und Wirtschaftsberatung, Coworking, Lebensmitteleinzelhandel und Gastronomie. Für den Gewerbekomplex strebt er eine DGNB-Zertifizierung in Gold an. Sontowski sieht seine Einschätzung bestätigt, dass es in der Region eine hohe Nachfrage nach modernen Büroflächen gibt, die sich flexibel gestalten lassen und die energetisch auf dem neuesten Stand sind.

Für den Bürotower „The One“ in Nürnberg wurde im Frühjahr der Grundstein gelegt. Bis 2025 sollen rund 10 000 Quadratmeter Büro- und Dienstleistungsfläche auf zwölf Geschossen entstehen. Das Projekt ist Teil des rund sechs Hektar umfassenden Entwicklungsareals „Neue Mitte Thon“. Mit Nahversorgung, Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleistung und öffentlichen Plätzen soll ein neues Zentrum im Nürnberger Norden entstehen. Nach Angaben Sontowskis sind kurz nach Baubeginn schon rund 65 Prozent der Flächen vergeben. Auch für „The One“ ist eine DGNB-Zertifizierung in Platin für höchste Energieeffizienz vorgesehen. Für die zunehmenden Starkregenfälle sind sogenannte Retentionsflächen auf den Dächern und Außenlagen eingerichtet. Sie erlauben auf dem zuvor komplett versiegelten Grundstück eine vollständige Versickerung des Wassers. Planungsdetails zu dem nächsten Projekt, dem sogenannten Ergo-Hochhaus direkt gegenüber dem Nürnberger Hauptbahnhof, will Sontowski noch nicht verraten. Weil die zunächst erwogene Komplettsanierung verworfen wurde, wird in Kürze der Architektenwettbewerb für einen Neubau starten, der ebenfalls nach sehr hohen Nachhaltigkeitsstandard errichtet werden soll.

Ergo-Hochhaus

Das Ergo-Hochhaus direkt gegenüber dem Nürnberger Hauptbahnhof wird abgerissen und durch ein neues Bürohaus ersetzt. (Foto: Thomas Tjiang)

 

Den Büromarkt für Investoren beurteilt Dr. Sebastian Greim, Geschäftsführer der Eckpfeiler Immobilien Nürnberg GmbH, aktuell skeptisch. „Nach rund 13 Jahren Boom trifft die Flaute seit letztem Jahr auch die mittelfränkische Bürobranche.“ Ein Verkauf in diesem Segment sei in diesem Jahr ohne kräftige Preisabschläge kaum noch möglich. Der 2020 gegründete Projektentwickler hat einen Fokus auf institutionelle Investoren. Er habe zwar Gewerbeflächen im Portfolio, reine Büroobjekte mache er derzeit aber nicht. „Das Thema Homeoffice wirkt sich derzeit stark auf den Markt aus. Dafür hat das Wohnsegment viel Potenzial.“ So steht etwa unter dem Dach der SP Projekt Alte Parler Straße GmbH gemeinsam mit der Schultheiß Projektentwicklung AG die Entwicklung von Teilen des neuen Wohnquartiers „Grüne Mitte Wetzendorf“ mit Stadtpark, Kita, Kinder- und Jugendhaus sowie Nahversorger an. Für den gebeutelten Nürnberger Wohnungsmarkt entstehen hier etwa 1 200 neue Wohnungen, teils einkommensgefördert. Einen Schritt weiter ist Greim bereits mit dem Wohn- und Geschäftshaus „Kilian1“ im Nürnberger Stadtteil Thon. Die 52 Wohneinheiten und eine Gewerbefläche könnten noch Ende des Jahres fertiggestellt werden. Den Standort stuft er – einen Steinwurf vom Großprojekt Neue Mitte Thon entfernt – als sehr vielversprechend ein.

