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Geschichte

"Prost zusammen" – Münchner Brauereikonzentration von einst

1921 flatterte den renditeverwöhnten Löwenbräu-Aktionären gleich zweimal die Einladung zu einer außerordentlichen Generalversammlung ins Haus. Wichtige Beschlüsse standen an. Vor dem Hintergrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage nach dem Ersten Weltkrieg drehte sich in München vor einhundert Jahren bei den Brauereien munter das Fusionskarussell. Löwenbräu-Generaldirektor Mildner hatte ein Auge auf die Unionsbrauerei geworfen. Die 1895 von Joseph Schülein gegründete Aktiengesellschaft mit Sitz im östlichen Stadtteil Haidhausen war nach der Spatenbrauerei das drittgrößte Münchner Sudhaus und galt vor 1914 als neuntgrößte Bierfabrik im Deutschen Reich. Aber anders als bei Löwenbräu fehlte der Immobilienbesitz, um die Verluste durch den mangelhaften Bierabsatz nach Kriegsende aufzufangen. Der Unionsbrauerei stand das Wasser bis zum Hals. Die Löwenbräu-Offerte war also hochwillkommen. Anders als gerne kolportiert, wurde das gesamte Vermögen von der Union auf den Löwen übertragen, ihre Aktionäre erhielten für zwei Anteilscheine von je 1.000 Mark eine Löwenbräu-Aktie für 1.500 Mark.

Auch das seit 1880 als Aktiengesellschaft bestehende Bürgerliche Brauhaus im Münchner Osten schwächelte. Die nur zur Hälfte ausgelastete Braukapazität bereitete dem Vorstand arge Kopfschmerzen. Daher griffen die Verantwortlichen beim Angebot einer Fusion mit Löwenbräu gerne zu. Der Münchner Bankier und Großaktionär bei Bürgerbräu, Wilhelm von Finck, setzte einen Kapitalumtausch im Verhältnis eins zu eins durch. Der Sudbetrieb der Unionsbrauerei wurde eingestellt, die Produktion beim Bürgerbräu lief dagegen noch bis 1932 weiter.

 

Lagerkeller bei Löwenbräu, 1922.

 

Farbiger Entwurf von Martin Wiegand für die Schutzmarke der Unionsbrauerei, um 1900.

 

Reklamemarke der Unionsbrauerei, um 1910.

 

Werbepostkarte für das Starkbier "Triumphator" des Münchener Bürgerbräu nach einem Gemälde von Toni Aron, um 1910.

 

Im Zug der Fusion wechselte Joseph Schülein in den Aufsichtsrat der neuen Gesellschaft. Für sein Ausscheiden aus dem Vorstand erhielt er die Schlossbrauerei Kaltenberg zum Buchwert. Sein Sohn Hermann übernahm als Nachfolger des 1924 verstorbenen Friedrich von Mildner das Amt des Generaldirektors. Die "Bier-Hochzeiten" sind im Bayerischen Wirtschaftsarchiv gut dokumentiert. Auch Teile der Überlieferung von Union und Bürgerbräu haben sich dort noch erhalten.Dr. Richard Winkler, stv. Leiter des Bayerischen Wirtschaftsarchivs und Autor von "Ein Bier wie Bayern. Geschichte der Münchner Löwenbrauerei 1818-2003"

Fotos: Bayerisches Wirtschaftsarchiv BWA

 
 
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