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Verbraucherpolitik auf Abwegen

Die EU-Kommission plant neue Regelungen zu Lasten der Unternehmen. DIHK übt deutliche Kritik.

Anfang des Jahres hatte die Kommission ein Grünbuch zur „Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstandes im Verbraucherschutz“ vorgelegt, das zurzeit im EU-Parlament diskutiert wird. Hierin unterbreitet sie Vorschläge zur Überarbeitung verschiedener Richtlinien, die insbesondere den Abschluss von Kauf- und Dienstleistungsverträgen betreffen.

Direkthaftung für Produzenten: Besonders massive Auswirkungen hätte der Vorschlag einer Direkthaftung von Herstellern. Verbraucher könnten ihre Ansprüche wegen Produktfehlern dann nicht nur beim Händler, sondern unmittelbar gegenüber Produzenten gelten machen. Die Hersteller müssten dann eigene Rücknahmesysteme aufbauen und sich unmittelbar mit Verbraucherbeschwerden sowie der Abwicklung von Sachmängelansprüchen befassen.

Verschärfte Garantiehaftung: Ebenfalls weit reichend wäre die Verschärfung der Garantiehaftung. Offenbar denkt die Kommission daran, bei einer Verletzung von Informationspflichten die Garantiezeit zwangsweise auf die gesamte „Produktlebenszeit“ auszudehnen. Der Vorschlag übersieht nach Auffassung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), dass Garantien freiwillige Zusicherungen und Qualitätsversprechen des Herstellers bzw. des Verkäufers sind. Wenn man solche mit überzogenen Rechtsfolgen versieht, müsste jedem Unternehmen dringend abgeraten werden, solche Zusagen noch weiterhin abzugeben.

Ausdehnung der Beweislastumkehr: Spürbare Konsequenzen hätte auch die zeitliche Ausdehnung der Beweislastumkehr von derzeit sechs auf 24 Monate. Die Unternehmen müssten dann für den Zeitraum von zwei Jahren den Beweis dafür erbringen, dass die Schadensursache nicht bei Übergabe der Ware vorlag, sondern auf fehlerhafte Benutzung oder z.B. Verschleiß zurückgeführt werden muss. Missbrauch seitens des Verbrauchers würde hierdurch Tür und Tor geöffnet.

Einschränkung der Vertragsfreiheit: Bereits in den vergangenen Jahren wurde die Vertragsfreiheit (z.B. bei Haftungsklauseln) zunehmend eingeschränkt. Nach den Vorschlägen des Grünbuchs könnte jetzt auch der letzte Gestaltungsspielraum bei Verbrauchergeschäften entfallen. So wird erwogen, die gerichtliche Überprüfung von Vertragsklauseln – so wie sie zurzeit für Allgemeine Geschäftsbedingungen vorgesehen ist – auch auf individuell ausgehandelte Vereinbarungen zwischen Käufer und Verkäufer zu erstrecken. Und sogar der Preis selbst könnte einer gerichtlichen Angemessenheitsüberprüfung unterzogen werden.

Ziel einer effizienten europäischen Verbraucherpolitik muss es aus Sicht der IHK-Organisation sein, die Interessen von Verbrauchern und Unternehmen in einen sinnvollen Ausgleich zu bringen. Der Verbraucherschutz dürfe nicht zu einer Bürde werden, die insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen im europäischen Wettbewerb untragbar wäre.

Der DIHK plädiert für eine besonnene Reform: Insbesondere dürften die Vertragsfreiheit nicht weiter beschnitten und Haftungs- sowie Beweislastregeln nicht zulasten der Unternehmen verschärft werden. Die Einführung einer Direkthaftung für Hersteller, die Verschärfung der Garantiehaftung und die Ausdehnung der Beweislastumkehr bei Kaufverträgen lehnt der DIHK deshalb strikt ab. Er wird sich im weiteren Konsultationsprozess in diese Richtung deutlich äußern.

Autor/in: 
Dr. Christian Groß, DIHK
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2007, Seite 14

 
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