Das

Das „Umwelthaus“, der neue Stammsitz der Nürnberger Umweltbank, wird nach höchsten Energie- und Umweltstandards errichtet. (Foto: Thomas Tjiang)

 

In Sachen Nachhaltigkeit setzt die Nürnberger Umweltbank AG mit ihrem neuen Stammsitz auf dem ehemaligen GfK-Areal derzeit den Maßstab weit über den Großraum hinaus. Gemäß den Klimazielen der EU und den Zielen des Pariser Klimaabkommens ist bereits eine Vorzertifizierung nach Platin-Standard von der DGNB erfolgt. Für den Büroturm mit 13 Geschossen im Holzhybridbau werden beispielsweise keine Verbundmaterialien verwendet, um die Kreislauffähigkeit der verwendeten Baumaterialien sicherzustellen. Die großflächige Fassaden-Photovoltaik-Anlage belegt eine Fläche von gut 2 000 Quadratmetern, hinzu kommt die Photovoltaik-Anlage auf den Dächern mit weiteren rund 760 Quadratmetern. Von den 11 000 Quadratmetern Nutzfläche sind bereits ca. 4 500 Quadratmeter im anschließenden Langbau vermietet. Auf dem 15 000 Quadratmeter großen Areal sind noch zwei angrenzende Wohnkomplexe in Planung. Nachdem die Fläche vor dem Bau überwiegend versiegelt war, wird die Grundfläche des neuen Quartiers nun zu gut 40 Prozent aus Grünfläche bestehen. Wenn das Projekt 2025 fertiggestellt ist, werden dort rund 1 000 Menschen je zur Hälfte wohnen und arbeiten, darunter die rund 330 Beschäftigten der grünen Bank.

Luitpoldviertel

„Luitpoldviertel“ an der Regensburger Straße: Der südliche Bauabschnitt steht kurz vor der Fertigstellung. (Foto: Thomas Tjiang)

 

Beim Luitpoldviertel der Nürnberger KIB-Gruppe ist die Fertigstellung des südlichen Abschnitts auf dem 28 000 Quadratmeter großen Areal in greifbarer Nähe. In diesem Teil entstehen 103 Wohnungen im Modell des Service-Wohnens für Senioren, 58 City-Apartments und weitere 95 Mietwohnungen. Hinzu kommen eine Tagespflege, eine Frühförderstelle und eine Kita. Für den nördlichen Teil mit dem erhaltenen, markanten Rundbau zwischen Regensburger-, Scharrer- und Hainstraße sind weitere Wohnungen, zwei Supermärkte, eine Apotheke, Büros und Arztpraxen sowie ein quartierseigener Park geplant oder befinden sich bereits in Realisierung.

Auch das Großprojekt Kohlenhof nimmt nach jahrzehntelangem Dornröschenschlaf langsam Kontur an. Auf dem ehemaligen Bahnareal entstehen unter Regie der Bahn-Tochter Aurelis insgesamt rund 75 000 Quadratmeter Mietfläche für Büros sowie angeschlossene Gastronomie und Sondernutzungen. Das erste Teilprojekt Kohlektiv, eine Revitalisierung der einstigen Zentralverwaltung des Güterbahnhofs, ist bereits voll vermietet. Aktuell wird das Teilprojekt Nürnberger Güterwerk als Neubau auf einer Fläche von rund zehn Hektar realisiert. Das Gebäude selbst bekommt eine Bruttogrundfläche von 13 500 Quadratmetern mit fünf Obergeschossen und zwei Dachterrassen. Ankermieter ist das Pharmaunternehmen Novartis. Der Bildungsanbieter SAE Institute zieht voraussichtlich im dritten Quartal 2024 in das Erdgeschoss ein. Die Mietverträge mit Novartis und SAE beinhalten jeweils eine Green-Lease-Vereinbarung. Demnach sind Energie und andere natürliche Ressourcen bei der Bewirtschaftung und Nutzung des Gebäudes möglichst schonend und sparsam einzusetzen. Die Aurelis strebt für das Güterwerk eine DGNB-Zertifizierung in Gold an.

Bereits komplett vermarktet hat Aurelis die Marienzeile in Nürnberg: Innerhalb von rund zehn Jahren Planungs- und Bauzeit sind insgesamt 30 500 Quadratmeter Bruttogeschossfläche entstanden. Alle vier Bürohäuser sind voll vermietet, unter anderem an die Beratungen KPMG und Capgemini, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sowie das Bayerische Gesundheitsministerium. Bereits im letzten Jahr wurde der vierte Bürokomplex an einen Investor verkauft und nun im Sommer ebenfalls voll vermietet übergeben.

Marienzelle

„Marienzeile“ zwischen Hauptbahnhof und Dürrenhof: Die vier Bürotürme sind nun vollendet und vermietet. (Foto: Thomas Tjiang)

Einzelhandel

Der mittelfränkische Einzelhandel hat nach der Corona-Pandemie noch nicht zu alter Stärke zurückgefunden. Insbesondere für die Innenstädte werden neue Konzepte gesucht, um die Attraktivität für Einkäufer und Bewohner auch durch mehr Gastronomie sowie Kultur- und Freizeitangebote zu erhöhen.

