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Geschichte

"Typisch Bayern": Jüdische Unternehmer und der Aufstieg des Landes

Viel von dem, was uns heute urbayerisch erscheint, entspringt bei näherer Betrachtung dem Wirken jüdischer Persönlichkeiten. Zwar lag der Anteil der jüdischen Bevölkerung in Bayern vor 150 Jahren zum Zeitpunkt der Reichsgründung 1871 bei 0,9 Prozent. Doch leisteten namhafte jüdische Unternehmer einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung und zum Aufschwung des Landes.

So gehörte etwa Simon von Eichthal, Sohn eines jüdischen Hoffaktors, 1835 zu den Gründern der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank AG, der ersten Aktienbank in Deutschland. Als König Ludwig I. allerdings 1843 die Münchner Industrie- und Handelskammer ins Leben rief, konnte sich Eichthal wegen Arbeitsüberlastung nicht zur Mitwirkung entschließen. Bayerns einstmals größte Aktienbrauerei Löwenbräu war mit der jüdischen Familie Schülein eng verbunden. Die trachtenbewusste Münchnerin kaufte ihr Dirndl bei der Firma Wallach und wer eine "Lodenjoppe" brauchte, ließ sich bei Isidor Bach ausstaffieren. Für naturbegeisterte Ausflügler hielt die Nürnberger Firma Bing den "Touristenkocher Alpina" bereit. Exklusive Einrichtungen lieferte das Kunst- und Antiquitätenhaus Bernheimer. Zu den Kunden gehörte das bayerische Königshaus ebenso wie der europäische Hochadel. Für die Heimatstadt München engagierte sich das Bankhaus H. Aufhäuser und beschaffte 1928 der notleidenden Metropole auf dem englischen Markt eine Anleihe von mehr als eineinhalb Millionen Mark, die den dringend benötigten Ausbau der Städtischen Elektrizitäts- und Kraftwerke ermöglichte.

 

Originalunterschrift des Bankiers Simon von Eichthal auf einer Feuerversicherungspolice, 1842.

 

Löwenbräu-Vorstand Hermann Schülein (l.) beim Besuch des bayerischen Kronzprinzen Rupprecht (M.) und seiner Familie in der Brauerei, 1932.

 

Der Bankier Heinrich Aufhäuser mit seinen Söhnen Martin und Siegfried vor dem Bankgeschäft in der Löwengrube, um 1905.

 

Werbemarke für den "Touristenkocher Alpina" der Nürnberger Firma Gebr. Bing AG, um 1905.

 

Briefkopf der exklusiven Antiquitäten-, Kunst- und Einrichtungshandlung L. Bernheimer mit Ansicht des von dem damaligen "Stararchitekten" Friedrich von Thiersch errichteten Bernheimer-Palais, 1896.

 

Mit seinen reichhaltigen Beständen dokumentiert das Bayerische Wirtschaftsarchiv auf vielfältige Weise den breiten Wirkungskreis jüdischer Unternehmerpersönlichkeiten. Auch in den bayerischen Industrie- und Handelskammern setzten sich jüdische Fabrikanten und Kaufleute für die wirtschaftlichen Belange ihres Landes ein. Der renommierte Bankier Moritz Guggenheimer übte als Präsident von 1869 bis 1873 das höchste Amt der IHK für München und Oberbayern aus.Dr. Richard Winkler, stv. Leiter des Bayerischen Wirtschaftsarchivs

Fotos: Bayerisches Wirtschaftsarchiv BWA

 
 
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