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Evenord

Werte durch Werte

EVENORD © (C)2017 Thomas Tjiang

Vorstandsvorsitzender Horst Schneider auf der Dachterasse des Firmensitzes

Die Evenord-Bank in Nürnberg wurde 1961 von der Evenord eG gegründet – der früheren Selbsthilfeorganisation lokaler Metzger.

Horst Schneider spricht am liebsten über das Thema, das ihn am meisten umtreibt: Werte, ethische Geschäftspolitik und Nachhaltigkeit. Das wäre weniger auffällig, wenn Schneider nicht Vorstandsvorsitzender der Nürnberger Evenord-Bank eG-KG wäre. Denn in der Finanzbranche wird der Erfolg eher an Wachstumsraten und steigenden Kennziffern gemessen. Schneider beschreibt sein Haus lieber aus Kundensicht, so wie bei einem Arztbesuch. Da gehe es weniger um Umsatz, sondern vielmehr darum, ein Problem des Patienten bzw. des Kunden zu lösen.

Schneider, Jahrgang 1966, bekennt sich zu einem Nachhaltigkeitsverständnis, wie es einst in der Forstwirtschaft entstanden ist: In einem Wald sollten nie mehr Bäume geschlagen werden, als mit Blick auf die nachfolgenden Generationen nachwachsen können. Der Betriebswirt und Master of Business Administration (MBA) übersetzt das Bild in die Bankenbranche: „Geld ist nicht das Ziel, sondern eine Ressource. Der Mensch ist der Souverän.“ Auf Leitbilder in der Finanzbranche, die sich zu Ethik und Kundenorientierung, Ehrlichkeit und Fairness bekennen, treffe man häufig. Die globale Banken- und Finanzkrise im Jahr 2008 habe aber gezeigt, dass es zwischen Anspruch und Handeln eine teils große Kluft gebe.

Zwar hat die Evenord-Bank nach Aussage Schneiders, der im Jahr 2008 zum Vorstandschef berufen wurde und die Bank gemeinsam mit Vorstand Karlheinz Lorenz führt, bei der Finanzmarktkrise keine Schieflage erlitten. Dennoch habe sich das Kreditinstitut danach eine Werte- und Ethikkultur für das Geschäft mit Unternehmens- und Privatkunden erarbeitet, die sich nicht nur auf Image konzentriere, sondern konkret das Tagesgeschäft der Vollbank bestimme. Kredite, Wertpapiere, Strategie und Personalien würden anhand eines Wertekataloges beurteilt.

Am deutlichsten lasse sich dieser Anspruch bei Krediten oder Kapitalanlagen nachvollziehen: Geschäfte, die beispielsweise Atomenergie, autoritäre Systeme, grüne Gentechnik, Rüstung, Prostitution oder Spekulation mit Nahrungsmitteln unterstützen, würden abgelehnt. Gleiches gelte für Staatsanleihen von Ländern, in denen es die Todesstrafe gibt. Zur Beurteilung der Finanzprodukte führt die Bank Eigenrecherchen durch und lässt sich zudem von der Rating-Agentur Oekom Research beraten.

Keine komplexen Finanzprodukte

Komplexe Finanzprodukte, die schon von den Bankberatern kaum verstanden werden, werden den Kunden nicht angeboten. Entsprechend werden die Mitarbeiter nicht mit Zielvorgaben geführt, die den Vertrieb beispielsweise von besonders provisionsstarken Produkten belohnt. Um keine falschen Anreize zu setzen, erhalten die Evenord-Banker ihre Vergütung ohne vertriebsabhängige Komponenten.

Teil der nachhaltigen Geschäftspolitik ist es, die Finanzkraft von Unternehmen und Konsumenten konservativ zu prüfen, um riskante Projekte zu vermeiden. Zusätzlich nehmen die Bankberater beispielsweise bei Immobilienkrediten jedes Objekt persönlich in Augenschein. Beispiel: Bei einem Vorort-Termin wurde deutlich, dass in einem alten Schulhaus nach dem geplanten Umbau Saisonarbeiter „eingepfercht“ werden sollten – die Bank ließ deshalb von dem Geschäft trotz hoher Kreditsumme ab.

Außerdem wird die Höhe der Kreditzinsen nicht von der Bonität und dem Einkommen des Kunden abhängig gemacht. Bei der Evenord-Bank bekommt „jeder Kunde den gleichen Zins“. Wird mit dem verliehenen Geld ein ökologisches oder soziales Projekt in Angriff genommen, dazu zählt etwa eine Heizungssanierung im Eigenheim oder eine energetische Firmensanierung, reduziert sich der Kreditzins sogar.

Laut Horst Schneider ergibt sich der ethische Anspruch aus dem Hilfs- und Selbsthilfeverständnis der beiden Gründerväter des Genossenschaftswesens, Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch. Für beide wäre es wohl unvorstellbar gewesen, dass über bestimmte Anlageformen das Roden von Regenwäldern oder krankmachende Produktionsbedingungen in der Dritten Welt finanziert werden. Deshalb ist er stolz darauf, dass die Evenord-Bank als einzige genossenschaftliche Vollbank vom Berliner Verein Forum Nachhaltige Geldanlagen als Mitglied anerkannt wurde.