Jüngster Rückschlag war die erneute Insolvenz des Warenhauskonzerns Galeria Kaufhof Karstadt: Geschlossen wurden die Häuser im Franken-Center in Nürnberg-Langwasser und in der Königstraße. Immerhin wurde die Erlanger Filiale noch von der geplanten Streichliste genommen. Den Standort in Langwasser übernimmt die Modekette Aachener, die dort nach einem Umbau eine Filiale eröffnen wird. Unsicher ist die Zukunft des Hauses in der Königsstraße: Die Stadtverwaltung hat bereits Plänen eine Absage erteilt, das Filetgrundstück in exklusives Wohnen umzunutzen. Stattdessen soll die Handelsimmobilie auch weiterhin ein Einzelhandelsstandort bleiben. Bis es weitergeht, könnte der verwaiste Konsumtempel auch durch nichtkommerzielle Zwischennutzungen aus dem Kultur- oder Kunstbereich etwas belebt werden.

Das frühere Galeria-Kaufhaus

Großer Leerstand in der City: Das frühere Galeria-Kaufhaus in der Königstraße ist seit Juni geschlossen. (Foto: Thomas Tjiang)

 

Eine Hängepartie bleibt auch der einstige City-Point an der Rückseite der einstigen Kaufhof-Filiale: Seit Jahren wartet der gescheiterte Handelsstandort auf seinen Abriss und eine Wiederauferstehung als „Altstadt Karee“. Zuletzt war von einem Mix aus Einzelhandel, Gastronomie und Wohnen die Rede, doch ein Baubeginn ist noch nicht bekannt.

Unsicherheit herrscht beim Neubau an der Innenstadtecke Breite Gasse und Färberstraße, wo einst der Schuhhändler Leiser residierte. Die Zweckgesellschaft NP R.E. Nürnberg BG 71-73 GmbH und Co. KG aus Schleswig-Holstein wollte dort eine Zwischenform von Hotel und Servicewohnen inklusive gastronomischer Nutzung im Erdgeschoss errichten. Das Objekt ist zwar fast fertig, doch schon im Januar wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Wie schnell sich in diesen Zeiten ein Käufer findet, ist noch nicht klar.

Beim einstigen City-Center in Fürth hat es ebenfalls lange gebraucht, bis es der Fürther Immobilienentwickler und -investor P&P Group im Corona-Jahr 2021 in neuem Glanz als Urban-Erlebnis-Center Flair wiedereröffnen konnte. Mit einem panasiatischen Restaurant als jüngstem Mieter ist das Objekt mit einer Verkaufsfläche von rund 18 000 Quadratmetern fast vollständig vermietet. Insgesamt verfügt der Einkaufspalast über rund 60 Läden und Restaurants sowie zahlreiche Attraktionen für den kurzweiligen Aufenthalt. 

Platz für neuen Einzelhandel entsteht aktuell im Nürnberger Westen mit der Großbaustelle für The Q. Der Düsseldorfer Projektentwickler Gerchgroup AG haucht dem einstigen Quelle-Versandzentrum mit einer umfassenden Entkernung und Sanierung neues Leben ein. Im Bauteil 1 des denkmalgeschützten Gebäudes laufen die Bauarbeiten für das neue Behördenzentrum mit einer Mietfläche von rund 42 000 Quadratmetern. Darüber hinaus entstehen im Erdgeschoss gut 7 800 Quadratmeter Fläche für den Handel, von denen der größte Teil bereits an Rewe, Müller und Lidl vermietet ist. Auch die Sparkasse Nürnberg wird dort eine Filiale eröffnen. Die Fertigstellung des gesamten Bauteils 1 inklusive ca. 480 Stellplätzen in der öffentlichen Tiefgarage ist für das kommende Jahr vorgesehen.

Bereits vor dem Richtfest von The Q Mitte Juli startete die weitere Vermarktung für das „Quelle Forum“. Ein zentraler überdachter Innenraum umfasst insgesamt eine Fläche von rund 2 000 Quadratmetern. Er öffnet den Blick nach oben über drei Geschosse, macht die Konstruktion sichtbar und gilt als ein architektonisches Highlight des Projekts. Die im „Quelle Forum“ verbliebenen Mietflächen sind für vor allem für innovative Gastronomiekonzepte vorgesehen. In den weiteren Gebäudeteilen von The Q werden bis zu 1 000 Wohnungen, ergänzende Gewerbeflächen und eine Kita entstehen.

