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Invent Umwelt- und Verfahrenstechnik

Marktführerschaft bei Klärwerktechnik angestrebt

Kläranlagen waren lange Zeit Energiefresser – bis ein Erlanger Unternehmen die Technik dahinter effizienter gemacht hat.

Was haben Shanghai, New York und Erlangen gemeinsam? Die Invent Umwelt- und Verfahrenstechnik AG in der Hugenottenstadt hat die Kläranlagen aller drei Städte mit modernster Technik ausgerüstet – wie in den letzten 20 Jahren in mehr als 8 000 Kommunen und Industriebetrieben weltweit. Es ist vor allem die Energieeffizienz, mit der das im Eltersdorfer Industriegebiet angesiedelte Unternehmen punktet.

Die Ausgangslage ist klar: Für die Städte und Gemeinden sind die Stromkosten, die für Kläranlagen anfallen, in der Regel der höchste Posten aller kommunalen Einrichtungen. Im Durchschnitt verschlingen sie laut Wikipedia 20 Prozent des gemeindlichen Energieverbrauchs. So benötigte man Anfang der 90er Jahre sechs bis sieben Watt Rührleistung pro Kubikmeter Wasser. Die Invent AG hat dies revolutioniert: Ihre Rührwerke aus glasfaserverstärktem Kunststoff statt teurem Edelstahl sind leicht, flexibel einsetzbar und korrosionsbeständig und benötigen in den von ihr ausgestatteten Abwasseranlagen nur noch eine Leistung von ein bis zwei Watt pro Kubikmeter – was unter dem Strich deutschlandweit Einsparungen in Millionenhöhe bedeutet. „Die Generation 7, seit zwei Jahren im Einsatz, ist um 30 Prozent effizienter und sparsamer als das ohnehin schon beste Rührwerk der Welt, unsere Generation 6“, sagt Vorstandsvorsitzender Dr.-Ing. Marcus Höfken. Statt vorher einteilig, werden die neuesten Rührwerke aus acht Einzelteilen produziert, die Rippe wurde entgegen der Strömungsrichtung konstruiert. Bei einer Kläranlage ist es wichtig, dass der Beckeninhalt sicher umgewälzt wird und sich am Boden kein Schlamm absetzt. Invent hat daher ein neues Rührwerk entwickelt, das sich zentrisch in der Mitte des Beckens befindet und der natürlichen Strömung nachempfunden ist – laut Höfken „ein radikaler Ansatz, der heute Standard in der Wasser- und Abwasserreinigung ist“.

Und auch bei der Belüftung – in den Klärbecken ist eine bestimmte Sauerstoffkonzentration notwendig – wirken sich die Entwicklungen der Erlanger Experten aus. So befindet sich beim Regelsystem von Invent die Messsonde in einer Haube über statt im Wasser, misst also den Sauerstoffgehalt in der Abluft statt im Becken. Das liefert bei den Sauerstoff- und Kohlendioxid-Analysen erheblich genauere Daten. Ergebnis: 30 Prozent weniger Energieaufwand durch eine feinere Dosierung der Sauerstoffzugabe. Höfken: „Mit revolutionär besseren Produkten haben wir einen Vorsprung von vielen Jahren gegenüber unseren Mitbewerbern.“

Kläranlagen waren lange Zeit im Spitzenbereich der Energiefresser angesiedelt, ohne dass jemand viel Aufhebens um dieses Problem gemacht hätte. Es gab keine echten Innovationen, lediglich leicht modifizierte Kopien altbekannter Produkte – bis Invent Mitte der 80er Jahre als Spin-Off des Lehrstuhls für Strömungsmechanik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg unter Prof. Dr. Franz Durst gegründet wurde und sich des Problems annahm. Denn, so Höfken: „Gute Ideen können nur ihre Wirkung entfalten, wenn man sie zu kommerziell vermarktbaren Produkten oder Dienstleistungen entwickelt.“ 1995 entstand Invent in seiner heutigen Ausrichtung durch ein Management-Buy-out, 2003 wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Heute gehört die AG vornehmlich drei Hauptgesellschaftern, angeführt von Marcus Höfken.

Mittlerweile wuchs Invent zu einem global tätigen Unternehmen mit einem Gruppenumsatz von etwa 27,5 Mio. Euro, davon wird ein knappes Drittel in den USA, und zwei bis drei Mio. Euro in China erzielt. Pro Jahr ist ein Wachstum von fünf Prozent eingeplant. Der Marktanteil an Rührwerken in Europa könnte in einzelnen Ländern bis zu 70 Prozent betragen, vermutet Höfken. Zwei Drittel der weltweit 125 Mitarbeiter sind in Eltersdorf, auf dem im Dezember 2008 errichteten, 7 000 Quadratmeter großen Firmengelände tätig. Zur Unternehmensgruppe gehört seit 2016 auch die Geppert Rührtechnik GmbH im südhessischen Erzhausen, die sich mit mehr als 40-jähriger Erfahrung auf die Lieferung von Prozessrührwerken für alle Anwendungen in stoffverarbeitenden Industrien spezialisiert hat. Invent-Tochterfirmen existieren außerdem in New Jersey in den USA, im australischen Orange, im italienischen Monza und in Sharjah in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Diese Niederlassung befasst sich auch mit Anlagen zur Trinkwasseraufbereitung – ein Unternehmensbereich, der etwa zehn bis 15 Prozent zum Umsatz beiträgt.

Die Zukunft sieht Höfken positiv: „Wir sind in unserem Markt absoluter Technologieführer. Ich wünsche mir, dass wir in ein paar Jahren, ohne rot zu werden, behaupten können, Weltmarktführer zu sein“, sagt der Vorstandsvorsitzende. „Dazu müssen wir zwar noch etwas wachsen, aber wir arbeiten hart daran.“ Die geplanten Zuwächse scheinen realistisch angesichts des hohen Bedarfs an Kläranlagen, die neu gebaut oder erweitert werden müssen – gerade auch in Entwicklungsländern, wo mancherorts entsprechende Anlagen fehlen und erst ein kleiner Teil der Bevölkerung angeschlossen ist. Und neben öffentlichen Auftraggebern warten Kunden aus der gesamten stoffverarbeitenden Industrie auf die effizienten, robusten und verschleißarmen Anlagen aus Eltersdorf. Dort kann man in verschieden großen Modellen Strömungen simulieren und in einem Tank mit zehn Metern Durchmessern und bis zu acht Metern Wassertiefe die echten Rührwerke praxisnah in Augenschein nehmen. Die Technik des 3D-Druckers hat auch bei Invent Einzug gehalten. „Heute kann man damit innerhalb von ein oder zwei Tagen ein Rührwerk oder einen Propeller herstellen und gleich testen. In den 90er-Jahren musste man wochenlang dafür dengeln und löten“, erklärt Höfken, der den Vorstand zusammen mit Volker Horst und Erin Donze bildet. Je nach Kundenwunsch übernimmt sein Unternehmen auch das komplette Anlagendesign, Engineering, Projektmanagement, die Lieferung und Montage sowie die Inbetriebnahme der Gesamtanlage.

„Wasser ist der Ursprung und Quell allen Lebens“, sagt der Vorstandsvorsitzende und meint damit die Verantwortung, Wasser auch künftigen Generationen in hoher Qualität zur Verfügung zu stellen. „Der Schutz, die Erhaltung und – wo notwendig – die Wiederherstellung unserer Umwelt wird auch in Zukunft eine der wichtigsten Aufgaben unserer Gesellschaft bleiben.“

Autor/in: 

(ug.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2018, Seite 92

 
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