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Was tun mit schwachen Mitarbeitern?

In jedem Unternehmen gibt es Beschäftigte, die den Anforderungen nicht gerecht werden. Welche Handhabe gibt das Arbeitsrecht?

In der Vergangenheit konnte die ungenügende Arbeitsleistung einzelner Mitarbeiter vielfach durch Teamarbeit aufgefangen werden. Aber in vielen Unternehmen ist die Personaldecke durch Stellenstreichungen inzwischen so dünn geworden, dass fehlender Einsatz oder schlechte Arbeit eines Mitarbeiters spürbar ins Gewicht fallen. Leidtragende sind zum einen die Kollegen, die dessen Defizite mit erhöhtem Arbeitseinsatz ausgleichen müssen. Zum anderen müssen Vorgesetzte und Arbeitgeber befürchten, dass die gesetzten Ziele nicht erreicht werden und sich das Betriebsergebnis verschlechtert.

Angesichts des gestiegenen Wettbewerbs- und Kostendrucks wollen viele Unternehmen nicht mehr hinnehmen, dass dem von ihnen gezahlten Lohn keine gleichwertige Arbeitsleistung des Mitarbeiters gegenübersteht. Es verwundert daher nicht, dass etwa der frühere Vorstandsvorsitzende von Infineon, Ulrich Schumacher, im Jahre 2003 die „Performance Culture“ propagierte und ankündigte, die „Low Performer“ im Konzern aufzuspüren und jährlich fünf Prozent der „Schwachleister“ zu entlassen.

Innerliche Kündigungen
Zwar ruft ein solch drastisches Vorgehen Gewerkschaften, Betriebsräte und sonstige Arbeitnehmervertreter auf den Plan. Es wird aber verständlicher, wenn man weiß, dass nach einer Studie des Gallup-Institutes aus dem Jahr 2005 rund 20 Prozent der Mitarbeiter „innerlich gekündigt“ haben und deshalb nur unengagierte Arbeit leisten. Es hat sich also bereits jeder fünfte Mitarbeiter innerlich von seinem Arbeitgeber „verabschiedet“. In solchen Fällen ist guter Rat im wahrsten Sinne des Wortes teuer. Die vom Arbeitgeber ergriffenen Maßnahmen von der Abmahnung bis zur Kündigung sind oft nicht oder nur schlecht vorbereitet und ein anschließender Rechtsstreit ist deshalb mit erheblichen Risiken behaftet. Es besteht nicht selten schon Unsicherheit über die Fragen, welche Leistung ein Arbeitnehmer überhaupt erbringen muss und ab wann der Arbeitgeber wegen Minderleistung abmahnen oder kündigen darf.

In mehreren Urteilen hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) ein Prüfungsschema entwickelt, das es den Arbeitgebern erleichtern wird, Maßnahmen „gerichtsfest“ vorzubereiten und die Erfolgsaussichten einer Kündigung wegen schlechter Leistungen besser einzuschätzen. Danach ist zunächst die Soll-Leistung festzustellen, d.h. welche Arbeitsleistung der betroffene Arbeitnehmer überhaupt schuldet. Diese ergibt sich aus dem Weisungsrecht des Arbeitsgebers und dem persönlichen Leistungsvermögen des Arbeitnehmers. Das BAG bringt es wie folgt auf den Punkt: „Der Arbeitnehmer muss tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann“.

Was ist eine unterdurchschnittliche Leistung?
Arbeitet der betroffene Arbeitnehmer nicht im Akkordlohn, bei dem Abweichungen von der Soll-Leistung schnell festgestellt werden können, sondern etwa im Zeitlohn (z.B. als Sachbearbeiter), ergeben sich die ersten Probleme schon bei der Festlegung, welche Soll-Leistung normal, welche unzureichend und welche überdurchschnittlich ist. Nach Auffassung des BAG genügt hierfür jedenfalls nicht der bloße Hinweis des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer habe „unterdurchschnittlich“ oder schlechter als andere Arbeitnehmer gearbeitet, weil in einer sehr guten Gruppe schon der gute Arbeitnehmer unter dem Durchschnitt arbeitet. Und einer von mehreren Arbeitnehmern erbringt immer die schlechteste Arbeitsleistung, ohne dass daraus zwingend geschlossen werden könnte, er arbeite nicht zufriedenstellend.

Es ist also erforderlich, Regelungen zur Bestimmbarkeit der Soll-Leistung zu schaffen bzw. heranzuziehen (z.B. Arbeitsvertrag, Stellenbeschreibung, Zielvereinbarung, Ranking, eigene frühere Durchschnittsleistung, Durchschnittsleistung vergleichbarer Kollegen etc.). Schwieriger ist der Rückgriff auf die arbeitswissenschaftlich definierte Normalleistung anderer Mitarbeiter als Soll-Leistung („Planzeitwerte“), wie sie in Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen anzutreffen ist. Das BAG weist hier zu Recht darauf hin, dass mit der Festlegung eines Leistungsgrades von 100 Prozent der Mitarbeiter einen objektiven Leistungserfolg schuldet, der mit dem im Arbeitsrecht geltenden individuellen Leistungsvermögen unvereinbar ist.

