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Gesellschaftliche Verantwortung | CSR

CSR in der Lieferkette rechtlich verankern

 

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RA Oliver Baumbach

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Ass. jur. Katja Berger

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Bürgerliches Recht, Steuerrecht, Gewerberecht, Gewerblicher Rechtsschutz Tel: +49 911 1335 1390

In Lieferketten sind Haftungsrisiken komplex und können erhebliche Ausmaße annehmen. Wie können Unternehmen sicherstellen, dass Verhaltenskodex (Code of Conduct) und Standards auch in der Lieferkette verbindlich eingehalten werden? Wie können Risiken frühzeitig erkannt und vertraglich abgemildert werden? Die folgende Übersicht gibt Antworten auf diese und andere (potenzielle) Fragen in einer FAQ-Herangehensweise.

1. Ein Endhersteller möchte in seinem Unternehmen einen Verhaltenskodex (Code of Conduct) einführen und erreichen, dass auch seine Zulieferer diesen Verhaltenskodex beachten.

 

1.1 Wie kann der Hersteller erreichen, dass der Verhaltenskodex auch für seine zukünftigen / bestehenden Lieferanten verbindlich wird?

Zunächst sollte geklärt werden, ob die Lieferanten auf den eigenen Verhaltenskodex verpflichtet werden sollen oder ein separater Verhaltenskodex für die Lieferanten entworfen wird. Fast immer wird sich ein separater Verhaltenskodex anbieten, da der eigene Verhaltenskodex regelmäßig speziell auf die Verhältnisse im Heimatland zugeschnitten ist und mit dem Verhalten im Unternehmen und gegenüber Kunden bzw. Verbrauchern Regelungsschwerpunkte enthält, die auf das Verhältnis zu Lieferanten nur bedingt passen. Der separate Verhaltenskodex sollte im Sinne einer konsistenten und glaubwürdigen CSR-Strategie allerdings keine Vorgaben enthalten, die den Vorgaben im eigenen Verhaltenskodex widersprechen.

Unternehmen, die zahlreiche Lieferantenbeziehungen haben, entscheiden sich in der Regel für einen separaten Verhaltenskodex für Lieferanten. Dabei beschränken sich die meisten Unternehmen auf einen Kodex von 1 bis 3 Seiten, einige haben für ihre Lieferanten aber auch ganze Broschüren erstellt, die Themenbereiche näher erläutern und mit Bildern illustriert sind. Diese sind regelmäßig auf der Website des Unternehmens veröffentlicht. Sie sollen auch dem Kunden signalisieren, dass das Unternehmen seine Verantwortung für die Lieferkette wahrnimmt.

Um beim Neuabschluss eines Liefervertrages den Lieferanten auf den Verhaltenskodex zu verpflichten, ist eine ausdrückliche Bezugnahme in den Liefervertrag aufzunehmen. Der Verhaltenskodex muss dem Lieferanten vorliegen, z.B. als Anlage zum Vertrag, oder für ihn problemlos zugänglich sei, z.B. über einen Link zur Website des Endherstellers.

Unterliegt der Liefervertrag deutschem Recht, ist die Wirksamkeit der einbezogenen Verhaltenskodizes i.d.R. am Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) zu messen, da die Regelungen nicht individuell verhandelt werden. Handelsverträge sind jedoch nur einer beschränkten Inhaltskontrolle unterworfen (§ 310 Abs. 1 BGB). Klauseln sind daher nur dann unwirksam, wenn sie überraschend sind (§ 305c Abs. 1 BGB) oder den Vertragspartner des Verwenders entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Eine unangemessene Benachteiligung kann sich insbesondere daraus ergeben, dass eine Klausel nicht klar und verständlich ist (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). In der Rechtspraxis werden bei dieser beschränkten Inhaltskontrolle die gegenüber Verbrauchern geltenden Klauselverbote von § 308 BGB und insbesondere von § 309 BGB als Indiz herangezogen. Unklar und nach dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen damit unwirksam sind pauschale Verweise auf die "guten Sitten" oder "Treu und Glauben".

Wenn der Liefervertrag dem UN-Kaufrecht (CISG) unterworfen wird, sind die vorgenannten Prinzipien (§§ 305c, 307 BGB) ebenfalls anzuwenden, soweit das ergänzende nationale Recht das deutsche ist.

In den meisten anderen Rechtsordnungen gibt es im kaufmännischen Verkehr keinen oder einen nur sehr eingeschränkten Schutz des Vertragspartners vor ihm gestellten benachteiligenden Klauseln. Das häufig vereinbarte Schweizer Recht sieht z.B. für den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen keine offene Inhaltsprüfung von AGB vor, sondern nur eine verdeckte anhand der Ungewöhnlichkeits- und Unklarheitenregel, die selten zum Tragen kommt.

