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Ungehobene Schätze der Städte und Gemeinden

Die von der EU vorangetriebene Liberalisierung und der zunehmende Wettbewerb bieten Chancen für die Kommunalwirtschaft. Darauf wiesen die Experten beim „Tag der kommunalen Unternehmen“ hin, den Rödl & Partner, Nürnberg, und der in Köln ansässige Verband kommunaler Unternehmen (VKU) erstmals in Nürnberg veranstalteten. Kommunale Unternehmen aus den drei Bereichen Energie, Strom und Gas, Wasserver- und -entsorgung sowie Abfallwirtschaft könnten einen wichtigen langfristigen Beitrag zur Sicherung der kommunalen Finanzen leisten.

Voraussetzung sei allerdings, dass die Kommunen lernen, ihre Beteiligungen professionell zu managen, so Martin Wambach, Geschäftsführender Partner von Rödl & Partner. Die Entlastung für die öffentliche Hand könne in drei Schritten erfolgen: Zunächst müssten die Gemeinden das Portfolio ihrer kommunalen Beteiligungen und Betriebe prüfen und bei Bedarf bereinigen mit dem Ziel, alle Leistungen konsequent am Kunden- und Bürgernutzen auszurichten. Dann müsse die Struktur der Unternehmen insgesamt modernisiert werden. Und schließlich könnten kommunale Unternehmen als Plattform für die betriebswirtschaftliche Modernisierung von Städten und Gemeinden ganz allgemein genutzt werden. Dies gelte insbesondere für die Einführung moderner Steuerungssysteme, Rating, Benchmarking, Controlling und Marketing. Einer vorschnellen Privatisierung der Kommunalbetriebe erteilte er ebenso wie VKU-Hauptgeschäftsführer Michael Schöneich eine Absage. „Kommunale Unternehmen sind wahre Schätze, die von manchen Städten noch nicht gehoben wurden“, so Schöneich, dessen Verband 1 400 Mitgliedsunternehmen vertritt. „Das Tafelsilber kann man immer nur einmal verkaufen!“

Die Energierechtsnovelle 1998 sei der Startschuss für mehr Wettbewerb gewesen und man sehe die EU als Impulsgeber hierbei unbeirrt vorgehen. „Wagenburg-Mentalität bringt nichts. Wir müssen uns auf ein neues Zeitalter einstellen.“ Die Liberalisierung im Strom- und Energiebereich habe die Branche gut bewältigt, wenngleich die Zahl der Mitarbeiter in den letzten Jahren um etwa 20 000 zurückgegangen sei. Das Einsparpotenzial sei jedoch bei weitem nicht ausgeschöpft. Allerdings könne man für den Wettbewerb in der Wasserwirtschaft nicht die gleichen Kriterien anlegen wie beim Strom. Wasser sei schließlich ein Lebens-, ja ein Grundnahrungsmittel und daher „hochsensibel“. Schöneich sprach sich deshalb klar gegen einen europäischen Durchleitungswettbewerb über fremde Netze wie beim Strom aus. Ein Wettbewerb um Betriebskonzessionen sei aber auch hier unvermeidbar, wodurch die Versorgungsdienstleistung künftig einem Ausschreibungszwang unterliegen werde.

Für die bayerische Wasserversorgung, die mit rund 2 800 Unternehmen vergleichsweise kleinteilig ist, stehen somit neben einer Bestandsgarantie vielfältige Formen der Kooperation über Zweckverbände, Public-Private-Partnerships, Zusammenschlüsse und Ähnliches offen, um dem Wettbewerb zu begegnen. Wichtig ist dem Verband jedoch, dass es ein Wahlrecht für die Kommunen geben muss, auf welche Weise sie ihren Aufgaben nachkommen wollen. Am Ende dieses Prozesses könnte es eine Zweiteilung dergestalt geben, dass einerseits Wettbewerbsunternehmen entstehen, die wie jedes Unternehmen der Privatwirtschaft ohne Beschränkungen, aber mit zwingender Ausschreibungspflicht am Markt agieren. Andererseits könnten weiterhin klassische Infrastrukturdienstleister im kommunalen Bereich bestehen, die als „in-house-Konstruktionen“ und ohne Ausschreibungszwang, aber auch ohne Expansion über die Körperschaftsgrenzen hinaus ihre kommunalen Pflichtaufgaben erledigen. Bereits jetzt bestehe eine Dreiteilung der Dienstleistungsunternehmen in rein privatwirtschaftliche, rein öffentliche und privat-öffentliche Mischformen.

De.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2003, Seite 16

 
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