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Weiterhin dicke Luft

Stinkende Aschenbecher. Kollegen, die am Arbeitplatz unfreiwillig eingenebelt werden. Das gehört nun der Vergangenheit an. Mit Inkrafttreten der Betriebssicherheitsverordnung wird auch der Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz novelliert. Grund zum Aufatmen? Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) kritisiert die Regelungen als überflüssig und unzureichend: Die neuen Regelungen seien stark interpretationsbedürftig und führten somit zu keiner größeren Rechtssicherheit für die Unternehmen.

Bisher wurde in der Arbeitsstättenverordnung nur der Nichtraucherschutz in Pausen-, Bereitschafts- und Liegeräumen ausdrücklich geregelt. Die Frage, wie der Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz auszusehen hat, wurde anhand der allgemeinen Gesundheitsschutzklauseln festgelegt. Viele Unternehmen sind auch schon bisher mit guten und erfolgreichen Beispielen vorangegangen und haben zahlreiche Anstrengungen unternommen, um den Ausgleich zwischen Rauchern und Nichtrauchern durch Betriebsvereinbarungen, Arbeitsplatzumsetzungen etc. in ihren Betrieben zu wahren.

Der neue Paragraph § 3a der Arbeitstättenverordnung besteht nur aus zwei kurzen Absätzen, dennoch wird er für einigen Zündstoff im angespannten Verhältnis zwischen Rauchern und Nichtrauchern am Arbeitsplatz führen. Ziel der Novelle war es, die Rechtssicherheit für Unternehmen so zu erhöhen, dass teure Rechtsstreitigkeiten zwischen rauchenden und nicht rauchenden Arbeitnehmern sowie den Arbeitgebern nicht mehr vor den Gerichten ausgetragen werden müssen. Leider ist dieser hehre Vorsatz nach Auffassung der IHK-Organisation im Gesetzgebungsverfahren unter die Räder gekommen: Die beiden neuen Absätze seien erheblich auslegungsbedürftig. Die gewünschte Rechtssicherheit werde wohl erst nach etlichen Konkretisierungen durch Gerichtsurteile vorliegen.

Eingebettet ist die Verschärfung des Nichtraucherschutzes in die so genannte Betriebssicherheitsverordnung, die eine ganze Reihe von Rechtsvorschriften aus dem Bereich Arbeitssicherheit zusammenfasst und novelliert. Die so genannte Betriebssicherheitsverordnung ist im Bundesgesetzblatt vom 2. Oktober 2002 (S. 3777 ff.) verkündet. Die Regelung zum Nichtraucherschutz ist damit am 3. Oktober 2002 in Kraft getreten.

Von Klarheit keine Spur
Ziel der Novelle war es, die Rechtssicherheit zu verbessern und möglichst viele potenzielle Verfahren außergerichtlich zu klären. Während bisher das Arbeitsgericht zwischen Arbeitnehmern und Arbeitsgebern bezüglich der betrieblichen Fürsorgepflicht schlichten musste, haben die Arbeitnehmer nach der Arbeitsstättenverordnung gegenüber dem Arbeitgeber nun einen ausdrücklichen Anspruch auf Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz. Das Gewerbeaufsichtsamt – je nach Landesrecht – kontrolliert die Einhaltung der Arbeitsstättenverordnung und damit den Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz.

Was sich hier wie ein gelungenes Konzept liest, ist, so der DIHK, in Wirklichkeit allerdings eine überflüssige Mogelpackung: § 3a ist schwammig formuliert und lässt die gewünschte Klarheit vermissen. Für Betriebsräume, die dem Publikumsverkehr offen stehen, gelten eingeschränkte Regelungen.

Totales Rauchverbot?
In jedem Fall empfiehlt die IHK-Organisation den Unternehmern, die Situation im eigenen Unternehmen unter die Lupe zu nehmen und mit den Arbeitnehmern gemeinsame Lösungen zu entwickeln. Können rauchfreie Arbeitsplatzzonen geschaffen werden, Arbeitsplätze in andere Räume werden? Der Unternehmer sollte entsprechende Vereinbarungen, die auch von Abteilung zu Abteilung unterschiedlich sein können, treffen, um Konflikte zu vermeiden. Vielen Unternehmen wird es wegen der betrieblichen Abläufe oder aus finanziellen Gründen nicht möglich sein, Raucher und Nichtraucher räumlich zu trennen. Insbesondere kleine oder mittlere Unternehmen können hierdurch vor nicht überwindbare Hürden gestellt werden. Ihnen wird durch die Novellierung der Arbeitsstättenverordnung in vielen Fällen nichts anderes übrigbleiben, als ein totales Rauchverbot in ihren Betrieben zu erlassen. Vereinbarungen für Rauchverbote, (Nicht-) Raucherzonen etc. sollten immer schriftlich niedergelegt werden. Ob die Novelle der Arbeitsstättenverordnung dem Betriebsklima und damit auch der Produktivität nützt, bleibt mehr als fraglich. Annika Böhm / Dr. Tibor Müller

Quelle: Bundesgesetzblatt vom 2. Oktober 2002, Teil 1, S. 3777 ff.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2002, Seite 34

 
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