Ist die Soll-Leistung festgestellt, liegt eine Schlechterfüllung vor, wenn die Ist-Leistung des Mitarbeiters nicht den dargestellten Vorgaben entspricht. Sie offenbart sich in Quantitätsmängeln (der Mitarbeiter arbeitet nicht genug: ein Sozialarbeiter unterschreitet erheblich die üblichen Fallzahlen im Bereich der Sozialberatung) und Qualitätsmängeln (die Güte der Arbeit gibt Anlass zu Beanstandungen: ein Kraftfahrer überprüft trotz einschlägiger Weisung nur flüchtig die Verkehrssicherheit des von ihm geführten Fahrzeugs). Von diesen Formen der Schlechtleistung abzugrenzen ist der Fall der Nichterfüllung (Nichtarbeit), der zum Verlust des Vergütungsanspruchs führt. Bei der Nichterfüllung erbringt der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung, etwa weil er nicht oder zu spät zur Arbeit kommt, schon früher geht oder während der Arbeit schläft.

Schlechte Leistung über lange Zeit
Will der Arbeitgeber eine Personalmaßnahme auf Schlechtleistung stützen, muss er bedenken, dass auch sorgfältigen Arbeitnehmern schon einmal Fehler unterlaufen. Es wird den Mitarbeitern nicht gelingen, einer Maschine gleich, stets fehlerfreie Arbeitsleistung in ausreichendem Umfang zu erbringen. Die Schlechtleistungen müssen daher – um etwa eine Kündigung begründen zu können - über einen bestimmten Zeitraum eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschreiten. Die Praxis wird sich hierzu an den neuen Entscheidungen des BAG orientieren können, die einen langfristigen Leistungsabfall von 30 Prozent als Überschreitung des Toleranzbereiches eingeordnet hat. Zu der Frage, wie lange der Arbeitgeber die schwere Störung des Vertragsgleichgewichtes vor Ausspruch der Kündigung hinnehmen muss, fehlt es bislang an einer Vorgabe des BAG.

Das Gespräch suchen
Ist ein „Low Performer“ erkannt, wird sich der ruhig und verständig denkende Arbeitgeber vor der Einleitung von Personalmaßnahmen zunächst in einem Gespräch mit dem betroffenen Arbeitnehmer um die Aufklärung der Ursachen der Minderleistung bemühen. Bereits hierbei sind zahlreiche Empfehlungen zu berücksichtigen, um im Falle weiterer Schlechtleistungen rechtssicher härtere Maßnahmen ergreifen zu können.

Bleiben die Leistungen des Mitarbeiters trotz aller weiteren „weichen“ Maßnahmen quantitativ ungenügend oder qualitativ schlecht, können sie eine ordentliche Kündigung des Arbeitgebers begründen. Die in diesem Zusammenhang verwendete Unterscheidung von Leistungs- und Eignungsmängeln zielt auf den Leistungswillen des Arbeitnehmers und ist für die richtige Wahl des Kündigungsgrundes maßgebend. Beruhen die Mängel auf fehlender Eignung, kommt eine personenbedingte Kündigung in Betracht (der Mitarbeiter kann die vertragsgemäße Leistung nicht erbringen, selbst wenn er wollte). Besitzt der Arbeitnehmer dagegen die notwendige persönliche und fachliche Qualifikation, so können wiederholte Leistungsmängel die verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen (wenn der Arbeitnehmer nur wollte, könnte er die vertragsgemäße Leistung erbringen).

Für den Arbeitgeber ist es oft schwierig zu ermitteln, ob die unzureichende Arbeitsleistung auf einem Verhalten des Arbeitnehmers beruht oder auf einer unzureichenden Eignung, inwieweit also die Leistungsschwäche des Arbeitnehmers von diesem beeinflussbar ist. Beispiel: Die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers ist alters- und/oder gesundheitsbedingt eingeschränkt, seine Leistungen könnten aber besser sein, wenn er sich mehr anstrengen würde. Bei solchen Mischtatbeständen („sowohl als auch“) richtet sich die Abgrenzung danach, aus welchem der in dem Gesetz genannten Bereiche die sich auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses nachteilig auswirkende Störung vorwiegend kommt. In Zweifelsfällen sollte grundsätzlich vor Ausspruch der Kündigung eine Abmahnung erfolgen. Die Unterscheidung ist darüber hinaus auch wichtig für eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates.

Externer Kontakt: Rechtsanwalt Christof Kühl, Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft, Nürnberg, christof.kuehl@bblaw.com
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2006, Seite 34

 
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