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LGB

Fahrt ins Ungewisse

Beim zahlungsunfähigen Nürnberger Modelleisenbahn-Unternehmen Ernst Paul Lehmann Patentwerk OHG laufen die Bänder vorerst weiter. Für die Dauer von drei Monaten sind Produktion und Arbeitsplätze im Werk Nürnberg-Altenfurt durch das Insolvenzausfallgeld der Arbeitsagentur gesichert. Im September musste der Hersteller der weltberühmten Lehmann-Groß-Bahn (LGB) Insolvenzantrag beim Amtsgericht Nürnberg stellen, nachdem die Banken die Kreditlinien gesperrt hatten. Jetzt hofft das Familienunternehmen, das in diesem Jahr sein 125-jähriges Bestehen feierte, auf neue Investoren und frisches Geld.

Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly und Wirtschaftsreferent Dr. Roland Fleck hatten schon seit geraumer Zeit zwischen den Banken und dem angeschlagenen Unternehmen vermittelt, um einen Ausweg zu finden. Doch nachdem die Eigentümer ohne Absprache mit den Banken ihre amerikanische Vertriebsgesellschaft an ein US-Unternehmen verkauften, drehten die Banken den Geldhahn zu. Dabei lagen Umsatz- und Auftragsabwicklung nach Angaben des Unternehmens „im Plan“. 2005 hatte der Umsatz 30 Mio. Euro betragen.

1968 stellten Eberhard und Wolfgang Richter mit der Lehmann-Groß-Bahn die erste Modellbahn der Welt für drinnen und draußen vor. Die LGB war die erste Modelleisenbahn in der Spurweite „G“ (Maßstab 1:22,5 und damit viermal so groß wie die Spur H0). Das System fand schnell Anhänger, auch in Übersee. Dies lässt sich im rund 750 Produkte umfassenden Katalog ablesen: Dampf-, Diesel- und Elektrolokomotiven, Güter- und Personenwagen sowie Gleise und Zubehör sind darin gelistet, darunter auch zahlreiche Modelle amerikanischer Eisenbahngesellschaften. Zu den Kunden zählen Liebhaber und Sammler ebenso wie Kinder, für die vor einigen Jahren die preiswerteren Produktlinien Gnomy und Toytrain ins Leben gerufen worden waren. Dennoch schrieb die amerikanische Tochtergesellschaft LGB of Amerika Verluste, was letztlich zu ihrem Verkauf führte.

Die Flaute in der Modellbahnbranche, die bereits Hersteller wie den Branchenprimus Märklin aus der Bahn geworfen hatte, ging auch an LGB nicht spurlos vorüber. Der Absatz ging zurück; asiatische Billigprodukte setzten dem Unternehmen, das ausschließlich am Standort Nürnberg und zum Teil noch in Handarbeit produziert, zu. Das einzige Auslandswerk der Nürnberger wurde bereits 2004 geschlossen, die Aufträge von Tschechien nach Nürnberg zurückgeholt. Vor allem im Hinblick auf das bevorstehende Weihnachtsgeschäft produzieren die 150 Mitarbeiter nun weiter.

Autor/in: 
mei.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2006, Seite 74

 
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