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Arbeitsverträge

Auf dünnem Eis

Viele gängige Vertragsklauseln in Arbeitsverträgen halten vor Gericht nicht stand. Wie formuliert man rechtssichere Vereinbarungen? Von Christian Günther

Wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor Gericht treffen, bemängeln die Richter häufig die Vertragsklauseln im Arbeitsvertrag. In der Regel geht dies zulasten der Arbeitgeberseite, denn anstelle der für unwirksam erklärten Vertragsbestimmung gilt dann meist das arbeitnehmerfreundlichere Gesetz.

Der rechtliche Hintergrund: Vorformulierte Klauseln werden auch in Arbeitsverträgen von den Gerichten als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) behandelt. Für diese gelten enge Grenzen, um die Benachteiligung eines Vertragspartners zu verhindern.

Weil sich Recht und Rechtsprechung stetig wandeln, können auch zunächst fehlerfreie Arbeitsverträge plötzlich unwirksame Klauseln enthalten. Sicherheit bietet nur eine regelmäßige Kontrolle vorhandener Verträge. Im Folgenden einige Beispiele für häufig verwendete Klauseln, die von den Gerichten gekippt wurden:

Überstunden und Mehrarbeit: Häufig wird in Arbeitsverträgen festgelegt, dass sämtliche Überstunden mit der vereinbarten Bruttovergütung abgegolten sind. Eine solche Formulierung ist jedoch angreifbar, wie die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zeigt, das eine solche Überstundenklausel grundsätzlich für unwirksam hält. Ein Ausnahme bilden nur Besserverdiener mit einem Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung (5 800 Euro Bruttomonatslohn West in 2013), die keine Bezahlung von Überstunden verlangen können (Urteil des BAG vom 17. August 2011, Aktenzeichen 5 AZR 406/10). Bei einem geringeren Gehalt sind unbezahlte Überstunden dagegen voll zu vergüten (BAG-Urteil vom 22. Februar 2012, Aktenzeichen 5 AZR 765/10). Entsprechende Klauseln sollten daher immer klar und deutlich festlegen, wie viele Überstunden bzw. Stunden insgesamt mit einem bestimmten Gehalt vergütet sind (BAG-Urteil vom 16. Mai 2012, Aktenzeichen 5 AZR 331/11). Der sich dadurch ergebende Lohn darf natürlich nicht sittenwidrig niedrig sein. Und nicht zuletzt ist bei der Formulierung das Arbeitszeitgesetz zu beachten.

Vertragsstrafen für Fehlverhalten: In vielen Arbeitsverträgen sind Vertragsstrafen vorgesehen, wenn Arbeitnehmer Wettbewerbsverbote missachten, Betriebsgeheimnisse ausplaudern oder andere Gründe für eine außerordentliche Kündigung bieten. Wegen der Folgen, die ein solches Fehlverhalten für den Arbeitnehmer hat, dürfen die entsprechenden Klauseln nicht im Vertrag versteckt werden. Außerdem müssen sie klar und verständlich sein und die Strafe bestimmt bezeichnen. Eine Höhe von einer Bruttomonatsvergütung sollte diese besser nicht überschreiten (BAG-Urteil vom 25. September 2008, Aktenzeichen 8 AZR 717/07).

