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Memmert

Prima Klima in Edelstahl

Memmert © IHK

Geschäftsführerin Christiane Riefler-Karpa mit einem der Memmert-Klimaschränke, der als Testgerät dient.

Die Klima- und Temperierschränke des Schwabacher Unternehmens kommen in Laboren rund um den Globus zum Einsatz.

Sie schimmern teils fliederfarben, teils mint- bis apfelgrün: Die Flüssigkeiten in den Reagenzgläsern und Fläschchen, die hinter der Glasscheibe des großen Metallkastens stehen. Christiane Riefler-Karpa öffnet die Frontklappe und nimmt einen der kleinen Behälter heraus. Die farbig schimmernden Flüssigkeiten stehen zu Versuchszwecken in dem Metallkasten, denn es handelt sich um einen Test- und Entwicklungsapparat der Memmert GmbH + Co. KG in Schwabach, die Riefler-Karpa seit 2007 als Geschäftsführerin leitet, zusammen mit dem zweiten Geschäftsführer Philipp Schwarm.

Ihr Unternehmen ist spezialisiert auf die Herstellung von Klimaschränken, Wärme- und Trockenschränken, Brutschränken und Wasserbädern, die im Büchenbacher Werk produziert werden. Von diesen Geräten fertigte Memmert letztes Jahr mehr als 30 000 Stück. Sie kommen u. a. in Forschung, Medizin und Industrie zum Einsatz. Die Anwendungsgebiete der Schränke sind vielfältig: Im medizinischen Bereich werden damit beispielsweise Proben, Infusionslösungen und Patientendecken temperiert. Während der Corona-Zeit dienten die Brutschränke und CO2-Brutschränke von Memmert besonders in der Virenforschung als Arbeitsmittel im Kampf gegen die Pandemie. In der Industrie kommen sie z. B. zum Trocknen von Bauteilen oder Klebeverbindungen zum Einsatz. Und in der Lebensmittelproduktion lässt sich mit ihrer Hilfe die Trockenmasse bzw. der Feuchtegehalt von Nahrungsmitteln bestimmen.

Vielfältige Einsatzzwecke also, die sich hinter den Edelstahlschränken verbergen. In einem anderen Teil der Memmert-Produktion stehen sie der Reihe nach aufgestellt, teils in Elektroherdgröße, teils rund zwei Meter hoch, und warten darauf, kalibriert zu werden. Sie tragen einen hellen Blauton, beinahe himmelblau. Wenn man genau hinschaut, sieht man aber, dass das nicht die Farbe des Edelstahls oder eine Lackierung ist, sondern die Schutzfolie. Sie soll dafür sorgen, dass die Oberflächen bis zur Inbetriebnahme beim Kunden keine Kratzer bekommen. Manche Kunden lassen die Folie auch darüber hinaus noch kleben, weiß man hier – damit die Außenflächen möglichst lange spurenfrei bleiben.

Fachkräfte gesucht

Rund 550 Beschäftigte arbeiten bei Memmert, davon 37 Auszubildende. „Wir wollen gute Fachkräfte und es ist uns wichtig, jungen Leuten einen Beruf zu ermöglichen“, so Riefler-Karpa. Deshalb würden auch Azubis aus Förderschulen eingestellt. Nichtsdestotrotz sei der Fachkräftemangel auch ein Thema für den Gerätehersteller, etwa bei Personal im Bereich IT und Software-Entwicklung. Erschwerend komme hinzu, dass der Standort in Büchenbach etwas abgelegen und dadurch für Azubis schwer mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sei: „Was wir bräuchten, wäre ein Bus, der passend zu den Schichtzeiten fährt“, sagt die Geschäftsführerin. Die Kommunen seien zwar bemüht, hier Abhilfe zu schaffen, dennoch gestalteten sich die bürokratischen Vorgänge langwierig. Auch beim Thema Baugenehmigungen gehe es meist nur sehr zäh voran, Entscheidungen dauerten sehr lang. „Letztendlich bleiben durch den Mangel an qualifiziertem Personal viele Stellen offen, mit denen wir sonst deutlich wettbewerbsfähiger sein könnten“, so das Fazit der Memmert-Chefin.

