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Investitionsfinanzierung

Wie überzeugt man die Bank?

Geldscheine in Zählautomat © idil toffolo/GettyImages.de

Die Banken haben klare Kriterien für die Kreditvergabe – Nachhaltigkeit und Klimaschutz gehören dazu.

Der Mittelstand in Deutschland hält sich mit Investitionen zurück. Die Unsicherheit wegen der konjunkturellen Entwicklung, Fachkräftemangel sowie hohe Energie- und Rohstoffpreise drücken auf die Stimmung. Und nicht zuletzt haben die Zinsen erstmals seit 2008 wieder die Marke von vier Prozent überschritten. An Investitionen führt aber kein Weg vorbei, denn die Unternehmen müssen ihre Zukunftsfähigkeit und Wettbewerbsstärke sichern. Digitalisierung, Energieeffizienz und Entwicklung neuer Geschäftsmodelle sind nur drei Bereiche, die hohen Einsatz – auch in finanzieller Hinsicht – erfordern. Was können die Unternehmen tun, um zum "Wunschkunden" der Bank zu werden und ihre Chancen auf eine angemessene Finanzierung zu erhöhen?

Wer einen Kredit bekommen möchte, muss wissen, nach welchen Kriterien die Bank die Kreditwürdigkeit beurteilt. In den vergangenen Jahren wurden diese Anforderungen erhöht und die Prüfung der Bonität noch stärker formalisiert. Der Grund dafür ist, dass der Gesetzgeber und die Bankenaufsicht in Folge der weltweiten Finanzkrise von 2008 auch die Anforderungen für das Risiko-Management und die Eigenkapitalsicherung der Banken erhöht haben. Infolgedessen wurden auch die Ratings für die Kunden verschärft. Allerdings können die Unternehmen das Rating-Ergebnis in den meisten Fällen durch gezielte eigene Maßnahmen positiv beeinflussen.

Folgende Kriterien sind mit ausschlaggebend für die Entscheidungen der Banken:

  • Hervorragender Bonitäts-Score (z. B. Schufa, Crefo) sowie überdurchschnittliche wirtschaftliche Kennzahlen (z. B. Eigenkapitalquote, Liquiditätsgrade) sind eine zentrale Basis für die Risikobewertung durch die Bank. Ihnen sollte deshalb besonders Augenmerk gewidmet werden.
  • erfahrene und solide Unternehmensführung (z. B. Alter, Dauer)
  • innovative und strategische Ausrichtung (z. B. Geschäftsmodell, Branche)
  • Vollständigkeit und Qualität der Unterlagen (z. B. Jahresabschlüsse, betriebswirtschaftliche Auswertungen BWA)
  • Nachhaltigkeitsstrategie und ESG-Score (gemäß den Nachhaltigkeitskriterien Environmental, Social and Governance)

Nachhaltigkeit und ESG-Score

Der letztgenannte Aspekt ist in den letzten Jahren zu den Entscheidungskriterien der Banken hinzugekommen. Nun beurteilen sie den Antragsteller auch danach, ob er stringente Maßnahmen in Bezug auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz nachweisen kann. Diese sind jetzt zu einem beträchtlichen Teil mit ausschlaggebend dafür, ob ein Kredit erteilt wird und wie die Zinskonditionen aussehen.

Hintergrund sind zahlreiche Initiativen weltweit, mit denen die Dekarbonisierung erreicht und dem Klimaschutz zum Durchbruch verholfen werden soll. Dazu zählt insbesondere auch der "Green Deal" der EU, durch den Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent werden soll. Um diese Net-Zero-Strategie zum Erfolg zu führen, setzt die EU auch am Investitionsverhalten von Unternehmen an. Damit werden die Finanzinstitute zu einem entscheidenden Hebel, weil sie durch die Vergabe von Fremdkapital enormen Einfluss darauf haben, ob Neuinvestitionen den Klimazielen entsprechen. Regulatorische Vorschriften und Pflichten führen nun dazu, dass Banken künftig daran gemessen werden, wie hoch der Anteil an den von ihnen finanzierten "klimafreundlichen" Investitionen ist. Folglich werden sie diejenigen Unternehmen bevorzugt behandeln, die eine klare Nachhaltigkeitsstrategie haben und sozialverträglich agieren.