Wenn in einem bestehenden Lieferverhältnis der Lieferant auf einen neuen Verhaltenskodex verpflichtet werden soll, kann dies nur über eine mit dem Lieferanten vereinbarte Vertragsänderung erfolgen. In Fällen, in denen ohnehin eine Vertragsverlängerung ansteht, kommt auch ein Neuabschluss des Liefervertrages in Frage. Soweit keine überragende Marktmacht des Herstellers besteht, wird jedenfalls Überzeugungsarbeit beim Lieferanten zu leisten sein:

Ein besonders wirksames, aber auch anspruchsvolles Anreizsystem zur Sicherstellung CSR-konformen Verhaltens ist die Vereinbarung von finanziellen Anreizen für die Erreichung bestimmter Ziele (Boni, Preiserhöhung, Übernahme eines Teils der Kosten für Verbesserungen, günstiger Kredit o.ä.). Hierzu bedarf es einer genauen Definition der Voraussetzungen dieser finanziellen Anreize. Ziel kann es nicht allein sein, den Verhaltenskodex einzuhalten, sondern es sollten bestimmte prüfbare Indikatoren genannt werden, die eine Zuwendung auslösen, wenn sie erfüllt sind.

Wichtig ist, dass die Kriterien, die eine Zuwendung auslösen, prüfbar sind und solche Prüfungen auch tatsächlich durchgeführt werden. Da hiermit erheblicher Aufwand verbunden ist, werden z.B. Bonusregelungen regelmäßig auf einzelne, je nach Branche und/oder Land besonders kritische Themen beschränkt. Ein umfassendes Bonussystem kommt allenfalls für Auftraggeber in Betracht, die über ein personell und finanziell gut ausgestattetes Lieferantenmanagement und ein damit vernetztes erfahrenes CSR-Management verfügen.

Anreize können selbstverständlich nicht nur in Form von direkten finanziellen Zuwendungen erfolgen, sondern auch durch die Zusage anderer Vorteile, wie z. B. einer Ausweitung der Geschäftsbeziehung oder Auszeichnungen.

 

1.2 Kann der Hersteller darüber hinaus erreichen, dass der Verhaltenskodex auch Unterlieferanten bindet?

Da bei den meisten Produkten inzwischen mehr als zwei Lieferebenen vorkommen, besteht ein Bedürfnis, Lieferanten zu verpflichten, ihrerseits die CSR-Bestimmungen an ihre Lieferanten weiterzugeben. Insbesondere wenn am Anfang der Lieferkette die Gewinnung eines Rohstoffs steht, liegen dort häufig die gravierendsten ökologischen und sozialen Probleme.

In der Praxis finden sich sowohl Klauseln, die die Lieferanten verpflichten, ihre Vorlieferanten ebenfalls auf die vereinbarten CSR-Regeln zu verpflichten, als auch solche, die ihnen lediglich die Pflicht auferlegen, sich bestmöglich um eine solche Weitergabe zu bemühen.

Wirksam ist nach deutschem Recht in jedem Fall eine Bemühensklausel. Sowohl eine Verpflichtung des Lieferanten in AGB, dass auch die Unterlieferanten sämtliche CSR-Bestimmungen einhalten als auch eine verbindliche Verpflichtung zur Weitergabe der CSR-Bestimmungen dürften dagegen wegen unangemessener Benachteiligung des Lieferanten unwirksam sein (§ 307 Abs. 2 Satz 1 BGB). Rechtsprechung liegt in diesem Bereich noch nicht vor. Je nach regionalen und Branchenverhältnissen schränken solche Pflichten zur Weitergabe der Verhaltensanforderungen die Einkaufsmöglichkeiten des Lieferanten empfindlich ein. Anders kann jedoch der Fall zu beurteilen sein, wenn die Pflicht zur Weitergabe nur auf bestimmte einzelne Verhaltensanforderungen bezogen wird oder nur auf solche Anforderungen, die der Vorlieferant ohnehin bereits gesetzlich einzuhalten hat. Eine in AGB vereinbarte Einstandspflicht des Lieferanten für Verstöße seines Vorlieferanten gegen einen Verhaltenskodex ist allerdings in jedem Fall nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Der Vorlieferant bzw. Hersteller kein Erfüllungsgehilfe des Lieferanten nach § 278 BGB ist und die Regelung damit elementaren Grundsätzen des Kaufrechts widerspricht.

unverbindlicher Klauselvorschlag

Der Lieferant wird diesen Verhaltenskodex an seine Lieferanten weitergeben und sich bestmöglich bemühen, diese entsprechend zu verpflichten und die Einhaltung der Pflichten regelmäßig zu prüfen.

Unternehmen mit zahlreichen komplexen Lieferketten ist zu empfehlen, zumindest die Hauptlieferanten dazu anzuhalten, einen entsprechenden eigenen Verhaltenskodex für Lieferanten zu veröffentlichen, dem sich Vorlieferanten unterwerfen müssen.

 

1.3 Was sollte bei der Erstellung des Verhaltenskodex beachtet werden, damit dieser für die Handhabung in der Lieferkette tauglich ist?

Ein Verhaltenskodex sollte sich streng an bestehenden internationalen Instrumenten orientieren. Grundlage der meisten Verhaltenskodizes sind die zehn Prinzipien des UN Global Compact. Durch die Orientierung an internationalen Standards wird insbesondere vermieden, dass der Lieferant möglicherweise mit inhaltlich unterschiedlichen Verhaltenskodizes verschiedener Auftraggeber konfrontiert wird. Entwirft das Unternehmen dagegen en detail einen Verhaltenskodex nach gut gemeinten eigenen Maßstäben, läuft es unweigerlich Gefahr, seine Lieferanten schon organisatorisch zu überfordern.