Projekte in Logistik und Produktion

Der Nürnberger Technologie- und Rüstungskonzern Diehl Stiftung & Co. KG erweitert seinen Standort Röthenbach a. d. Pegnitz: Dort ist ein neues Test- und Integrationszentrum geplant, mit dem sich die Büro- und Gewerbefläche vor Ort verdoppeln würde. Die Diehl-Sparte Defence profitiert unter anderem von Aufträgen für das Luftabwehrsystem Iris-T, das auch bereits in der Ukraine erfolgreich gegen russische Luftangriffe eingesetzt wird.

Die Heinloth Kontraktlogistik GmbH hat im vergangenen Jahr ihr neues Logistikzentrum in Roth in Betrieb genommen. Dort stehen jetzt 16 400 Paletten-Stellplätze mit neuester Technik zum halbautomatisierten Ein- oder Auslagern sowie etwa ein eigener Bereich zur Großkommissionierung zur Verfügung.

Die Geis-Gruppe hat im Hafen Nürnberg ihren Standort erweitert und 2022 ihr neues Logistik- und Technologiezentrum mit zwei Gebäuden und 30000 Quadratmetern Fläche in Betrieb genommen. Mit den Erweiterungsbauten für insgesamt rund 25 Mio. Euro wurden zugleich die Speditionsterminals um mehr als die Hälfte erweitert. So sind insgesamt rund 190 neue Arbeitsplätze entstanden.

Die Logistikregion Nürnberg punktet bei Neubauflächen insbesondere im Vergleich zur Top-Logistikregion München mit vergleichsweise moderaten Preisen, so Stefan Moor von der Logivest GmbH in Nürnberg, ein auf Logistikimmobilien spezialisiertes Beratungsunternehmen. „Die Her-ausforderung ist der massive Mangel an Flächen und Flächenausweisungen“, sagt Moor. Die andauernde Knappheit führe dazu, dass es kaum noch Flächenumsätze durch Neubau gibt.

Das gilt auch für den Hafen Nürnberg, der als Güterverkehrszentrum ein zentraler Knotenpunkt für Transporte per Wasser, Straße und Schiene ist. Dort können nur noch Firmen erweitern, wenn sie sich frühzeitig Reserveflächen – wie etwa die erwähnte Geis-Gruppe – gesichert hatten. Aktuell hat der Bayernhafen Nürnberg trotz seiner stattlichen Gesamtfläche von 377 Hektar aber keine freien Flächen für neue Ansiedlungen mehr im Angebot.

Hafen Nürnberg

Hafen Nürnberg: Der erweiterte Logistik-Standort der Geis-Gruppe. (Foto: Thomas Tjiang)

 

Den Logivest-Daten zufolge wurden 2022 in der Region Nürnberg noch Baustarts von Logistikimmobilien mit insgesamt rund 140 000 Quadratmetern gemessen. Im ersten Halbjahr 2023 sei der Markt dann sehr verhalten gewesen. Die Nachfrage nach Logistikflächen sei zwar weiterhin hoch, aber durch die wirtschaftliche Unsicherheit und die gestiegenen Kosten hätten Bestandsimmobilien an Relevanz gewonnen. Weitere Trends in der Logistik: Neue Projekte werden überwiegend außerhalb des Ballungsraumes realisiert. So war beispielsweise die Region Ansbach in den letzten Jahren sehr gefragt, sodass aber nun auch dort kaum noch Flächen verfügbar sind.

Zu den wenigen Neubauprojekten gehört aktuell der Panattoni-Park in Ansbach, der vom gleichnamigen Projektentwickler für Industrie- und Logistikimmobilien realisiert wird. Bereits zum Richtfest im April war das Objekt mit einer Nutzfläche von rund 33 000 Quadratmetern komplett an die Logistikgruppe Elsen aus Wittlich in Rheinland-Pfalz vermietet, die in Ansbach verschiedene Güter lagern und kommissionieren wird. Die Logistiksparte der Elsen-Gruppe ist im Großraum Nürnberg bereits seit 2014 unter anderem für Siemens aktiv. Im Gewerbepark Nürnberg-Feucht verfügt sie in einem eigenen „Multi-User-Warehouse“ über eine Fläche von insgesamt 19 000 Quadratmetern.