„Äolus“ machte den Anfang

Insgesamt kann Riefler-Karpa aber mit der Geschäftsentwicklung zufrieden sein: In den letzten Jahren wuchs der Umsatz besonders in der Corona-Zeit sehr stark und pendelte sich im letzten Jahr auf rund 85 Mio. Euro ein. Sie führt mittlerweile in der dritten Generation erfolgreich das Unternehmen weiter, dessen Anfänge auf ihren Großvater Willi Memmert zurückgehen: Er eröffnete Anfang der 1930er Jahre gemeinsam mit seiner Frau Eva-Babette Memmert ein kleines Elektrogeschäft in Schwabach. Den Weg zur heutigen Firma schlug der gelernte Elektroingenieur 1947 ein, als er im Auftrag des Roten Kreuzes einen Heißluftsterilisator namens „Äolus“ baute – wegen Materialmangels damals aus aufbereitetem Aluminium alter Flugzeugteile. Mit diesem konnten Spritzen und andere medizinische Gerätschaften keimfrei gehalten werden. Mitte der 50er Jahre lieferte die Firma ihre Geräte bereits international aus. Als die Fertigungskapazität im Hauptwerk nicht mehr ausreichte, errichtete Memmert 1974 ein weiteres Werk in Büchenbach. „Ich finde es interessant, wie er es geschafft hat, aus seiner Entwicklung eine Mengenproduktion zu machen und das zu standardisieren“, sagt Christiane Riefler-Karpa über ihren Großvater.

Zwei Jahre später, 1976, verstarb er jedoch bei einem Unfall, woraufhin die Töchter Grete Memmert-Riefler und Herta Ulrich gemeinsam mit ihren Ehemännern die Leitung übernahmen. Sie trieben in den folgenden Jahrzehnten u. a. das Exportgeschäft voran und sorgten für Entwicklungen wie den ersten elektronischen Regler und die Einführung von Peltier-Geräten. Letztere können – stark vereinfacht gesagt – durch unterschiedliche elektrische Spannungen für Erwärmung oder Abkühlung sorgen. Das hat u. a. den Vorteil, dass kein Kältemittel nötig ist und im Vergleich zu Kompressorgeräten bis zu 80 Prozent weniger Energie benötigt wird, um eine bestimmte Temperatur über einen längeren Zeitraum hinweg gleichmäßig zu halten.

Internationales Geschäft ausbauen

2007 übergaben Grete Memmert-Riefler und Peter Riefler die Unternehmensführung schließlich an ihre Tochter und heutige Geschäftsführerin Christiane Riefler-Karpa. „Die Firma ist also seit 1976 in Frauenhand“, sagt die Memmert-Chefin mit einem Lachen. Unter ihrer Leitung entstand 2010 eine Vertriebsgesellschaft in China und 2012 eine weitere in Indien. Weitere folgten in den USA und in Osteuropa. „Wir wollen nah am Endanwender sein, da diese je nach Region sehr unterschiedlich sind“, erklärt die Memmert-Chefin. In China läuft gerade die Produktion für den asiatischen Markt an, wodurch die Produkteigenschaften an die dortigen Marktanforderungen angepasst werden können. Insgesamt vertreibt die Büchenbacher Firma ihre Produkte in rund 160 Ländern und arbeitet dabei vor allem mit dem Laborhandel zusammen, weshalb die Exportquote etwa 80 Prozent beträgt. Zudem bestünden viele der weltweiten Kundenkontakte bereits seit Jahrzehnten. Mit der Internationalisierung ist damit aber noch nicht Schluss, denn es soll in Zukunft noch weitere Vertriebsgesellschaften geben. „Der Markt hat ein großes Wachstumspotenzial“, sagt Riefler-Karpa.

Das sieht die Geschäftsführerin auch bei den Anwendungsbereichen der Memmert-Produkte so. Sie denkt dabei etwa an die Forschung an Pflanzenarten, die resistent gegenüber den Klimaveränderungen der kommenden Jahre sind, oder an die Entwicklung neuer Ernährungsformen, beispielsweise künstliches Fleisch. Auch das Thema Nachhaltigkeit im Allgemeinen werde dazu führen, dass die Einsatzbereiche der Memmert-Geräte in Zukunft noch deutlich zunehmen werden, ist sich Riefler-Karpa sicher.

 

Autor/in: 

(jf.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2024, Seite 64

 
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