Für Sozialfragen können überwiegend allgemeine Regelwerke zu berücksichtigt werden. In anderen Bereichen, wie Arbeitssicherheit und Umweltschutz, sollte vorwiegend auf Spezifika der Branche passende Standards zurückgegriffen werden. Hilfreich kann dabei ein Blick auf die großen Unternehmen der Branche sein, die in der Regel über einen Verhaltenskodex für Lieferanten verfügen. In der Elektroindustrie hat die Electronic Industry Citizenship Coalition (EICC), in der sich führende Unternehmen zusammengeschlossen haben, einen gemeinsamen Verhaltenskodex für Lieferanten veröffentlicht. Soweit ein Unternehmen Branchenkodizes verwenden oder gemeinsame Kodizes mit einem oder mehreren Wettbewerbern erarbeiten möchte, sollte es diese Kodizes jedoch vor der Verwendung einer sorgfältigen wettbewerbsrechtlichen Prüfung unterziehen.

Auch im Hinblick auf eine Prüfung der Regelungen nach AGB-Recht ist es sinnvoll, sich auf bestehende internationale Instrumente zu beziehen. Zwar steht Rechtsprechung auch in diesem Bereich noch aus. Eine Vereinbarung von Grundprinzipien und Standards aus internationalen Instrumenten dürft aber weder als überraschend noch als unangemessene Benachteiligung anzusehen sein. Auch dürfte es einem Gericht schwer fallen, die Regelungen in internationalen Instrumenten – trotz des teilweise hohen Abstraktionsgrads – als unklar oder unverständlich zu qualifizieren.

2. Ein Endhersteller muss künftig in seinem Lagebericht über Nachhaltigkeitsaspekte in der Lieferkette berichten. Zwar verpflichtet dieser Endhersteller seine Lieferanten in der Regel vertraglich zur Einhaltung gewisser Verhaltensstandards, überprüft aber bislang nicht, ob diese Verhaltensstandards eingehalten werden.

 

2.1 Welche Möglichkeiten bestehen, um die Einhaltung der Verhaltensstandards durch die Zulieferer zu überprüfen?

Die größte Herausforderung bei der Umsetzung von CSR-Standards in der Lieferkette ist die Prüfung der Einhaltung der vereinbarten Pflichten. Findet eine solche Prüfung nicht oder nicht wirksam statt, bleibt der Verhaltenskodex ein Apell ohne großen Wert. Da der Kodex ein Wohlverhalten des Lieferanten suggeriert, das in der Realität evtl. gar nicht besteht, kann er sogar schädlich sein, weil er Missstände verdeckt und somit Maßnahmen von Behörden und Gewerkschaften erschwert. Zudem steht die Glaubwürdigkeit der eigenen CSR-Strategie des Auftraggebers auf dem Spiel. Lieferantenverträge sollten daher nicht nur Prüfungsrechte des Auftraggebers vorsehen, sondern dieser sollte für Auditierungen auch entsprechend geschultes Personal und/oder die erforderlichen finanziellen Mittel bereitstellen.

Zügig und ohne großen Aufwand kann eine Selbstauskunft des Lieferanten durchgeführt werden. Der Auftraggeber kann hierzu standardisierte Plattformen nutzen, um Arbeits- und Umweltbedingungen seiner Lieferanten anhand von festen Kriterien zu erfassen. Sehr verbreitet ist Supplier Data Exchange (SEDEX). Er kann aber auch eigene Fragebögen entwerfen, in denen der Lieferant kurz zu den einzelnen Themen des Verhaltenskodex angibt, ob er die Vorgaben einhält und wie er die Einhaltung sicherstellt. Eigene Fragebögen haben den Vorteil, dass sie ggf. auf Besonderheiten der Branche abgestimmt werden können und erkennen lassen, worauf der Auftraggeber besonderen Wert legt.

Soweit dies zeitlich möglich ist, sollte eine solche Selbstauskunft zu CSR-Themen bereits vor dem Vertragsschluss mit dem Lieferanten eingeholt werden. Ein Angebot, den Lieferanten in Bereichen zu unterstützen, bei denen er noch Nachholbedarf sieht, kann zur wahrheitsgemäßen Beantwortung von Fragen beitragen.

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist die Verpflichtung zur Selbstauskunft hinsichtlich der in den CSR-Bestimmungen behandelten Themen unproblematisch umzusetzen. Hilfreich kann hier der Hinweis sein, dass von der Auskunftsverpflichtung Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Lieferanten ausgenommen sind.

Die Selbstauskunft kann später eine wichtige Grundlage für externe Audits sein - die Auditierung des Lieferanten vor Ort durch geschultes Personal des Auftraggebers oder durch einen unabhängigen Dritten ist letztlich das wichtigste Mittel zur Kontrolle der Einhaltung von CSR-Standards. Ein Lieferanten-Audit besteht üblicherweise aus Gesprächen mit der Geschäftsleitung und einer repräsentativen Auswahl von Mitarbeitern, einer Standortbegehung sowie einer Prüfung bestimmter Dokumentbestände zu Umwelt- und Personalfragen. Wichtig ist es, dass Kontrollen dokumentiert und deren Ergebnisse allen bei der Zusammenarbeit von Auftraggeber und Lieferant relevanten Personengruppen zu Kenntnis gebracht werden.