Aber auch das 2019 gegründete Heilsbronner Start-up Teveo GmbH zieht es an die Autobahn A6: Im Gewerbegebiet West an der Autobahn-Anschlussstelle Herrieden entsteht für das Sportmode-Label ein Logistikkomplex. Das Grundstück mit seinen rund 4,6 Hektar ist eine ehemalige Fläche der Stadt. Teveo ist vor allem über den Social-Media-Kanal Instagram durchgestartet und beschäftigt mittlerweile über 50 Mitarbeiter.

Öffentliche Gebäude

Zu den spannendsten Projekten im Großraum gehört der Campus der 2021 neu gegründeten Technischen Universität Nürnberg (neuerdings abgekürzt UTN), die auf dem Gelände des ehemaligen Südbahnhofs mit einer Fläche von etwa 37 Hektar entsteht. Neben der Universität und weiteren Forschungseinrichtungen soll dort Wohnraum für voraussichtlich 600 Studenten entstehen. Als erster Baustein für den neuen Campus entsteht der Komplex „Zentrale Einrichtungen“. Er umfasst Lehr- und Seminarbereiche, eine Cafeteria, ein bibliothekarisches Lernzentrum, das Zentrum für Digitale Lehre sowie Büroflächen für Verwaltung und IT. Das Campus-Ensemble wird mit den Parkanlagen des neuen Stadtteils Lichtenreuth verbunden. Das gesamte Planungsgebiet umfasst rund 100 Hektar, auf denen rund 2 500 Wohnungen sowie Nahversorgung, Büros, Gewerbe, Kitas und eine Schule vorgesehen sind. 

Bau Campus der Technischen Universität Nürnberg

Im neuen Stadtteil Nürnberg-Lichtenreuth hat der Bau für den Campus der Technischen Universität Nürnberg begonnen. (Foto: Thomas Tjiang)

 

Auf dem ehemaligen AEG-Gelände im Nürnberger Westen entsteht für die Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm (Ohm) ein Gebäudekomplex mit rund 8 000 Quadratmetern Nutzfläche. Der Neubau wird als Ohm Innovation Center ab Ende 2024 für die anwendungsorientierte Forschung, die Forschungsförderung und den Technologie- und Wissenstransfer genutzt. Der Hochschulbau wird als Bestellbau von der MIB Projekt THN Nürnberg GmbH als Bauherrn gemeinsam mit der MIB Coloured Fields errichtet und für mehr als 20 Jahre angemietet. Bertram Schulze, der den südlichen Teil der AEG-Industriebrache zu einem florierenden Unternehmens- und Forschungsstandort entwickelt hat, will den Bereich „Auf AEG Nord“ zu einem Bildungs- und Forschungsquartier mit zahlreichen Wohnungen weiterentwickeln.

Der Projektentwickler Gerchgroup, der das frühere Quelle-Areal als „The Q“ neu gestaltet, scheint an Mittelfranken Gefallen gefunden zu haben: Auf dem Südteil des früheren Schöller-Geländes im Nürnberger Norden hat er einen langfristigen Mietvertrag über einen neuen Standort der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg abgeschlossen. Dort werden rund 300 Mio. Euro investiert, ab 2026 soll das künftige Geistes- und Sozialwissenschaftliche Zentrum (GWZ-N) gut 3 000 Studenten und 400 Mitarbeiter beherbergen. Ende 2022 hatten Gerchgroup und die Nürnberger Alpha-Gruppe den Zuschlag für die Entwicklung des Universitätsstandorts auf dem ehemaligen Produktionsgelände erhalten.

Das frühere Schöller-Gelände

Auf dem früheren Schöller-Gelände im Nürnberger Norden entsteht ein neuer Standort der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. (Foto: Thomas Tjiang)

 

Auch das Klinikum Nürnberg bleibt eine große Baustelle: Am „Campus Süd“ entsteht aktuell der Neubau des Kinderklinikums Nürnberg mit Geburtshilfe. Nach dessen Abschluss wird voraussichtlich 2026 mit dem Bau des neuen Notfallzentrums begonnen. Im Zuge der Modernisierung der medizinischen Versorgung in Bayern hat der Freistaat für dieses Projekt gut 250 Mio. Euro zugesagt. Kernstück des künftigen Notfallzentrums wird die neue Notaufnahme sein.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 08|2023, Seite 38

 
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