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Industrie 4.0

Von Daten getrieben

Smart Factory © NanoStockk/GettyImages.de

Digitale und vernetzte Produktion: Nordbayern kommt bei Industrie 4.0 gut voran, so eine IHK-Studie.

Bei der digitalen und vernetzten Produktion (Industrie 4.0) ist die deutsche Wirtschaft international mit führend. Die „intelligente“ Fertigung ist zu einem Erfolgsmodell geworden, bei dem die internationale Konkurrenz aber stark ist. Ermutigend aus Sicht der Europäischen Metropolregion Nürnberg (ENM): Die nordbayerischen Unternehmen sind in dieser Disziplin überdurchschnittlich gut aufgestellt und konnten ihre Position in den vergangenen Jahren noch ausbauen. Der Pferdefuß dabei: Kleinere produzierende Unternehmen haben bei der Umsetzung von Industrie 4.0 noch erheblichen Nachholbedarf – gerade bei den datengetriebenen Geschäftsmodellen, die als besonders chancenreich gelten. Dies sind zentrale Ergebnisse der Studie „Industrie 4.0 in Nordbayern“ der sechs nordbayerischen IHKs unter Federführung der IHK Nürnberg für Mittelfranken.

Wegen des schnellen Wandels in der digitalen Produktion führt IW Consult (eine Tochter des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln) im Auftrag der IHKs seit 2016 alle drei Jahre diese Studie durch, um den Reifegrad der Unternehmen beim Thema Industrie 4.0 zu messen. An der jüngsten Umfrage Ende 2022 hatten sich 479 Unternehmen beteiligt, die davon auch ganz konkret profitieren: Sie haben eine individuelle Auswertung erhalten, aus denen sie ihren Reifegrad bei sechs Themenfeldern ablesen können, die für Industrie 4.0 entscheidend sind: Smart Factory / Smart Operations / Smart Products / Data driven Services / Strategie /Mitarbeiterkompetenzen.

Die aktuelle Umfrage bestätigt, dass der Reifegrad hinsichtlich Industrie 4.0 in Nordbayern seit neun Jahren kontinuierlich angestiegen ist (in den letzten drei Jahren nochmals um 30 Prozent). Aktuell gab erstmals mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen an, dass sie schon Aktivitäten auf diesem Zukunftsfeld gestartet hätten. Industrie 4.0 wird zudem immer stärker als positiv besetztes Thema wahrgenommen, bei dem es mehr Chancen als Risiken gebe. Der Wermutstropfen ist allerdings, dass der Reifegrad sehr stark von der Unternehmensgröße abhängt: Bei Kleinunternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern, auf die die meisten Teilnehmer an der Umfrage entfallen, hat die Hälfte noch keinerlei Maßnahmen umgesetzt. Von den Großunternehmen haben dagegen nur knapp drei Prozent nichts in Richtung Industrie 4.0 unternommen.

Datengetriebene Geschäftsmodelle 

Die nordbayerischen Unternehmen haben sich in fast allen Themenfeldern verbessert, wie beispielsweise bei der Smart Factory oder bei den Kompetenzen der Mitarbeiter. Wichtigste Baustelle sind die datengetriebenen Geschäftsmodelle: Zum einen ist der Reifegrad hier am geringsten. Zum anderen droht der mittelständisch geprägten Industrie die Gefahr, dass sie gerade bei diesem Zukunftsthema von monopolistischen Plattformbetreibern abhängig wird, die sich zwischen Kunden und Lieferanten drängen. „Es besteht damit ein gewisses Risiko, zur austauschbaren verlängerten Werkbank zu werden“, warnt Dr. Ronald Künneth, Automatisierungsexperte bei der IHK Nürnberg für Mittelfranken und Koordinator der Umfrage. Aus diesem Grund hätten Politik und Wirtschaft gemeinsam die Initiative „Manufacturing X“ gestartet. Das „X“ steht für „Exchange“ (Datenaustausch), ähnlich wie bei dem Projekt „Gaia X“ (sichere Dateninfrastruktur in Europa) oder dem Forschungsprojekt „Catena X“ der Automobilindustrie.

Es handelt sich um ein Daten-Ökosystem, in dem der industrielle Mittelstand Daten direkt untereinander teilen kann, ohne zentrale Plattformen nutzen zu müssen. „Dieser Datentausch funktioniert zwar noch nicht, aber die elementaren Voraussetzungen dafür sind in den nordbayerischen Industrieunternehmen vorhanden“, so Künneth. So würden von den regionalen Unternehmen nicht nur klassische Stamm- und Finanzdaten gespeichert, sondern in beträchtlichem Umfang auch diejenigen Produktions- und Prozessdaten, die für neue Geschäftsmodelle besonders bedeutsam sein. Um aus diesen Daten Wertschöpfung zu gewinnen, müssten diese noch mit einheitlichen Standards aufbereitet werden. Hier mangelt es laut Künneth noch an pragmatischen Lösungen, die für den Mittelstand zu stemmen sind. Eine weitere Hürde, die die Unternehmen davon abhält, sich noch stärker bei Industrie 4.0 zu engagieren, sind fehlende Fachkräfte.

So viele Unternehmen wie noch nie gaben bei der aktuellen Umfrage an, dass sie sich angesichts des komplexen Themas weitere Unterstützung durch die IHKs wünschen. Drei Viertel der Betriebe gaben zu Protokoll, dass sie noch mehr Fachinformationen, Erfahrungsaustausch und Vernetzung begrüßen würden. Die sechs nordbayerischen IHKs, die auch das Netzwerk „Automation Valley Nordbayern“ mit etwa 300 Unternehmen und Forschungseinrichtungen der Automatisierungstechnik tragen, werden deshalb ihre Aktivitäten rund um Industrie 4.0 nochmals ausbauen. Ein Akzent soll auf die Frage gesetzt werden, wie mit Daten und mit Technologien aus den Bereichen Data Analytics und Künstliche Intelligenz zusätzliche Wertschöpfung geschaffen werden kann.

Download der Studie: www.ihk-nuernberg.de/industrie40

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 08|2023, Seite 78

 
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