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GmbH-Geschäftsführer

Haftung verschärft

Die Haftungsrisiken für Geschäftsführer sind ohnehin erheblich. Durch das „Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen“ (MoMiG) werden sie noch erweitert. Von Hans-Georg Woertge

Der Geschäftsführer einer GmbH ist mit einer Vielzahl von Haftungsrisiken konfrontiert. Er kann aus verschiedensten Gründen von der Gesellschaft und den Gesellschaftern (Innenhaftung), aber auch unter bestimmten Voraussetzungen von außenstehenden Dritten (Außenhaftung) in Anspruch genommen werden. Außerdem kommt, insbesondere in Zusammenhang mit dem Gründungsvorgang oder in einer Krise auch eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Geschäftsführers in Betracht.

Mit dem am 1. November 2008 in Kraft getretenen "Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG)" werden die ohnehin schon erheblichen Haftungsrisiken für GmbH-Geschäftsführer weiter ausgebaut. Wie ein roter Faden zieht sich durch das Gesetz die Tendenz, die Haftung für die auf diesem Gebiet auch nach bisherigem Recht schon in hohem Maße belasteten Geschäftsführer noch zu verschärfen. Beispiele hierfür sind die nachfolgenden Regelungen:

Das MoMiG bringt in § 19 Abs. 4 GmbH-Gesetz (GmbHG) eine Neuregelung zur verdeckten Sacheinlage. Nach der Neufassung von § 19 Abs. 4 GmbHG sind nunmehr Verträge über die Sacheinlage und die Rechtshandlungen zu ihrer Ausführung – entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) – nicht unwirksam. Es wird nur der Wert des als Sacheinlage gegebenen Vermögensgegenstandes auf die Einlageverpflichtung angerechnet. Dies führt zu Haftungsrisiken des Geschäftsführers, und zwar in zivil- als auch strafrechtlicher Hinsicht.

Aus der Anrechnungslösung ergibt sich eine Verpflichtung des Geschäftsführers zur Prüfung der Werthaltigkeit der Sacheinlage, die er zweckmäßigerweise ausreichend dokumentieren sollte. Es drohen nämlich ansonsten zivilrechtliche Schadensersatzansprüche (gemäß § 43 Abs. 2 bzw. § 9 a Abs. 1 GmbHG). Strafrechtlich könnten sich Probleme ergeben, weil die Versicherung nach § 8 GmbHG, die Geldeinlage sei durch Anrechnung erloschen, nicht zutrifft.

"Hin- und Herzahlen"
Der neue § 19 Abs. 5 GmbHG behandelt im Rahmen der Kapitalaufbringung das Hin- und Herzahlen. Es ist nun vorgesehen, dass die Rückzahlung an den Gesellschafter der ordnungsgemäßen Einlageleistung nicht entgegensteht, wenn sie durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch gedeckt ist, der jederzeit fällig ist oder durch fristlose Kündigung durch die Gesellschaft fällig werden kann. Zur Erfüllung der Einlageschuld kommt es also nur bei Vollwertigkeit und Liquidität des Darlehensanspruchs der Gesellschaft.

Dies bedeutet, dass der Geschäftsführer wiederum zu einer Werthaltigkeitsprüfung verpflichtet wird. Diese besteht darüber hinaus nicht in Zusammenhang mit der Erbringung der Einlage bei Gesellschaftsgründung, der Geschäftsführer wird vielmehr auch in der Folgezeit im Rahmen seiner organschaftlichen Pflichten (nach § 43 Abs. 2 GmbHG) zu laufender Beobachtung verpflichtet.

Cash-Pool-Systeme
Wie § 19 Abs. 5 GmbHG bei der Kapitalaufbringung, so begünstigt § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG die aus wirtschaftlichen Gründen für sinnvoll erachteten Cash-Pool-Systeme und sichert diese rechtlich ab. Danach gilt das Verbot der Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens der Gesellschaft nicht bei Leistungen, die durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind.

Dies eröffnet auf der anderen Seite Haftungsrisiken und Interessenkonflikte für den Geschäftsführer. Dieser muss beurteilen, ob die Voraussetzung eines vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruchs gegen den Gesellschafter erfüllt ist, dieser also ausreichend liquide ist. Auch hier bleibt der Geschäftsführer – ebenso wie bei § 19 Abs. 5 GmbHG – in der Folgezeit zur Beobachtung verpflichtet. Der Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft wird daher regelmäßig verlangen müssen, über die Lage der Muttergesellschaft zeitnah, umfassend und wahrheitsgemäß informiert zu werden, was in Konzernstrukturen durchaus zu Problemen führen kann.

Zahlungshaftung
Eine weitere Haftungsverschärfung wird durch die Zahlungshaftung der Geschäftsführer gem. § 64 S. 3 GmbHG eingeführt. Danach ist eine Ersatzpflicht der Geschäftsführer für Zahlungen an Gesellschafter vorgesehen, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten, es sei denn, dass dies aus der Sicht eines ordentlichen Geschäftsmannes nicht erkennbar war. Die Regelung tritt in Ergänzung zu der von der Rechtsprechung entwickelten Existenzvernichtungshaftung. Sie richtet sich aber nicht an die Gesellschafter, sondern an die Geschäftsführer, wobei die Voraussetzungen für eine Haftung weniger streng sind als bei dem Gesellschafter.

Die Norm führt – zumindest bis zu weiteren Klärungen durch die Rechtsprechung – zu erheblicher Rechtsunsicherheit für Geschäftsführer. Unklar ist z.B., welchen Prognosezeitraum der Geschäftsführer bei der Prüfung zu beachten hat, ob eine Zahlung an Gesellschafter zur Zahlungsunfähigkeit führen musste. Insoweit sind durchaus auch Konflikte zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführern im Gesetz angelegt. In kritischen Fällen wird dem Geschäftsführer wohl zu raten sein, ein Gutachten unabhängiger Fachleute einzuholen, um nicht Gefahr zu laufen, in die Zahlungshaftung gem. § 64 S. 3 GmbHG zu geraten.

Insgesamt werden durch das MoMiG also erhebliche neue Haftungsrisiken für GmbH-Geschäftsführer eröffnet. Dies führt zu weitergehenden Prüfungs- und Beobachtungspflichten der Geschäftsführer. Dem Geschäftsführer wird anzuraten sein, die Erfüllung der vom Gesetz auferlegten Pflichten durch hinreichende Dokumentation festzuhalten einschließlich des Nachweises etwa hierbei eingeholten fachkundigen Rates. Auch könnten die Risiken Anlass für Geschäftsführer und Gesellschafter sein, die Möglichkeiten einer Absicherung von Haftungsrisiken noch eingehender zu prüfen, z.B. durch Abschluss von sogenannten D&O-Versicherungen.

Externer Kontakt: Dr. Hans-Georg Woertge, Greger Woertge Kunert ? Rechtsanwälte Steuerberater, Nürnberg, www.gwk-jurtax.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2008, Seite 24

 
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