Das Haus der Bayerischen Geschichte lässt im Nürnberger Museum Industriekultur die Zeit Revue passieren, seit der Franken zu Bayern gehört.
Seit 200 Jahren gehören nun schon die weitesten Teile Frankens zu Bayern. Und dabei wird es wohl auf absehbare Zeit auch bleiben, denn die gelegentlich noch aufscheinenden Aktivitäten des Vereins „Fränkischer Bund“ zur Neubildung eines Bundeslandes Franken gelten in der politischen Realität als chancenlos. Zur wechselvollen fränkisch-bayerischen Geschichte inszeniert die Bayerische Landesausstellung „200 Jahre Franken in Bayern“ die Lebenswelten der letzten zwei Jahrhunderte bis 12. November im Nürnberger Museum Industriekultur. Jeweils dienstags bis sonntags von 9 bis 18 Uhr zeigen zehn Szenen die großen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen der letzten 200 Jahre in Franken. Der Rundgang beginnt mit dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Während dieser Zeit war Franken in viele kleine Staaten zergliedert, wobei allerdings der Fränkische Reichskreis seit 1500 das Zentrum bildete. Für den damaligen Kaiser Maximilian I. galt dieser als „der erst und furnembst“ der zehn Reichskreise im Kaiserreich. Das fränkische Gebiet zog sich über die heutigen Grenzen des nordöstlichen Baden-Württembergs, südlichen Hessens und südlichen Thüringens hinaus.
Franken – Braut wider Willen
Erste Federn ließ „der vornehmste unter den Reichskreisen“ in der napoleonischen Zeit. Durch den
Sieg der Franzosen über die Preußen fielen bis 1810 mehrere fränkische Gebiete an das Napoleon-treue Bayern. Im
nächsten Streifzug erfährt der Besucher, dass sich der rot-blaue Kontrast in den folgenden Jahrzehnten immer mehr
zuspitzte: 1848 forderten die Franken, dass sie von Bayern losgelöst werden. In der Tat mangelte es den
Protestanten und Katholiken nicht nur an Bindungen in der Vergangenheit. Auch in der Gegenwart schienen die
Unterschiede zwischen Religionszugehörigkeit, Dialekt, Bräuchen, Hymnen und Wappen anfangs unüberwindbare
Schluchten zu sein. Den Tribut an Franken zollte Bayern 1906 dadurch, dass es die 100-jährige Zugehörigkeit der
Fränkischen Rechen zu den bayerischen Rauten in Nürnberg, anstatt in München feierte. Die spektakuläre
Landesausstellung mitsamt Industriemesse und Kunstausstellung kam einer Weltausstellung gleich und zog
zweieinhalb Mio. Besucher an. Das folgende Streiflicht der Ausstellung beleuchtet den rasanten Weg in die
Moderne, der kaum Raum für Debatten lässt: Die erste Eisenbahnlinie Deutschlands, Gas- und Stromnutzung,
Eroberung des Luftraumes mit dem Zeppelin, Erfindung des Automobils und Telefons halten die Franken genauso in
Atem wie die Kehrseiten der Industrialisierung: Massenarmut und Überbevölkerung. Vor den kritischen Themen, die
in der Mitte des 20. Jahrhunderts warten, wie das „Braune Franken“ und Nürnberg als „Stadt der
Reichsparteitage“, machen die Aussteller ebenfalls nicht Halt. Auch die dunklen Jahre des „3.
Reiches“ werden in der Ausstellung beleuchtet, eine Zeit, in der die Nationalsozialisten die Gegensätze
zwischen Franken und Bayern bewusst überspielten.
Die nächste Szene schildert den Wiederaufbau und das daraus resultierende Wirtschaftswunder nach 1945 bis zur heutigen High-Tech-Landschaft und Globalisierung Frankens, die sogar eine Nürnberger Bratwurst in der Frühlingsrolle zulassen. Selbst an einer Fränkischen Schatzkammer kann sich der Besucher erfreuen.
„Frankutopia“
Mit „Frankutopia“ wird zum Abschluss aufgezeigt, wo die Fränkischen Wege künftig überall hinführen
können. Frankutopia gehört auch zum Themenbereich des museumspädagogischen Begleitprogramms. Dort spielen die
Pädagogen mit den Kindern Szenarien zur künftigen Arbeitswelt, dem Klima, der demografischen Entwicklung oder dem
Freizeitverhalten von Morgen durch. Darüber hinaus machen anschauliche Beispiele und interaktive Spiele Themen
aus der Leonischen Industrie, dem Brauchtum und der Münzprägung im 135-minütigen Rundgang durch die Ausstellung
leicht eingängig. Und wenn die Kinder nach den Auseinandersetzungen zwischen Franken und Bayern heutzutage
fragen, werden sie schnell feststellen, dass sich Reibereien meist nur noch auf dem Fußballfeld zeigen.