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„Bürgerdialog“

Robert Habeck sucht den Austausch

Bürgerdialog © Daniel Karmann

Eine Skulptur von Ludwig Erhard überreichten IHK-Präsident Dr. Armin Zitzmann und Hauptgeschäftsführer Markus Lötzsch an Robert Habeck (v. r.).

Mehr Veränderungswillen in Politik und Gesellschaft mahnte Vizekanzler Robert Habeck beim „Bürgerdialog“ im „Haus der Wirtschaft“ an.

Der Bundeswirtschaftsminister war auf Einladung des Verlags Nürnberger Presse nach Nürnberg gekommen und stellte sich in der IHK der Diskussion mit den rund 150 Gästen – die meisten von ihnen Leserinnen und Leser der „Nürnberger Nachrichten“ sowie Unternehmerinnen und Unternehmer. Nach einer Talkrunde mit Michael Husarek, Chefredakteur der „Nürnberger Nachrichten“, beantwortete er Fragen aus dem Publikum.

IHK-Präsident Dr. Armin Zitzmann begrüßte den Bundeswirtschaftsminister in der IHK und nannte den Fachkräftemangel und den Netzausbau im Zuge der Energiewende als vordringliche Herausforderungen aus Sicht der Wirtschaft. Er übergab dem Politiker eine Skulptur des früheren Bundeswirtschaftsministers Ludwig Erhard. Habeck nahm den Faden auf und erklärte, Erhard stehe als Vater der sozialen Marktwirtschaft für sozialen Ausgleich, politische Kompromisse und fairen Diskurs. Diese seien auch heute wichtige Instrumente gegen Populismus, so der Bundesminister, der angesichts großer Umwälzungen Unternehmen und Gesellschaft in einem „Erschöpfungszustand“ sieht. Es bringe aber nichts, sich etwas vorzumachen und sich wie in der Vergangenheit Illusionen hinzugeben: Russland werde immer billiges Gas liefern, China sichere der deutschen Exportwirtschaft ein stetes Wachstum und die USA bezahlen für unsere militärische Sicherheit. Diese drei vermeintlichen Sicherheiten seien jetzt innerhalb kurzer Zeit zusammengebrochen. Hinzu kämen die ökologische Transformation, die Zinswende und kriegerische Auseinandersetzungen.

Es bringe aber nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. Deshalb versuche die Koalition neue Wege zu gehen, um die Herausforderungen zu lösen. Beispiel Ausbau der Netzinfrastruktur: Die Ampel-Koalition habe etwa bei den geplanten Stromtrassen von Nord nach Süd die Dauer der Planungsverfahren um die Hälfte gekürzt. Mit dieser Beschleunigung der Prozesse mache man sich aber nicht nur Freunde, sagte der Minister mit Blick auf die vielen Einzelinteressen vor Ort in den Kommunen. Hinderlich sei es auch, wenn politische Vorhaben durch immer neue Vorschriften abgesichert würden und sich die Verwaltungen „hinter 140-prozentigen Lösungen verschanzen“. Das führe zu der häufig bemängelten Überregulierung und Bürokratisierung sowie zu langen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten. Habeck brach stattdessen eine Lanze für mehr Risikobereitschaft: Vielleicht reichten bei Entscheidungen auch nur 80 Prozent oder 90 Prozent Sicherheit, was aber bedeute, dass es auch schiefgehen könne.

Der Politiker stellte sich geduldig den Fragen aus dem Publikum, äußerte auch Selbstkritik an der Politik der „Ampel“, korrigierte unaufgeregt falsche Informationen und veranschaulichte komplexe Sachverhalte, für die es keine schnellen Lösungen gebe. Sein Plädoyer für kritische Diskurse untermauerte er mit einem Beispiel seines eigenen Sinneswandels: In seiner früheren politischen Laufbahn in Schleswig-Holstein sei er ein entschiedener Gegner einer CO2-Speicherung (CCS) gewesen. Mittlerweile habe er sich aber angesichts neuer Verfahren zu einem Befürworter gewandelt.

Aufzeichnung und Fotos der Veranstaltung:
www.ihk-nuernberg.de/buergerdialog

Autor/in: 

tt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2024, Seite 26

 
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