Je detaillierter eine Auditierungsklausel abgefasst ist, umso besser hält sie einer Prüfung anhand AGB-Recht stand, stößt sie auf Akzeptanz beim Lieferanten und hilft sie, Streit bei der Durchführung der Prüfungsmaßnahmen zu vermeiden. Eine Auditierungsklausel, die einer rechtlichen Prüfung mit großer Wahrscheinlichkeit standhält, sollte zumindest diese Kriterien enthalten:

  • Ankündigung der Auditierung mit einer gewissen Frist,
  • Durchführung während der üblichen Geschäftszeiten,
  • Ausnahme der Unterlagen und sonstigen Informationsquellen, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Lieferanten oder Dritter enthalten können.

Eine detaillierte Auditierungsklausel kann auch Informationen darüber enthalten, wer die Prüfung durchführt, welche Unterlagen geprüft werden, welches Prozedere bei Interviews einzuhalten ist, wie die zu befragenden Personen ausgewählt werden, welche Vertraulichkeitsregelungen gelten und auf welche Weise ein Lieferant Prüfungsmaßnahmen widersprechen kann.

Wenn es sich für ein Unternehmen nicht lohnt, eigenes Know How und personelle Ressourcen für die Auditierung von Lieferanten aufzubauen, können professionelle Prüfungsgesellschaften beauftragt werden, die eine Auditierung nach standardisierten Abläufen durchführen. Verbreitet ist z. B. eine Auditierung nach dem Standard Social Accountability (SA) 8000, die im Wesentlichen eine Einhaltung der ILO Kernarbeitsnormen prüft und von vielen internationalen Prüfungsgesellschaften geleistet wird. Das geprüfte Unternehmen erhält eine Zertifizierung nach SA8000, die drei Jahre gültig ist.

In einigen Branchen schließen sich auch Unternehmen zusammen, um gemeinsame Audits bei wichtigen Zulieferbetrieben durchzuführen.

Kontrollstrategien sollten nicht ausschließlich auf Audits setzen, da diese jeweils nur punktuelle Bestandsaufnahmen bieten und Auditoren, die ihre Prüfung üblicherweise einige Tage vorher angekündigt haben, manchmal manipulierte Unterlagen sowie ausgesuchte manipulierte Interviewpartner vorfinden. Ergänzende Maßnahmen können z.B. eine Whistleblower-Hotline oder die Installation einer Vertrauensperson sein. Im Übrigen wird häufig auch eine Begleitung der Prüfung durch gemeinsame Trainings des Auftraggebers mit dem Management und Arbeitnehmern des Lieferanten empfohlen.

 

2.2 Wie können Informationen über tiefere Ebenen der Lieferkette erlangt werden?

Ebenso wie die Verpflichtung zur Weitergabe eines Verhaltenskodex an Vorlieferanten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen problematisch ist, stellt auch die Informationsgewinnung über tiefere Ebenen der Lieferkette eine Herausforderung dar. Eine umfassende Verpflichtung des Lieferanten, seine Vorlieferanten regelmäßig zu kontrollieren und die Informationen weiterzugeben, dürfte jedenfalls nichtig sein.

Da häufig gerade die Ausgangspunkte der Lieferkette, nämlich die Rohstoffgewinnung, die größten menschenrechtlichen Risiken bergen, besteht jenseits der beschränkten rechtlichen Möglichkeiten allerdings oft die Notwendigkeit, sich verlässliche Informationen zu beschaffen. Hier sollte der Lieferant bereits vor Auftragserteilung angehalten werden, Informationen über seine Vorlieferanten beizubringen und sein Kontrollsystem offen zu legen. Idealerweise sollten Vorlieferanten auf der Ebene der Rohstoffgewinnung zertifiziert sein. Wenn dies nicht der Fall ist, kann z.B. als vertrauensbildende Maßnahme auch ein gemeinsamer Besuch mit dem Zulieferer beim Rohstofflieferanten vereinbart werden.

unverbindlicher Klauselvorschlag

Der Lieferant wird dem Auftraggeber eine Liste seiner Lieferanten vorlegen, die für den Liefergegenstand wesentliche Leistungen erbringen oder Material liefern. Soweit erforderlich, wird er diese Liste jeweils zum Quartalsende aktualisieren. Ferner wird er dem Auftraggeber mitteilen, ob und welche Nachhaltigkeitsstandards er mit diesen Lieferanten vereinbart hat und wie er deren Einhaltung überprüft. Sollte der Lieferant Kenntnis von schwerwiegenden menschenrechtlichen oder Umweltrisiken in seiner Lieferkette erlangen, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit realisieren oder sich bereits realisiert haben, wird er den Auftragnehmer unverzüglich darüber informieren.

3. Ein grosser Zulieferer, der seinerseits wiederum über zahlreiche Unterzulieferer verfügt, bekommt von einem wichtigen Abnehmer (Endhersteller) einen Mustervertrag vorgelegt, in dem er sich u.a. verpflichten soll, bestimmte Verhaltensstandards einzuhalten, diese Verpflichtung auch an seine Lieferanten weiter zu geben und sich jederzeit für eine umfassende Kontrolle durch den Abnehmer bereit halten soll.