ESG-Score und Nachhaltigkeitsstrategie

Als Nachweis für das Thema Nachhaltigkeit wird der sogenannte ESG-Report herangezogen. Dieser beschreibt den Status-Quo des Unternehmens in den drei Bereichen Environment, Social und Governance sowie Maßnahmen, die das Unternehmen zur Optimierung des ESG-Scores geplant hat. Einige Beispiele für Aktivitäten auf diesen drei Feldern, die bei der Risikobewertung der Banken positiv zu Buche schlagen:

  • Environment: Im Themenfeld Environment werden Einflussfaktoren auf die Umwelt bewertet. Bewertungskriterien sind z. B. CO2-Emissionen, Energieverbräuche oder Pendlerkilometer.
  • Social: Im Themenfeld Social wird das Engagement des Unternehmens hinsichtlich Unternehmenskultur, Arbeitsbedingungen, Gleichstellung, Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter bewertet. Bewertungskriterien sind z. B. Mitarbeiterzufriedenheit (Ergebnisse aus Umfrage), Arbeitsunfälle und Krankheitstage, Frauenanteil im Unternehmen und auf Führungsebene sowie Gehaltsstruktur (Mann/Frau).
  • Governance: Themen sind hier u. a. Unternehmensführung und Organisation des Unternehmens, das Einhalten von ethischen und rechtlichen Standards (Compliance), Risikomanagement und Integrität der Geschäftsleitung. Bewertungskriterien sind z. B. Zusammensetzung der Geschäftsführung, Fluktuationsrate, Offenlegung und Transparenz, Kontrollmechanismen und stringentes Risikomanagement.

Um aussagekräftige Unterlagen zusammenstellen zu können, sollten die Betriebe systematisch vorgehen. Wichtig ist hierbei, dass der Unternehmer nicht erst durch die Bank erfährt, wie sein Unternehmen von außen gesehen wird. Sondern der Unternehmer muss proaktiv handeln und seine Unterlagen bereits so aufbereiten, dass die Bank diese als "gut" empfindet. Häufig geben Unternehmen Unterlagen ab, ohne diese aus "Bankperspektive" geprüft zu haben und erhalten dann ein negatives Feedback, das durch kurzfristige Maßnahmen verhindert hätte werden können.

Vier Schritte für die Vorbereitung

Empfehlenswert sind diese vier Schritte, mit denen man sich über seine eigenen Ziele klarer wird und die bei der Strukturierung der Aufstellungen helfen:

Status-quo analysieren: In einem ersten Schritt muss sich der Unternehmer einen Überblick zur aktuellen wirtschaftlichen Situation aus der Banken-Perspektive verschaffen. Wie sehen Kennzahlen, Ratings usw. aus? Wie gut sind die Chancen, einen (kostengünstigen) Kredit zu bekommen? Hierzu analysieren Sie die Wirtschaftlichkeit Ihres Vorhabens und die Qualität der vorhandenen Daten und Finanzberichte. Anschließend sollte das Ergebnis mit Ergebnissen aus externen Ratings (z. B. Schufa, Crefo) abgeglichen werden. Die Ergebnisse aus der Wirtschaftlichkeitsanalyse müssen zudem mit Referenzwerten abgeglichen werden. Je nach Branche können diese Wertebereiche leicht variieren. So gibt es beispielsweise Unternehmen im produzierenden Gewerbe mit einem großen Maschinenpark und somit auch einer höheren Anlagenintensität als etwa im Dienstleistungssektor. Die Eigenkapitalquote kann ebenfalls variieren, häufig wird von Experten ein Mindestwert von über 20 Prozent genannt.

Ziele festlegen: Nach dem Abgleich mit den Benchmarks aus dem ersten Schritt müssen Zielwerte für das eigene Unternehmen definiert werden. Also: Welche Eigenkapitalquote ist relevant? Wie hoch sollte der Liquiditätsgrad sein? Wie hoch müsste der Cash-Flow sein, sodass das Unternehmen eine hohe Kreditwürdigkeit erhält, die wiederum die Basis für kostengünstigere Kredite ist? Externe Ratings spielen ebenfalls eine Rolle – auch hier müssen "Ziel-Scores" festgelegt werden. Die Zielwerte hängen ab von Branche und Größe des Unternehmens, Unternehmensstrategie, Alter des Unternehmens (Start-up ist anders zu bewerten als langjähriges Unternehmen) usw. Neben den rein wirtschaftlichen Zielen sollten an dieser Stelle auch "Nachhaltigkeitsziele" berücksichtigt werden, die im Bankgespräch proaktiv angesprochen werden können. Damit wird ersichtlich, dass auch aktiv an ESG-Themen gearbeitet wird.