Doch für Schneider ist klar: „Wir sind keine Gutbürger und keine Kuschelbank.“ Vielmehr will er zeigen, dass auch mit einer werteorientierten Strategie solide Geschäfte gemacht werden können. Das gelte insbesondere auch im Schatten der „Draghi-Politik“, also der Nullzins-Strategie der Europäischen Zentralbank, die die Erträge aus dem Kreditgeschäft branchenweit unter Druck setzt. Im abgelaufenen Geschäftsjahr konnte das Kreditgeschäft leicht auf 161 Mio. Euro gesteigert werden, die Kundeneinlagen legten um knapp zwei Prozent auf 188 Mio. Euro zu. Nachdem bis zum Jahr 2016 der Zinsüberschuss noch gestiegen war, sank er 2017 um 140 000 Euro auf 4,8 Mio. Euro. Die Personal- und Sachkosten konnten im Jahresverlauf leicht auf 3,3 Mio. Euro reduziert werden. Die Bank durchforste ihre gesamten Prozesse und Abläufe, um gegebenenfalls auch durch Digitalisierung Einsparungen zu erreichen, sagte Schneider. Die Bilanzsumme ist leicht auf 247 Mio. Euro gestiegen, der Bilanzgewinn wird mit 821 000 Euro angegeben. Die Mitarbeiterzahl liegt stabil bei 42, zusätzlich werden fünf Azubis und ein dualer Student ausgebildet.

Schneider will seine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit erhalten und zugleich nicht auf ertragreichere, aber nach seinem Kodex unethische Finanzprodukte angewiesen sein. Deshalb investiert die Bank auf dem gegenüberliegenden Areal am ehemaligen Nürnberger Schlachthof einen „zweistelligen Millionen-Betrag“ in ein Boarding-House, in dem Studenten oder Geschäftsleute ab Herbst 2019 auch länger wohnen können. Mit diesen Erträgen will er sein Haus „unabhängig vom Finanzmarkt und krisenfest“ machen. Zugleich will er mit seiner Strategie neue Kunden in der Metropolregion Nürnberg gewinnen und die Bank weiter auf Wachstumskurs halten.

Evenord-Unternehmensgruppe

Die Evenord-Bank hat sich im vergangenen Jahr von ihrer langjährigen Tochter Evenord Steuerberatungsgesellschaft mbH getrennt. Daneben ebnet ihr die strategische Tochter EV Service GmbH den Zugang zum Industrie- und Handelsdienstleister Markant. Mit der Minderheitsbeteiligung an der Nürnberger Cura Life GmbH wird das Engagement für menschenwürdige und kulturkonforme Flüchtlingsunterkünfte unterstützt.

Mit der seltenen Firmierung als eG-KG ist die Evenord Bank eigentlich keine Genossenschaftsbank, sondern eine Personengesellschaft und somit freiwilliges Mitglied im genossenschaftlichen Bankenverband BVR. Das Kreditinstitut wurde 1961 von der Nürnberger Evenord eG als Komplementär gegründet, die wiederum als Selbsthilfeorganisation lokaler Metzger im Jahr 1924 begründet worden war. Der Name ist die Kurzform der ursprünglichen „Einkaufs- und Verwertungsgenossenschaft der nordbayerischen Fleischer“ – daher auch der Standort an der Nürnberger Schlachthofstraße direkt am Frankenschnellweg. Die Evenord ist ein Lebensmittelgroßhändler für gewerbliche Kunden und wird von Schneider in Personalunion als Vorstandschef geführt. Der Umsatz des Handelsunternehmens, das über 150 Mitarbeiter beschäftigt, lag zuletzt bei rund 55 Mio. Euro.

Auch bei der Evenord will Schneider eine vertiefte Wertediskussion nach dem Vorbild der Bank führen. Doch zunächst steht im Rahmen des Projekts „Evenord 2.0“ der Bau eines neuen Firmensitzes mit Zentrallager im Gewerbegebiet Nürnberg-Altenfurt auf einer Grundstücksfläche von 27 000 Quadratmetern an. Dort wird es moderne und energieeffiziente Kühlhallen, großzügige Lkw-Zufahrten und digitalisierte Prozesse geben. Für den Eigenbau wird ein zweistelliger Millionenbetrag investiert.

Mit dem Wegzug der Evenord eG wird das Grundstück mit einer Fläche von gut 8 200 Quadratmetern in direkter Nachbarschaft zur Bank frei. Schneider hat auch hier schon erste Pläne: In dieser exponierten Lage direkt am Frankenschnellweg soll ein neuer Gewerbekomplex entstehen. Doch Näheres will Schneider noch nicht verraten.

Autor/in: 

(tt.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2018, Seite 82

 
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