 

3.1 Welche Bindungswirkung entsteht, wenn der Zulieferer diese Klauseln unterschreibt?

Die Klauseln sollten zunächst wie die anderen im Vertrag enthaltenen unmittelbar kommerziell relevanten Klauseln fachkundig auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Sollte sich dabei ergeben, dass Klauseln als Allgemeine Geschäftsbedingung mit großer Wahrscheinlichkeit unwirksam sind, ist es sinnvoll, den Auftraggeber darauf hinzuweisen. Sollte dies keine Wirkung zeigen, ist sorgfältig zu überlegen, ob mit dem Abnehmer über eine Anpassung oder Streichung der Klauseln verhandelt werden soll. Durch Verhandlung entsteht regelmäßig eine wirksame Individualvereinbarung, die einzuhalten ist, während die kommentarlos unterschriebene unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung in der Regel ersatzlos ungültig ist.

Dass in der Praxis nicht selten CSR-Klauseln vereinbart werden, deren Wirksamkeit als AGB zweifelhaft ist, beruht oft auf der Marktmacht des Verwenders dieser Klauseln. In Branchen mit wenigen Endherstellern kann sich ein Lieferant dann während des Lieferverhältnisses kaum auf die Unwirksamkeit einer Regelung berufen, ohne eine Kündigung der Geschäftsbeziehung mit unabsehbaren wirtschaftlichen Folgen zu riskieren. Hier entsteht eine Art faktische Bindung.

Im Beispielsfall (3.) dürfte z.B. die Verpflichtung zur Weitergabe des Verhaltenskodex an die eigenen Lieferanten unwirksam sein (vgl. 1.2). 

Auch die Auditierungsklausel ist in diesem Umfang unwirksam. Selbst Individualvereinbarungen, nach denen Kaufleuten jederzeit mit einer umfassenden Überprüfung rechnen müssen, sind sittenwidrig im Sinne von § 138 BGB und daher nichtig. Dennoch findet man häufig in Verhaltenskodizes allgemeine Auditierungsklauseln der folgenden Art: "Der Lieferant erklärt sich damit einverstanden, dass der Auftraggeber die Einhaltung dieses Kodex durch Maßnahmen überprüft, die er für sachdienlich hält. Hierzu gehören auch angemeldete und unangemeldete Inspektionen der Betriebsstätten des Lieferanten durch vom Auftraggeber beauftragte Personen."

Soweit ein entsprechendes Machtgefälle besteht, wird sich der Lieferant einer solchen Inspektion kaum entziehen können, obwohl an der rechtlichen Wirksamkeit einer solchen weiten Auditierungsklausel erhebliche Zweifel bestehen.

Eine faktische Akzeptanz solcher unwirksamen Klauseln sollte der Lieferant aber jedenfalls dann vermeiden, wenn er durch eine Einhaltung der Klausel selbst eine Rechtsverletzung begehen würde. Durch eine unbeschränkte Auditierung läuft der Lieferant z.B. Gefahr, nicht nur eigene Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu offenbaren, sondern auch gegen Vertraulichkeitsvereinbarungen mit Dritten und – soweit anwendbar – gegen datenschutzrechtliche Vorgaben zu verstoßen.

 

3.2 Was ist im eigenen Unternehmen aufgrund der eingegangenen Verpflichtung zu veranlassen?

Geht der Lieferant die Verpflichtung gegenüber dem Abnehmer ein, hat er sicherzustellen, dass sein Unternehmen die vereinbarten Verhaltensstandards einhält. Hierfür sollte zunächst veranlasst werden, dass die vereinbarten Regelwerke, insbesondere wenn es sich um internationale Instrumente handelt, auf die im Vertrag lediglich verwiesen wird, den relevanten Personen im Unternehmen bekannt sind. Dabei ist ggf. zunächst zu ermitteln, welche Abteilungen und Funktionsträger von den CSR-Anforderungen überhaupt betroffen sind. Sodann sollten die genauen Abweichungen der Verhaltensweisen im Unternehmen von den CSR-Regelungen ermittelt und ggf. Nachbesserungsmaßnahmen entwickelt und in einem Aktionsplan festgehalten werden. Es ist hierzu hilfreich, einen passenden Verhaltenskodex für das Unternehmen zu implementieren oder einen vorhandenen Verhaltenskodex entsprechend anzupassen. Über Anpassungsbedarf, der einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt, sollte der Vertragspartner offen informiert werden.

Für anstehenden Audits sollten Dokumentationen zu den relevanten Aspekten produziert und bereitgehalten werden. Zudem ist die Auswahl eines verantwortlicher Ansprechpartners und dessen Benennung gegenüber dem Vertragspartner sinnvoll.

 

3.3 Was ist gegenüber den eigenen Zulieferern zu veranlassen?

Der Lieferant muss sich zumindest ernsthaft bemühen, die Verhaltensstandards an seine Lieferanten weiterzugeben. Diese Bemühungen sollten dokumentiert werden. Lehnt der Unterlieferant eine Verpflichtung auf einzelne bzw. die Verhaltensstandards im Ganzen ab, sollte der Abnehmer – wenn der Unterlieferant unverzichtbar erscheint – hierüber informiert werden. Gleiches gilt für den Fall, dass nach Vereinbarung der Standards Verstöße des Unterlieferanten hiergegen festgestellt werden.

Im Übrigen gilt auch auf der Ebene zwischen Lieferant und Unterlieferant, dass wirksame Kontroll- und Sanktionsmechanismen etabliert werden müssen. Ansonsten besteht die Gefahr, einer Haftung gegenüber dem Abnehmer ausgesetzt zu sein.

