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Regent

Prominente Anzüge nach Maß

Dr. Peter Krampf in seiner „Schatzkammer“, in der rund 30 000 Meter edler Stoffbahnen lagern.

Ein viel versprechender Neuanfang soll die Weißenburger Maßschneiderei wieder zu neuem Glanz führen.

Im April kaufte der Münchner Unternehmensberater Dr. Peter Krampf das traditionsreiche Unternehmen aus der Insolvenz und führt es nun als Regent GmbH & Co. KG in die Zukunft. Krampf, der selbst in Weißenburg geboren und aufgewachsen ist, sieht im Unternehmen, das 1946 als Hemdenmanufaktur gegründet wurde, das Potenzial, wieder eine feste Größe in der „Championsleague der Anzughersteller“ zu werden.

Einen besonderen Ruf im In- und Ausland hat Deutschlands einzige Manufaktur für feinste Anzüge von Hand aufgrund ihrer namhaften Kunden aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport. Einen Frack der Weißenburger Herrenschneiderei trug zum Beispiel Willem-Alexander bei seiner Krönung zum niederländischen König vor zwei Jahren. Auch der im November verstorbene Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt, der frühere sowjetische Präsident Michail Gorbatschow und der frühere bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß zählten zum Kundenkreis. Von Strauß wird erzählt, dass er per Helikopter anreiste und für die Zeit der Anprobe und des Kaufs die Bundesstraße vor dem Stammsitz sperren ließ.

Doch der Weißenburger Edelschneider hatte auch schwere Zeiten. Etwa als in den 1990er Jahren ein deutscher Investor als Eigentümer beschloss, einen Teil der aufwendigen Näharbeiten nach Polen zu verlagern. Damit wurde der exklusive Ruf des „Handmade in Germany“ angekratzt. Anfang 2000 übernahm ein italienischer Modekonzern Regent, doch das Engagement endete in Schwierigkeiten. Ein Sanierungskonzept scheiterte, in den letzten Jahren kam es immer wieder zu ausgefallenen Lohn- und Gehaltszahlungen, weshalb sich Mitarbeiter und Geschäftsführung vor Gericht wiederfanden.

In Spitzenzeiten standen 500 Mitarbeiter auf der Gehaltsliste der Schneiderei. Als Krampf im April das Unternehmen übernahm, waren es nur noch knapp 50 Schneider und Textilfachleute, von denen er aus Kostengründen eigentlich nur die Hälfte hätte übernehmen sollen. „Doch das funktioniert nur auf dem Excel-Sheet, aber nicht in der Wirklichkeit“, so der frühere McKinsey-Berater. Denn in guter, alter Handwerkstradition sind bis zu 10 000 Nadelstiche nötig, damit aus 50 Stoff- und Innenfutterteilen ein echtes Unikat entsteht. Nur der Zuschnitt der Stoffteile wird mittlerweile am Computer geplant, um aus einer Stoffbahn von gut 3,20 Metern für einen Anzug möglichst wenig Verschnitt zu erzeugen.

Kunst des Vernähens

An einer Cutter-Maschine werden dann die Einzelteile computergestützt ausgeschnitten, ab dann regieren Nadel, Faden und erfahrene Hände. Zwischendrin werden die Teile immer wieder gründlich kontrolliert. Denn der leichte Anzugstoff aus Jersey verzeiht keine Fehler, zumal auch das Innenfutter aus Rosshaar nicht verklebt wird. Die eigentliche Kunst besteht darin, es so zu vernähen, dass der Stoff atmen kann und seinen natürlichen Fall behält. Selbst noble Anzughersteller würden mittlerweile auch die Krägen verkleben, im Hause Regent sei das unvorstellbar.

Krampf kennt den Spott über deutsche Anzugträger, die man an ausgelaufenen Schuhen und schlecht sitzenden Anzügen erkenne. Das liege auch daran, dass das Wissen, was einen guten Anzug ausmacht, vielfach verloren gegangen sei. Selbst ein gängiger Maßkonfektionär vermesse nur 20 Köperpunkte am Kunden, Regent nehme an 80 Punkten Maß. Dieser Vorgang erfordert die Kenntnisse eines erfahrener Kundenberaters: Kunden nehmen in der Anprobesituation oft eine andere Haltung ein als im Alltag. Weshalb Krampf von technischen Hilfsmitteln wie Körperscannern wenig hält, weil sie zwar exakt vermessen, aber nicht die natürliche Körperhaltung berücksichtigen.

Der eleganteste Anzug ist immer derjenige, der perfekt zur Situation passt, lautet eine Regent-Devise. Dafür ist die Auswahl der Stoffe mitentscheidend. Deshalb ist die umfassende Stoffkollektion nach Warentypen organisiert, wobei das Spektrum der Stoffe, vom schottischen Tweed bis zum mongolischen Kaschmir reicht. Auch die edelste aller Fasern, das echte peruanische Vicunja, das mit gut 2 000 Euro je Stoffmeter zu Buche schlägt, lagert hier. Neue Garne und Gewebe aus Wolle und Seide werden regelmäßig zusammen mit der japanischen Universität Osaka entwickelt.

Markenzeichen Dreilochknopf

Das Markenzeichen von Regent ist der Dreiloch-Knopf. Weil er noch zu einer Zeit entwickelt wurde, als er ausschließlich von Hand angenäht werden konnte, gilt er bis heute als Symbol für die „Einzigartigkeit unserer Manufaktur“, so Krampf. Auch die Knöpfe werden von Hand hergestellt, größtenteils in Manufakturen aus der näheren Umgebung, aus Naturmaterialien wie Büffelhorn, Steinnuss, Perlmutt oder Leder. Außerdem werden für Blazer Emblemknöpfe aus Metall verwendet.

Krampf selbst konzentriert sich erst einmal auf die „Reaktivierung des Vertriebes“. Regent-Anzüge verkaufen sich bei ausgewählten Fachhändlern und Maßateliers überwiegend in Deutschland und Österreich. Dort werden sie in einer Spanne von 1 600 bis 2 500 Euro angeboten, exklusivere Varianten mit mehr Handarbeit liegen bei 3 500 Euro. Daneben sollen auch Privatkunden bis in die USA wieder besser betreut werden. Aktuell liege die Kapazität bei rund 2 500 bis 3000 Anzügen im Jahr, die Auslastung bei rund 50 bis 60 Prozent. Im nächsten Jahr rechnet Krampf mit einer Steigerung auf 80 bis 90 Prozent.

Ins Visier will Krampf auch die Zielgruppe der 25- bis 35-Jährigen nehmen. Diese Altersgruppe sei bei besonderen Anlässen wie Hochzeiten auch offen für Frack oder Cut. Über das Internet stoße diese Zielgruppe auf die Weißenburger Manufaktur und fände die „ehrliche Handarbeit cool“. Darüber hinaus soll die Casual-Linie der Herbst-Winterkollektion 2016/2017 teils auch jünger und modisch mutiger werden. Auch dünne Daunenjacken und -mäntel sollen sich in der Linie finden, die Gänsedaunen hierfür stammen von einem Treuchtlinger Betrieb – und werden natürlich handverlesen.

Autor/in: 

tt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2015, Seite 66

 
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