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Jagd auf Schnäppchen

Wer bei Zwangsversteigerungen mitbietet, hat die Chance auf günstige Immobilien. Er kann aber auch böse reinfallen.

Bürogebäude, Praxisräume, Lagerhallen oder gewerbliche Objekte in Nürnberg, Fürth, Schwabach, Schwaig oder Langenzenn? Einige Dutzend Objekte stehen zurzeit in Mittelfranken zur Versteigerung, weil sich die Eigentümer die gewerblich genutzten Häuser und Hallen nicht mehr leisten können. Doch wer meint, bei Zwangsversteigerungen ein Eldorado für Schnäppchenjäger vorzufinden, sieht sich getäuscht. Nach Angaben der Berliner Stiftung Warentest erzielen beispielsweise Eigentumswohnungen bei Zwangsversteigerungen im Schnitt 60 bis 70 Prozent des Verkehrswertes, Einfamilienhäuser 75 bis 90 Prozent. Schnäppchen wie im Schlussverkauf sind also nicht zu erwarten, wenn Immobilien unter den Hammer kommen. Objekte, die weniger als die Hälfte des Verkehrswertes erzielen, sind nach Einschätzung der Warentester, meist besonders unattraktiv. Aber wer bei einer Immobilie im Wert von 500 000 Euro mit 80 Prozent zum Zuge kommt, hat immerhin 20 Prozent gespart – und das sind beachtliche 100000 Euro.

Wer bei den öffentlichen Versteigerungen mitbieten will, sollte sich allerdings gründlich vorbereiten. Denn wer bei der Auktion den Zuschlag erhält, ist der neue Besitzer, egal ob sich das Objekt dann als überbezahlter Sanierungsfall oder als günstig erstandenes Traumbüro entpuppt. Die meisten Immobilien werden im Rahmen einer Zwangsvollstreckung versteigert, also zum Beispiel auf Antrag einer Bank, wenn der Eigentümer die Raten für den Kredit nicht mehr zahlen kann. Aber es kommen auch Objekte unter den Hammer, weil sich eine Erbengemeinschaft über einen Verkauf der Immobilie nicht einigen kann.

Vorab sollten Interessenten möglichst viele Informationen über die Immobilie zusammentragen. Beim Amtsgericht können sie vor der Versteigerung das gerichtliche Verkehrswertgutachten einsehen, das von einem Sachverständigen erstellt wird. Aber Vorsicht – wenn der Sachverständige keinen Zutritt zum Objekt hatte, wird ein Wert angegeben, der vom normalen Erhaltungszustand ausgeht. Immerhin wird in solchen Fällen ein Sicherheitsabschlag vorgenommen, um die Bieter vor einem Renovierungs-Reinfall zu bewahren. Einen Anspruch auf Einlass zu Besichtigungszwecken haben Interessierte nicht. Wer nicht hineingelassen wird, sollte sich überlegen, ob er überhaupt mitbieten will.

Wichtig ist außerdem das Grundbuch, in dem alle Lasten und Rechte eingetragen sind, zum Beispiel bleibende Grundschulden oder Wegerechte. Um eine wirkungsvolle Biet-Strategie zu entwickeln, so die Immobilien-Experten der Commerzbank, ist ein Gespräch mit dem Hauptgläubiger empfehlenswert. Im besten Fall kann der Interessent herausbekommen, wo die finanzielle Schmerzgrenze des Gläubigers liegt. Auf jeden Fall muss ein Versteigerungsinteressent sein eigenes Limit genau festlegen. Und während der Auktion darf er sich auf keinen Fall von höher liegenden Geboten mitreißen lassen und seine eigene Finanzkraft hoffnungslos überfordern.

Zur Versteigerung selbst muss der Bieter nicht nur einen gültigen Personalausweis oder Reisepass mitbringen, sondern auch Bargeld oder einen von der Landeszentralbank LZB ausgestellten Scheck. Der Interessent muss nämlich zehn Prozent des Verkehrswertes als Sicherheitsleistung beim Gericht hinterlegen. Wenn der Bieter den Zuschlag erhält, muss noch die Gläubigerbank zustimmen, die Kaufsumme selbst ist dann innerhalb der folgenden sechs bis acht Wochen fällig. Selbstverständlich wird nach dem Erfolg bei der Versteigerung dann auch die Grunderwerbssteuer fällig, und der neue Eigentümer muss die Notar- und Grundbuchkosten übernehmen.

hpw.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2005, Seite 32

 
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