Nach seiner niederländischen Reise, vermutlich aus Anlass des Prozesses gegen die drei „gottlosen
Maler“ entstanden, schickte Albrecht Dürer aus Eigeninitiative das zweiteilige Gemälde der „Vier
Apostel“ mit einem Schreiben – datiert auf den 6. Oktober 1526 – als Geschenk an seine
Heimatstadt in das Nürnberger Rathaus.
Die beiden jeweils über zwei Meter hohen Lindenholztafeln wurden vom Rat angenommen und damit wie von Dürer
beabsichtigt im „Zentrum der Macht“ aufgehängt. Dem renommierten Künstler wurde darüber hinaus ein
Ehrenhonorar von 100 Gulden bezahlt.
Dürers letztes großes malerisches Werk ist zugleich auch sein geistiges Vermächtnis. Es ist sein eindringlicher
kunst- und religionspolitischer Kommentar, mit dem er aktiv für die neuen Ideale der Reformation, für die
unantastbare Autorität von Gottes Wort, aber auch für die Kunst eintrat. Der seit 1538 verwendete Bildtitel
stimmt nicht ganz, da neben Johannes und Petrus, zusammen mit Paulus auch der Evangelist Markus als
überlebensgroße Figur dargestellt ist.
Solitär, monumental und von intensivster, innerlicher Ausdruckskraft und Dichte stehen die vier Heiligen wie
skulpturale Gewandfiguren, herausleuchtend aus sich selbst und aus dem dunklen, umgebendem Raum. Sie wurden auf
einem sockelartigen Grund platziert, auf dessen Front die von Dürer bestimmten und vom Kalligraphen Johann
Neudörffer ausgeführten einleitenden Worte sowie Bibelzitate aus den Schriften der Dargestellten angebracht sind.
Diese entsprechen der Übersetzung Martin Luthers von 1522 und sind als Mahnung an die Regierenden, an die
Menschheit gerichtet, sich vor allem vor falschen Propheten zu hüten.
Bewusst greift Dürer die Bildtradition christlicher Kunst auf, von je her waren Apostel
„Verkündergestalten“. Indem das Malergenie sein Werk auf die beiden flügelartigen Tafeln
konzentrierte, auf einen altarähnlichen Mittelteil verzichtete, traten die Apostel aus dem sonst üblichen
Handlungs-Zusammenhang heraus und wurden zu autonomen Persönlichkeiten. Laut Neudörffer hat Dürer in Anlehnung an
die Lehre der vier Temperamente jedem Apostel eine Grundstimmung der menschlichen Seele – vom Sanguiniker,
Choleriker, Phlegmatiker bis zum Melancholiker – zugeordnet. Neben den
eindrucksvoll gemalten Charakterköpfen der Figuren tragen hauptsächlich die außergewöhnlich mächtigen,
grandiosen, schlichten Mäntel zur monumentalen, denkmalartigen Gesamtwirkung der höchst vielschichtigen Arbeit
bei.
1627 kam der Rat nicht umhin, das Werk dem bayerischen Herzog und späteren Kurfürsten Maximilian I.
vorzuenthalten. Dieser ließ die Schrift absägen und mit der aus Nürnberg mitgeschickten Kopie wieder
zurücksenden. Obwohl Text und Bild zumindest wieder vereint sind, blieb Dürers Herzenswunsch „sollte bey
gemainer Statt zu sein gedechtnuß zubehalten und in frembdte händt nit kommen zu lassen“ seitdem unerfüllt.