In neue Rollen schlüpfen
Die Corona-Pandemie hat so manche Geschäftsmodelle umgekrempelt – auch das von Ursula Richter und Edith Gullmann.


Die beiden betreiben einen Kostümverleih in der Solgerstraße westlich der Nürnberger Altstadt. „Wir hatten zuvor gute Zahlen“, so Gullmann, die seit 2000 im Unternehmen dabei ist. Doch dann kam die Pandemie: „Wir hatten ein Jahr zu, uns fehlte ein ganzes Geschäftsjahr.“ Die beiden Unternehmerinnen erhielten Corona-Hilfen, die sie nicht zurückzahlen mussten. Ein „Weiter so“ gab es danach aber nicht: Die beiden Verkleidungs-Expertinnen beschlossen, sich von Saisonveranstaltungen ein Stück weit unabhängig zu machen. Anlässe wie Fasching, Halloween, Ostern und Weihnachten sorgen zwar immer noch für Nachfrage. Aber das Faschingsgeschäft sei beispielsweise weniger geworden, es gebe mehr Privatpartys, erklärt Gullmann. Zudem wollten sie sich vom Markt abheben, auf dem es sehr viele Billigkostüme gebe: „Die Sachen sind teilweise so günstig im Internet zu bekommen, da können und wollen wir gar nicht mitmachen“, sagt die Geschäftsfrau.
Deshalb setzen sie noch mehr auf hochwertige Kleidungsstücke und haben dafür auch mehr Platz im Laden geschaffen. Zudem spezialisierten sie sich auf Team-Events, beispielsweise für Firmen, deren Beschäftigte sonst nur virtuell per Videotelefonie zusammenarbeiten. Diese Veranstaltungen dienen dem „Teambuilding“, sollen also das Zusammengehörigkeitsgefühl unter Kolleginnen und Kollegen stärken. Dabei erzählen sie etwa, warum sie sich für eine bestimmte Verkleidung entschieden haben. Auch Foto-Shootings für Familien oder Krimi-Dinner sind möglich. Ein weiterer Absatzmarkt sind Filmproduktionen: So stellten Richter und Gullmann beispielsweise Kleidungsstücke für einen Dreh des Doku-Dramas „1806 – die Nürnberg-Saga“ zur Verfügung, das 2021 vom Bayerischen Rundfunk produziert wurde.

Künftig wollen sich die beiden Unternehmerinnen noch stärker im Event-Bereich engagieren, aber auch das Geschäft im Bereich Film und Bühne ausbauen: „Da haben wir gemerkt, was wir für ein Potenzial haben“, sagt Gullmann. Mit Blick auf eine Unternehmensnachfolge gibt es allerdings noch keine konkreten Pläne. Beide haben Töchter, die sie auch in ihrem Kostümverleih sprichwörtlich großgezogen haben, jedoch haben diese eigene Berufe. „Wir überlegen uns, früher oder später das Geschäft abzugeben, wollen aber aktuell noch ein paar Sachen ausprobieren“, sagt Gullmann. Mittlerweile kennen sich die beiden seit 30 Jahren, sind seit 25 Jahren Geschäftspartnerinnen und dabei nach wie vor befreundet, wie sie betont. „Ich höre immer wieder von Geschäften, wo man sich zerstreitet, das ist uns in all den Jahren zum Glück nicht passiert.“
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