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Geschichte

Rauschende Energie: Das Walchenseekraftwerk

 

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Oliver Dürrbeck

Oliver Dürrbeck

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Der Sage nach lebt im Walchensee ein gewaltiger Waller, der seine Schwanzflosse im Maul hält. Wenn die Sündenlast der Menschen des bayerischen Oberlandes zu groß wird, lässt er los und das Wasser tritt in einer riesigen Sintflut über die Ufer.

Ob der Elektrizitätspionier Oskar von Miller diese Geschichte kannte, ist nicht überliefert. Doch war er mit den besonderen Gegebenheiten des Alpensees bestens vertraut. Tatsächlich beschäftigte er sich schon Ende des 19. Jahrhunderts mit der Idee einer Nutzung des Höhenunterschieds von 200 Metern zwischen Walchen- und Kochelsee für die Gewinnung elektrischer Energie. Damit wollte er die Elektrifizierung Bayerns und seines Eisenbahnnetzes vorantreiben.

Die bayerische Staatsregierung schrieb 1908 einen Wettbewerb aus, doch es sollte noch zehn Jahre dauern, bis die Planungen für das Großprojekt abgeschlossen waren. Die umliegenden Gemeinden waren zunächst skeptisch. Mit der geplanten Absenkung des Walchensees und die Überleitung von Isarwasser in den See befürchteten die Gemeindeväter eine Schädigung der Umwelt und damit auch eine Beeinträchtigung des florierenden Fremdenverkehrs. Vor 100 Jahren – am 21. Juni 1918 – beschloss der Bayerische Landtag den Bau des Walchensee-Kraftwerks.

Bereits im November liefen die Arbeiten an. Auf der Baustelle waren in Spitzenzeiten bis zu 2.000 Arbeiter beschäftigt, darunter zahlreiche Heimkehrer aus dem Ersten Weltkrieg. Die Anlage gehört bis heute zu den größten Kraftwerken dieser Art in Deutschland: Sechs Rohre mit einer Länge von 430 Metern und einem Durchmesser von rund 2 Metern verbinden das Wasserschloss am Walchensee mit dem Generatorenhaus unten am Kochelsee. Die Arbeitsbedingungen – vor allem bei der Rohrverlegung durch den Berg – waren hart, 17 Arbeiter kamen ums Leben. Nach rund sechs Jahren Bauzeit speiste am 24. Januar 1924 die erste Turbine Strom in das Leitungsnetz ein.

Anleihe für den Bau des Walchensee-Kraftwerks, 1923. (Foto: BWA)

Anleihe für den Bau des Walchensee-Kraftwerks, 1923.

 

Aushub des Unterwasserkanals, um 1921. (Foto: BWA)

Aushub des Unterwasserkanals, um 1921.

 

Transport des 23 Meter langen eisernen Schiffs der Baufirma Kunz vom Kochelsee über die neue Kesselbergstraße zum Walchensee, um 1922. (Foto: BWA)

Transport des 23 Meter langen eisernen Schiffs der Baufirma Kunz vom Kochelsee über die neue Kesselbergstraße zum Walchensee, um 1922.

 

Krafthausbaugrube und Unterwasserkanal am Walchenseekraftwerk, 1922/23. (Foto: BWA)

Krafthausbaugrube und Unterwasserkanal am Walchenseekraftwerk, 1922/23.

 

Rohrleitungen in der Krafthausbaugrube, 1923. (Foto: BWA)

Rohrleitungen in der Krafthausbaugrube, 1923.

 

Ansicht des Walchenseekraftwerks, um 1928. (Foto: BWA)

Ansicht des Walchenseekraftwerks, um 1928.

 

Bei den Arbeiten am Walchenseekraftwerk kam das 1882 in Kempten gegründete und später nach München verlegte Unternehmen Alfred Kunz zum Einsatz, das große Erfahrungen im Bau von Wasserkraftanlagen hatte. Es führte den gesamten Kraftwerksbau einschließlich des Unterwasserkanals aus, außerdem die horizontale Druckrohrleitung, die Loisachanpassung und das Transformatorenhaus. Das Bayerische Wirtschaftsarchiv verwahrt die historische Überlieferung der bedeutenden Hoch- und Tiefbauunternehmung, die 1996 Insolvenz anmeldete.Harald Müller M.A., Wiss. Mitarbeiter des Bayerischen Wirtschaftsarchivs

Fotos: Bayerisches Wirtschaftsarchiv BWA

 
 
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