 

3.4 Wie ist damit umzugehen, wenn ein anderer Abnehmer mit einer Verpflichtung zu abweichenden Verhaltensstandards an den Zulieferer herantritt? Wie kann einem solchen Szenario ggf. vorgebeugt werden?

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass ein Zulieferer, der mehrere Abnehmer beliefert, mit verschiedenen Verhaltensstandards, denen er gerecht werden soll, konfrontiert wird. Um den Überblick zu behalten, sollten die verschiedenen Verhaltensstandards zunächst in Themenbereiche geclustert werden, um einen Vergleich zu vereinfachen. Soweit diese Verhaltensstandards sich nicht widersprechen, entsteht für den Zulieferer kein Problem, solange er sich an dem jeweils strengsten Maßstab bzw. die Anforderungen kumulativ einhält. Sollte ein Zulieferer ausnahmsweise mit einem Verhaltensstandard konfrontiert werden, dessen Einhaltung ihn in Widerspruch zu einem anderweitig bereits vereinbarten Verhaltensstandard setzen würde, sollte unbedingt das Gespräch mit dem potentiellen neuen Abnehmer gesucht werden, bevor eine solche Klausel unterzeichnet wird. In der Regel entsteht ein solches Problem erst gar nicht, wenn der Zulieferer sich einem vorhandenen Branchenkodex unterwirft oder sich einen eigenen Verhaltenskodex gibt, der gängigen internationalen Standards entspricht. In diesem Fall kann er jeweils aktiv seinen Verhaltenskodex in die Vertragsverhandlungen einbringen.

Verfügen beide Vertragsparteien über einen eigenen Kodex, kann das Problem von Abweichungen im Detail dadurch gelöst werden, dass beide Parteien den anderen Kodex als gleichwertig anerkennen und sich jeweils nur dem eigenen Kodex unterwerfen. In der Praxis erfolgt diese gegenseitige Anerkennung oft durch einen schlichten Verweis auf den eigenen Verhaltenskodex, der dem Geschäftspartner zur Kenntnis gebracht wird. Soll eine formelle gegenseitige Anerkennung erfolgen nebst einer verbindlichen Regelung, dass jede Partei zumindest den eigenen Kodex einhält, kann z.B. auf einen Klauselvorschlag des BDI zurückgegriffen werden.

unverbindlicher Klauselvorschlag

Die Vertragsparteien haben sich jeweils eigene Verhaltenskodizes auferlegt. Sie sind verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass der eigene Verhaltenskodex innerhalb ihrer gegenseitigen Geschäftsbeziehungen eingehalten wird. Sie erkennen ihre Kodizes als gleichwertig an und verzichten auf eine vertragliche Unterwerfung unter den Verhaltenskodex der jeweils anderen Partei.

Wichtig ist, dass sich die Unternehmen im laufenden Vertragsverhältnis auch über etwaige Änderungen an ihrem Kodex gegenseitig informieren.

4. Ein deutsches Unternehmen erhält Kenntnis darüber, dass einer seiner Lieferanten im Ausland systematisch gegen dort geltendes Arbeitsschutzrecht verstößt und die ILO-Kernarbeitsnormen verstößt. 

 

4.1 Welche Haftungsrisiken bestehen für das deutsche Unternehmen?

Für ein deutsches Unternehmen können Lieferanten, die systematisch gegen für sie geltendes Arbeitsschutzrecht verstoßen, bereits aufgrund möglicher Presseberichterstattung erhebliche eigene Reputationsschäden verursachen. Darüber hinaus ist inzwischen auch eine eigene Haftung nicht mehr vollkommen ausgeschlossen. Immer häufiger treten Betroffene oder deren Angehörige aus dem außereuropäischen Ausland an europäische Unternehmen heran und fordern Schadensersatz. Diese Forderungen werden mithilfe spezialisierter Anwälte neuerdings auch auf gerichtlichem Wege verfolgt. Da in Deutschland Rechtsprechung zu dieser neuen Entwicklung noch weitgehend fehlt, kann ein Haftungsrisiko zukünftig nicht sicher verneint werden.

Nach deutschem Recht scheitern vertragliche Schadensersatzansprüche von Arbeitnehmern eines Zuliefererbetriebes mangels Vertragsverhältnis mit dem Auftraggeber. Aus der Vertragsbeziehung zwischen Lieferant und Auftraggeber können die Arbeitnehmer des Lieferanten regelmäßig keine Rechte herleiten, da darin lediglich der Lieferant zur Einhaltung sozialer Standards verpflichtet wird und der Auftraggeber zur Kontrollen lediglich berechtigt, nicht aber verpflichtet wird. Allerdings sind gesetzliche bzw. deliktische Ansprüche grundsätzlich denkbar. Anders als bei der vertraglichen Haftung wird dabei nicht an ein rechtsgeschäftliches, sondern ein tatsächliches Handeln angeknüpft, nämlich in der Regel an die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten. Innerhalb derer ist nochmals zwischen Sicherungspflichten für Gefahrenquellen und Fürsorgepflichten für die Rechte und Rechtsgüter anderer zu unterscheiden. Inhaltlich orientiert sich die Gerichtspraxis bei der Ausgestaltung der Sicherungspflichten auch an sog. Soft Law. Hier kommen insbesondere die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte in Betracht. Eigene Fürsorgepflichten bestehen allerdings nur dann, wenn diese ausdrücklich rechtsgeschäftlich übernommen worden sind oder ein besonderes Näheverhältnis zum Zulieferbetrieb besteht. Sicherungspflichten dürften für das deutsche Unternehmen nur dann bestehen, wenn es direkt z.B. durch abgesandte Mitarbeiter Einfluss auf die Organisation des Zuliefererbetriebs ausübt. Sollte sich zukünftig zumindest in bestimmten Problembereichen eine menschenrechtliche Due Diligence etablieren, kann auch diese zu einer Sicherungspflicht avancieren, bei deren Unterlassen eine Haftung droht.