Rückzahlung von Bildungskosten: Investieren Arbeitgeber in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter, möchten sie natürlich langfristig davon profitieren. Andererseits kann kein Arbeitnehmer zum Verbleib gezwungen werden. Geht ein Mitarbeiter doch, soll er die geldwerten Vorteile seiner Weiterbildung wenigstens zurückzahlen. Arbeitgeber, die hierfür eine Rückzahlungsklausel verwenden, dürfen Arbeitnehmer nicht zu lange an diese binden. Wenn die Bindungsfrist nicht auf das zulässige Maß begrenzt wird, ist die Klausel komplett unwirksam. Ein Arbeitnehmer muss dann nichts zurückzahlen (BAG-Urteil vom 14. Januar 2009, Aktenzeichen 3 AZR 900/07). Die Rechtsprechung hat für Fortbildungen, für die die Mitarbeiter bei Lohnfortzahlung freigestellt werden, folgende Zeiträume festgelegt: Maximal sechs Monate Bindung bei einer Fortbildungsdauer von einem Monat; ein Jahr bei bis zu zwei Monaten; zwei Jahre bei drei bis vier Monaten; ab sechs Monaten bis zu einem Jahr keine längere Bindung als drei Jahre und bei einer Fortbildungsdauer von mehr als zwei Jahren eine Bindung von maximal fünf Jahren (BAG-Urteil vom 19. Januar 2011, Aktenzeichen 3 AZR 621/08).

Ausschluss späterer Ansprüche: Wenn ein Arbeitsverhältnis endet, wollen sich beide Seiten vor späteren Ansprüchen des jeweils anderen schützen. Dazu dienen Ausschlussklauseln, die aber nie einseitig zulasten des einen oder anderen gehen dürfen. Eine solche Klausel darf zudem niemals sämtliche oder alle Ansprüche ausschließen. Denn den Ausschluss einer Haftung wegen Vorsatz und bei Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit sowie bei grobem Verschulden lässt das Gesetz vor der Verjährung nicht zu. Dementsprechend sollte eine Ausschlussklausel solche Ansprüche herausnehmen (BAG-Urteil vom 20. Juni 2013, Aktenzeichen 8 AZR 280/12).

Zudem fällt eine solche Klausel vor Gericht durch, wenn sie für die Anmeldung eines Anspruchs weniger als drei Monate Zeit gibt. Die Frist sollte dabei nie mit Ende des Arbeitsverhältnisses zu laufen beginnen, sondern immer erst ab Fälligkeit des Anspruchs. Denn sonst ließen sich Ansprüche in unangemessener Weise ausschließen, bevor sie überhaupt zur Kenntnis genommen werden können. Zulässig sind dagegen Klauseln, die erst eine Anmeldung des Anspruchs und dann seine gerichtliche Geltendmachung fordern, damit der Anspruch nicht verfällt. Solche zweistufigen Klauseln sollten jedoch darauf hinweisen, dass die Einlegung einer Kündigungsschutzklage dafür ausreicht (BAG-Urteil vom 19. Mai 2010, Aktenzeichen 5 AZR 253/09).

Salvatorische Klauseln: Besonders am Ende von Arbeitsverträgen findet sich oft eine sogenannte salvatorische Klausel. Mit ihr soll gewährleistet werden, dass die teilweise Unwirksamkeit eines Arbeitsvertrags nicht dessen restliche Wirksamkeit berührt. Das hört sich gut an, bringt in Formulararbeitsverträgen, deren Inhalt von den Gerichten an den Regeln für Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) gemessen wird, aber so gut wie nichts, denn dies ist bereits der gesetzliche Regelfall.

Auch Vertragsbestimmungen, die eine rechtswidrige Klausel im Fall des Falles auf ein rechtmäßiges Maß reduzieren wollen, helfen nichts. Denn rechtswidrige Klauseln sind insgesamt unwirksam (sogenanntes Verbot der geltungserhaltenden Reduktion), statt der unwirksamen Klausel gilt das entsprechende Gesetz. Kurzum: Wer unwirksame Vertragsinhalte verwendet, muss die damit verbundenen Risiken tragen. Sicherheit bietet Verwendern von Klauseln deshalb nur, auf deren Wirksamkeit zu achten und diese kontinuierlich zu überprüfen.

Autor/in: Christian Günther, ist Redakteur bei der anwalt.de Services AG in Nürnberg, die das Anwaltsverzeichnis www.anwalt.de betreibt (redaktion@anwalt.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2013, Seite 40

 
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