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Geschichte

Weißblauer Dunst: Zigaretten aus Bayern

Der Münchner Bürger der Biedermeierzeit griff zu Pfeife oder Zigarre, wenn er dem Tabakrauchen frönen wollte. Angeblich gab es hierzulande erstmals 1852 ausländische Zigaretten zu kaufen. Groß war das Angebot seinerzeit sicher nicht. 14 Jahre später verlagerte der damalige türkische Generalkonsul W. F. Grathwohl einen Fabrikationsbetrieb aus dem ehemaligen Konstantinopel (heute Istanbul) an die Isar und begründete damit vor 155 Jahren die erste bayerische Produktionsstätte. Nur allmählich stieg die kleine Zahl der Zigarettenliebhaber. 1876 eröffnete in München die auf griechische Tabake spezialisierte Firma Pan C. Papasthatis, 1883 die Firma von Georg Zuban mit mazedonischem Rohtabak. Mit wachsender Nachfrage entstanden auch in Regensburg und Fürth eigene Betriebe.

Hinter Dresden, Berlin und Hamburg stieg München bis 1900 zu den Zentren der deutschen Zigarettenindustrie auf. Bis bei Zuban 1905 die erste Zigarettenmaschine anlief, erfolgte die Herstellung fast ausschließlich in Handarbeit. Damals lag die bayerische Produktion bei 105 Millionen Stück, 1914 war es schon mehr als das Zehnfache. Auch ausländische Importeure drängten auf den Markt und verlegten ihre Fertigung nach Deutschland, um die hohen Zollgebühren zu umgehen. In München gründete die österreichische Monopolverwaltung die Austria GmbH, die ihre Erzeugnisse über die Zigarettenhandelsfirma Carl Philipps Wwe. vertrieb. Auch in der Zwischenkriegszeit qualmte man in Bayern munter weiter. 1927 erwarb der Kölner Hersteller Haus Neuerburg den Wettbewerber Zuban. Gut 50 Jahre später ging der Standort an den Tabakkonzern Philipp Morris, der dort bis 2008 produzierte.

 

Werbeanzeige der Zigarettenfabrik Pan. Pappamichail in München, 1908.

 

Auch das Münchner Kindl pafft: Reklamemarke der Königlich Bayerischen Hof-Cigaretten-Fabrik Zuban, um 1905.

 

Postkarte der Zigarettenfabrik W. F. Grathwohl, Königlich bayerischer Hoflieferant, um 1900.

 

Werbepostkarte der Münchner Perusa-Zigarettenfabrik Georg Metzger GmbH mit der Schauspielerin Corry Bell: "Alle Mensch in ganze Welt muessen rauchen meine Cigarette! Sie auch", 1927. Die Stummfilmkünstlerin lieh der "vornehmen 5 Pfg. Zigarette" ihren Markennamen.

 

Als das Zigarettenrauchen in Mode kam, hielt man das schlanke Rauchwerk wegen der vermeintlich leichteren Orienttabake im Vergleich zur Zigarre für weniger schädlich. Die Zigarette galt als Produkt der Moderne und symbolisierte schnelles, genussvolles Leben. Im Bayerischen Wirtschaftsarchiv haben sich zahlreiche Dokumente zur Geschichte der Glimmstängel made in Bavaria erhalten.Dr. Harald Müller, Wissenschftlicher Mitarbeiter des Bayerischen Wirtschaftsarchivs

Fotos: Bayerisches Wirtschaftsarchiv BWA

 
 
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