Allerdings bestimmt sich in der Regel die Haftung bei solchen Fällen nicht nach deutschem Recht. Bei grenzüberschreitenden nichtvertraglichen Schadensersatzansprüchen ist nach der im Regelfall das lokale Recht des Landes anwendbar, in dem der Schaden entstanden ist. Gleichzeitig liegt die gerichtliche Zuständigkeit in der Regel am Sitz des Beklagten. Somit würde das deutsche Unternehmen beim zuständigen Gericht an seinem Sitz in Deutschland verklagt, der Fall denn aber nach dem anwendbaren ausländischen Recht beurteilt.

Zumindest dann, wenn das Land, in dem der Schaden entstanden ist, zum Common Law Rechtssystem gehört (z.B. Pakistan und Indien), besteht inzwischen ein erhöhtes Haftungsrisiko. Im common law wird für deliktisches Handeln ähnlich wie im deutschen Recht nach den §§ 823, 831 BGB gehaftet. Allerdings sind die Haftungstatbestände deutlich weiter gefasst. Die Gerichte des common law sehen eine Haftung von Auftraggebern für Pflichtverstöße bei Zulieferern bereits dann als gegeben an, wenn eine hinreichend nahe Beziehung zwischen den Unternehmen bestand. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn der Zulieferer beinahe ausschließlich für diesen Auftraggeber produziert hat und der Auftraggeber damit wirbt, seine Zulieferbetriebe regelmäßig zu besuchen und zu kontrollieren.

Ein besonderes Haftungsrisiko besteht, wenn der Menschenrechtsverstoß sich unmittelbar aus dem Liefervertrag ergibt, z.B. durch die Verpflichtung des Lieferanten, gesundheitsschädliche Substanzen zu verwenden. Auch die Vereinbarung von äußerst knappen Lieferfristen und/oder Dumpingpreisen, die eine menschenwürdige Entlohnung der Arbeiter nicht zulassen, können Indizien für eine billigende Inkaufnahme von Menschenrechtsverstößen durch den Auftraggeber sein.

Um das Haftungsrisiko zu minimieren, sollten Unternehmen, die Menschenrechtsverstöße in ihren Lieferketten nicht von vornherein ausschließen können, einen Mechanismus etablieren, mit dem Menschenrechtsverstöße in der Lieferkette erkannt und vermieden werden kann. Dies kann z.B. durch die Einbeziehung menschenrechtlicher Aspekte in ein bestehendes Compliance-System des Unternehmens geschehen, das hierbei faktisch auf Lieferanten ausgedehnt wird. Die UN-Leitprinzipien selbst sehen als Mechanismus die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht (human rights due diligence) vor. Leitprinzip 12 geht davon aus, dass Unternehmen die Verantwortung für die Achtung allgemein anerkannter Menschenrechtsstandards, wie z.B. der ILO-Kernarbeitsnormen, tragen. Nach den Leitprinzipien 15 lit. b) und 17 sollen die Unternehmen die Sorgfalt walten lassen, um negative Auswirkungen auf die Menschenrechte zu ermitteln, zu verhüten und zu mildern sowie Rechenschaft darüber abzulegen, wie sie diesen Risiken begegnen. Die Unternehmen sollen hierfür ein Verfahren etablieren, mit dem die tatsächlichen und potentiellen menschenrechtlichen Auswirkungen ermittelt, die sich dabei ergebenden Erkenntnisse berücksichtigt und Folgemaßnahmen ergriffen werden. Hat das Unternehmen solche Verfahren etabliert und je nach spezifischer Gefährdungslage sorgfältig durchgeführt, kann es sich für dennoch unerkannt gebliebene Menschenrechtsverstöße in der Lieferkette wirksam exkulpieren. Weitere Exkulpationsfaktoren können die Schulung von Unterauftragnehmern, Finanzierung von Projekten zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen oder die Verwendung einschlägiger Zertifikate sein. Die bloße Vereinbarung von Sozialstandards ohne ein wirksames Monitoring dürfte dagegen noch keine Exkulpation begründen.

Sollte ein deutsches Unternehmen von den Arbeitnehmern des Lieferanten tatsächlich erfolgreich verklagt werden, dürfte es regelmäßig Regressansprüche gegen den Lieferanten haben.

 

4.2 Welche rechtlichen Möglichkeiten stehen dem Unternehmer zur Verfügung, um die Verstöße des Lieferanten abzustellen?

Welche rechtlichen Möglichkeiten einem Unternehmen zur Verfügung stehen, um die Verstöße des Lieferanten abzustellen, hängt vor allem davon ab, was es hierzu im Liefervertrag vereinbart hat. Generell denkt man an das übliche juristische Instrumentarium von Vertragsstrafen, Schadensersatz und Kündigung.