Maßnahmenplan erstellen und umsetzen: Daraus ergeben sich einerseits kurzfristige Maßnahmen bezüglich Aktualisierung der Daten, die in externen Ratings hinterlegt sind, oder aber auch bezüglich der Struktur der Bilanzen (z. B. Erhöhung der Eigenkapitalquote, Verbesserung der Liquidität). Hinweis: Externe Ratings ziehen sich veröffentliche Daten z. B. Jahresabschlüsse aus dem Bundesanzeiger. Dabei können Übertragungsfehler entstehen oder die veröffentlichten Daten liegen den Rating-Agenturen nur in einer verkürzten Version vor. Keine Information ist oftmals schlechter als eine mittelmäßige Information, die aber vorliegt. Die kurzfristigen Maßnahmen werden noch vor dem ersten Bankgespräch in Abstimmung mit dem Steuerberater und gegebenenfalls mit einem Unternehmensberater umgesetzt. Als Ergebnis dieses Schrittes sollte eine nachvollziehbare Darstellung der wirtschaftlichen Situation stehen.

Definiert werden müssen auch langfristige Maßnahmen, die nicht ad hoc gelöst werden können. Zu den langfristigen Maßnahmen gehören beispielsweise die Optimierung der Kostenstruktur, des Working Capitals oder auch des Cash-to-Cash-Cycle. Zur Festlegung der dafür geeigneten Maßnahmen müssen in der Regel tiefergehende Analysen durchgeführt werden. Die Maßnahmen können im Bereich der Kosteneinsparung und in der Optimierung von Lieferketten liegen. Aber auch die Zahlungsmodalitäten zwischen Lieferanten und Kunde haben einen Einfluss auf die Liquidität im Unternehmen. Kosteneinsparungen sind häufig mit der Umstellung auf effizientere Prozesse verbunden, welche wiederum Investitionen nach sich ziehen (z. B. Digitalisierung, energieeffizientere Maschinen und Logistik usw.). Auch das Thema ESG ist in der Regel bei den langfristigen Maßnahmen einzuordnen. Für die langfristigen Maßnahmen wird eine Roadmap erstellt, die ebenfalls für die Bankgespräche genutzt werden kann. So wird einerseits die strategische Entwicklung des Unternehmens strukturiert dargestellt und andererseits werden die Investitionsvorhaben in einen ganzheitlichen Zusammenhang gestellt. Als Ergebnis dieses Schrittes sollten also eine terminierte Roadmap sowie eine Beschreibung der strategischen Ausrichtung vorliegen.

Vorbereitung auf das Bankgespräch: Nach der Umsetzung der kurzfristigen Maßnahmen und der Optimierung der wirtschaftlichen Unterlagen sowie Ratings können Sie das Bankgespräch angehen. Dazu benötigen Sie die angepassten Unterlagen (Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, Betriebswirtschaftliche Auswertungen BWA mit Summen- und Saldenliste). Je nach Art und Umfang der Finanzierung variiert die Vorbereitung für das Gespräch. Wirtschaftliche Unterlagen werden immer benötigt. Zudem ist es auch hilfreich, dass Sie für Ihre geplante Investition bzw. Vorhaben vorab eine Liquiditätsrechnung durchführen und die Kapitaldienstfähigkeit darstellen. So können Sie anschließend mit dem Bankberater deutlich detaillierter verhandeln. Des Weiteren ist es hilfreich, mit ihm die langfristige Roadmap mit zukünftigen Investitionen und ESG-Maßnahmen zu besprechen.

Mit diesen Schritten dürfte es gelingen, den Finanzinstituten nachvollziehbare Unterlagen zu präsentieren und die Kreditsachbearbeiter von der Substanz der beabsichtigten Investition zu überzeugen. Dies gilt nicht zuletzt dann, wenn man mit überzeugenden Aktivitäten bei Nachhaltigkeit und Klimaschutz punkten kann.

Autor/in: 

Von Dr. Christiane Dollinger. Sie ist Mitglied der Geschäftsleitung des Finanzdienstleisters AIVmbH in Weißenburg (www.aivfinanz.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2023, Seite 52

 
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