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Geschichte

"Wohl bekomm’s!"

 

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Oliver Dürrbeck

Oliver Dürrbeck

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Die Speisekarte ist die Visitenkarte eines Unternehmens. Im 19. Jahrhundert überboten sich Münchner Restaurants mit prunkvollen Ausführungen.

Der französische Schriftsteller La Rochefoucauld notierte im 17. Jahrhundert: „Essen ist ein Bedürfnis, Genießen ist eine Kunst!“ Doch es dauerte noch gut 100 Jahre, bis in Paris die ersten öffentlichen Restaurants entstanden. Statt groß beschriebener Tafeln sollten Speisekarten den Gast über das kulinarische Angebot informieren und gleichzeitig als Preisverzeichnis dienen. 

Bilder der Speisekarten des Hacker-Bräu-Kellers und Münchner Kindl-Kellers

Links: Abend-Speisenkarte des Löwenbräukellers, 1891

In einem Zeitungsbericht über den Münchner Rathauskeller hieß es 1874, dass seine Speisekarte außer den „feinsten Delikatessen“ auch die „Münchner Leibgerichte in vollständiger Anzahl“ aufführte. Bereits damals wussten Wirte und Gastronomen, dass der Überblick über die Auswahl an Speisen und Getränken möglichst attraktiv und ansprechend gestaltet sein sollte. Die überaus repräsentative Abendkarte des Münchner Löwenbräukellers aus dem Jahr 1891 schmücken altdeutsche Motive des Malers Albrecht Dürer. Auf der Rückseite sind die 32 Kellnerinnen der Großgaststätte namentlich genannt. Als Nummer eins regierte die Oberkellnerin Karolina, Marie „die Durstige“ bediente auf der Terrasse.

Die Karte des ehemaligen Bürgerbräu in der Münchner Kaufingerstraße erinnert an die hohe Zeitungskultur von einst. Sie verzeichnet rund 20 Blätter, die täglich für den interessierten Leser auslagen: vom Seegeist Tegernsee über den Corriere de la Sera bis hin zum New York Herald. Allerdings waren damals Schlüsselwörter für „emotionale Geschmackserlebnisse“ wie „hausgemacht“, „ofenfrisch“ oder „knackig“ unbekannt. Zu blumigeren Formulierungen schwang sich höchstens einmal die Getränkekarte bei den Spirituosen mit „A Glas’l an Guat’n“ auf.

Bilder der Speisekarten des Hacker-Bräu-Kellers und Münchner Kindl-Kellers

Links: Speisekarte des Hacker-Bräu-Kellers an der Theresienhöhe in München, um 1900. Rechts: Speisekarte des Münchner Kindl-Keller an der Rosenheimer Straße in München, 1913. Die Restauration fasste 5.000 Personen und war zeitweilig der größte Saalbau der Stadt.

Harald Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bayerischen Wirtschaftsarchivs: „Wir verfügen über eine umfangreiche Sammlung dieser ‚liebenswürdigen Erinnerungsstücke’, wie sie der französische Meisterkoch Auguste Escoffier (1846-1935) einmal bezeichnet hat. Diese Speisekarten sind nicht nur sehr kunstvoll gestaltet, sondern spiegeln den Zeitgeist wider. Entsprechend der damaligen Begeisterung für die deutsche Kolonialbewegung in Afrika gab es vor rund 120 Jahren als besondere Spezialität die ‚Congo-Suppe’“. 

Fotos: Bayerisches Wirtschaftsarchiv BWA

 
 
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