Ein schuldhafter Verstoß gegen vereinbarte CSR-Regelungen kann Schadensersatzansprüche nach § 280 BGB begründen, da deren Einhaltung als vertragliche Nebenpflichten anzusehen ist. Es ist allerdings in der Regel schwierig, den aus einem Verstoß gegen die CSR-Bestimmungen resultierenden Vermögensschaden darzulegen und zu beweisen. Eindeutig als Schadensersatz an den Lieferanten weiterzuleiten sind beinahe nur die gegen den Abnehmer geltend gemachten Direktansprüche der Arbeitnehmer des Lieferanten. Das Nachweisproblem beim Vermögensschaden löst auch eine spezielle Vertragsklausel zum Anspruch auf Schadensersatz bei Verletzung von CSR-Regelungen nicht. Keinesfalls lässt sich mit einer Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen im deutschen Recht wirksam eine verschuldensunabhängige Haftung begründen.

Vertragsstrafen bzw. pauschalierter Schadensersatz sind generell ein bewährtes Sanktionsmittel. Dennoch sind solche Sanktionsregelungen bislang im Zusammenhang mit CSR-Klauseln unüblich. Dies mag damit zusammenhängen, dass die Rechtsprechung Vertragsstrafen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer strengen Prüfung unterzieht und insbesondere bei Pflichtverstößen, die den Vertragspartner nicht unmittelbar beeinträchtigen, allenfalls sehr geringe Vertragsstrafen zulässt. Pauschalierter Schadensersatz muss sich an einem typischerweise zu erwartenden Schaden orientieren, der bei Verstößen gegen CSR-Standards nur schwer zu bestimmen ist. In der Regel werden sich Verstöße zunächst sogar kurzfristig durch günstigere Einkaufspreise wirtschaftlich vorteilhaft auswirken und erst – wenn sie öffentlich bekannt werden – einen schwer quantifizierbaren Reputationsschaden auslösen.

Die mögliche Beendigung der Geschäftsbeziehung sollte die ultima ratio sein, da sie im Zweifel die Lage der Arbeitnehmer des Lieferanten noch verschlechtert. Dennoch sollte die außerordentliche Kündigung als wichtige Drohkulisse unbedingt bei den Sanktionsmitteln genannt werden. Bei schweren Verstößen, die öffentlich angeprangert werden, kann eine solche Kündigung zur Vermeidung eines eigenen Reputationsverlustes auch erforderlich sein.

Die meisten Kündigungsklauseln, die sich in Verhaltenskodizes finden, sind nach AGB-Recht unwirksam. Tatsächlich ist bei der Abfassung einer Kündigungsklausel sowie beim Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung zu beachten, dass eine Kündigung gemäß § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB regelmäßig nur bei schuldhaftem Verhalten, Unzumutbarkeit einer ordentlichen Kündigung und nur nach Setzung einer angemessenen Nachfrist zur Abstellung der Pflichtverletzung möglich ist. Lediglich bei besonders schweren Pflichtverstößen kann eine Kündigung ohne Nachfristsetzung im Einzelfall ausnahmsweise möglich sein (vgl. § 314 Abs. 2 Satz 3).

unverbindlicher Klauselvorschlag

Sollte ein Verstoß gegen die Regelungen dieses Verhaltenskodex festgestellt werden, wird der Auftraggeber dies dem Lieferanten innerhalb von einem Monat schriftlich mitteilen und ihm eine angemessene Nachfrist setzen, um sein Verhalten mit diesen Regelungen in Einklang zu bringen. Wenn ein solcher Verstoß schuldhaft erfolgte und eine Fortsetzung des Vertrages bis zur ordentlichen Beendigung für den Auftraggeber unzumutbar macht, kann der Auftraggeber den Vertrag nach fruchtlosem Ablauf der gesetzten Frist beenden, wenn er dies bei der Nachfristsetzung angedroht hat. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung ohne Nachfristsetzung gemäß § 314 Abs. 2 Satz 3 BGB bleibt ebenso wie das Recht auf Schadenersatz unberührt.

In der Praxis hat es sich bewährt, dass ein Verstoß dem Lieferanten zunächst angezeigt und in der Folge mit ihm gemeinsam in einem Aktionsplan Korrekturmaßnahmen erarbeitet und sinnvolle Fristen zu deren Umsetzung vereinbart werden. Die Abhilfemaßnahmen müssen anhand objektiver und nachvollziehbarer Kriterien bewertet und ihre Umsetzung überprüft werden. Führt dies nicht zum gewünschten Ergebnis, wird in der Regel noch eine kürzere förmliche Nachfrist gesetzt.

Mit freundlicher Genehmigung von Rechtsanwalt Dr. André Depping und Dr. Daniel Walden, Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, München.

Hinweis: Diese Veröffentlichung ist ein Service der IHK Nürnberg für Mittelfranken für ihre Mitgliedsunternehmen. Dabei handelt es sich um eine zusammenfassende Darstellung der rechtlichen Grundlagen, die nur erste Hinweise enthält und keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit erhebt. Obwohl mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden, es sei denn, der IHK wird vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung nachgewiesen. Diese Veröffentlichung kann eine anwaltliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen.

 
 
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