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Teil IV: Das Monogramm

Nicht nur Dürers Spitzenwerke, auch sein Monogramm AD sind bis heute weltweit ein Begriff und ein singuläres Phänomen in der Kunst. Albrecht Dürers Selbst- und Qualitätsbewusstsein, seine Vielseitigkeit wie sein unternehmerisches Gespür spiegeln sich nicht zuletzt in der stringenten Entwicklung eines einprägsamen Markenzeichens. Für dessen Gestaltung und Platzierung im Kompositionsgefüge hat er Zeit und Sorgfalt investiert.

Die endgültige Version ist ein lateinisches A mit einem D unter dem Querstrich – vorbildlich und prägnant, noch heutigen Marketing-Ansprüchen entsprechend. Ob instinktiv oder mit intensiver Beratung durch sein Umfeld – Dürer entschied sich, seine Werke nicht als „anonyme Massenware“, sondern individuell gekennzeichnet zu vertreiben. Geistiges Eigentum und dessen Urheberschutz waren noch nicht üblich, zu dessen Entwicklung hat er wesentlich mit beigetragen. Perfekt auf Proportion, Bildtechnik, Farbe und Perspektive abgestimmt, ist sein Markenzeichen oft in der Mitte des Bildrandes gesetzt.

Gerne arbeitete er ferner mit besonderen Präsentationsformen wie gemalten Schriftrollen oder Schildchen (im Fachjargon Cartellini), die quasi im Bild aufgehängt, in eine Ecke gestellt oder auf Steine gelegt werden konnten. Später kombinierte er diese mit seinem Selbstbildnis als Assistenzfigur auf Gemälden. Ein optimales PR-Konzept! Ab und zu verweisen auch noch Inschriften auf Dürers Herkunft aus Nürnberg oder Deutschland. Vorformen wie Schongauers Signatur, Goldschmiede- und Handelszeichen sowie antike bzw. italienische „Cartellini“ aufgreifend, hat das Genie mit Erfindungsreichtum und ausdauernder Konsequenz seine Anfangsbuchstaben zu einem beispiellosen Label entwickelt wie kein anderer. In der Fachliteratur gilt er folglich als „Erfinder des Markenartikels“.

Unabhängig von kirchlichen und weltlichen Fürsten gründete er 1495 eine eigene Werkstatt, Verlags- und Vertriebsstruktur miteingeplant. Er schloss sich nicht mit anderen zusammen, sondern stellte im Alter von 26 Jahren seinen eigenen Händler Konrad Schweitzer ein, um seine Graphik für potenzielle Käufer im In- und Ausland zu vertreiben. Dürer war der erste Künstler, der für einen anonymen Markt, für jedermann, produzierte. Der Vertrag aus dem Jahr 1497 dokumentiert, dass er vermutlich als erster Künstler - für Markenartikel grundlegend – einheitliche Preise festlegte und dass er erwerbswirtschaftlich orientiert dachte und handelte. Bereits fünf Jahre später waren seine „Produkte“ so begehrt und populär, dass nördlich wie südlich der Alpen zahlreiche Raubkopien in Umlauf waren. Allein Marcantonio Raimondi hat systematisch 70 Dürer-Nachdrucke angefertigt, lange Zeit inklusive dem Gütesiegel AD. Daher hatte sich schon Nürnbergs berühmtester Sohn mit der gleichen Problematik aller später erfolgreichen Markenhersteller auseinander zu setzen: der Markenpiraterie.

Autor/in: 
Eva Schickler
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2003, Seite 33

 
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