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Bereitstellungszinsen

Engpässe umschiffen

Wie lassen sich Zinsen, die die Banken für nicht ausgenutzte Kreditlinien fordern, vermeiden? Von Thomas M. Hofmann, Grafik: Anton Atzenhofer.

In Bankengesprächen konfrontiert eine Reihe von Kreditinstituten die Unternehmen mit einer alten neuen Form der zusätzlichen Zinsbelastung: Für eingeräumte, aber nicht ausgenutzte Kreditlinien sollen die Unternehmen teilweise drei Prozent, manche sogar fünf Prozent und mehr an Bereitstellungsprovisionen bzw. Bereitstellungszinsen bezahlen. Viele Unternehmen werden mit dieser Forderung auf dem falschen Fuß erwischt, weil sie zwar über eine ausgefeilte Ertragsplanung verfügen, aber kein ausreichendes Instrumentarium für eine tagesbasierte Liquiditätsplanung haben.

Einfach das Kreditinstitut wechseln oder die Kreditlinien ohne verlässliche Liquiditätsplanung aus dem Bauch heraus zu reduzieren, kann sich schnell als Bumerang erweisen. Der Abbau von Beständen verschafft kurzfristig mehr finanziellen Spielraum. Aber wie sieht es in einigen Monaten aus, wenn entsprechend der Unternehmensplanung eine belastbare Prognose für unternehmensnotwendige Kreditlinien getroffen werden soll? Die Betriebe müssen also ihr Augenmerk auf zwei Dinge legen: Zum einen die Liquidität jederzeit sicherstellen und zum anderen sämtliche Finanzströme und das Zinsergebnis optimieren. Dazu gehört auch das Controlling der relevanten Geschäftsprozesse, die maßgeblichen Einfluss auf das Zinsergebnis haben, sowie eine integrierte Liquiditätsplanung möglichst ohne großen Verwaltungsaufwand.

Unterschiedliche Wege führen zur Minimierung der Bereitstellungszinsen. Ob eine tagesbasierte Liquiditätsplanung zum Einsatz kommen soll, hängt u.a. vom eigenen Geschäftsmodell, der Branche und dem Anspruch auf Zinsoptimierung ab. Je kritischer die Fremdmittelgeber die jeweilige Branche sehen, desto wichtiger werden die Güte der Liquiditätsplanungszahlen und der Detaillierungsgrad. Um den Aufwand für die Aufbereitung der Zahlen nicht ausufern zu lassen, hilft eine starke Automatisierung des Liquiditätsmanagements. Das Gleiche gilt bei der Ermittlung des tatsächlichen Zahlungsverhaltens der Kunden sowie hinsichtlich Risikoklassifizierung und Anzahl der Debitoren. Wer eine große Zahl von aktiven Debitoren überschauen muss und wer eine sehr genaue Kenntnis über das tatsächliche Zahlungsverhalten und die Risikoklassifizierung der Debitoren („Frühwarnsystem“) haben will, wird nicht um ein weitgehend automatisiertes Liquiditätsmanagement-Tool herumkommen. Im umgekehrten Falle gilt: Wer keine dynamische Prognose-Modelle benötigt, keine komplexen Prozessabläufe hat und nur wenige Informationsquellen einbinden muss, kann schon mit einer einfachen Liquiditätsplanung auf Excel-Basis grundsätzliche Überlegungen für eine Liquiditätsoptimierung anstellen.

Die Liquiditätsplanung bildet – ganz gleich ob manuell oder überwiegend automatisch erstellt – die Grundlage für die weitere Optimierung der Finanzströme. Aufgrund der prognostizierten Zahlungseingänge und -ausgänge wird in der Liquiditätsplanung u.a. die voraussichtliche Kontoentwicklung vorweggenommen und es werden der entsprechende Liquiditätsbedarf oder aber die Liquiditätsüberschüsse angezeigt. Nur wenn im Voraus bekannt ist, wann dem Unternehmen welche Liquidität zur Verfügung steht bzw. gebraucht wird, kann auch das Thema Minimierung der Bereitstellungszinsen angegangen werden.

Spezielle Software
Geeignete Software-Werkzeuge ermöglichen es schnell, Liquiditätsüberschüsse und den Liquiditätsbedarf pro Monat abzulesen. Liquiditätsunterdeckungen in einigen Monaten können womöglich durch Liquiditätsüberschüsse aus den Vormonaten ausgeglichen werden. Auf diesem Wissen kann eine Geldanlagestrategie aufgebaut werden, die auf den Liquiditätsbedarf abgestimmt ist. So können diese Fragen beantwortet werden: Wie lange kann ich meine liquiden Mittel anlegen? Wann brauche ich das Geld wieder, um eine Liquiditätsunterdeckung auszugleichen? Bei einer sorgfältigen Liquiditätsplanung ist in diesem Fall keine Kreditlinie erforderlich – es fallen auch keine Bereitstellungszinsen an. Trotz dieser grundsätzlich erfreulichen Liquiditätsentwicklung wird sich der Cash Manager mit weiteren Überlegungen beschäftigen: Lassen sich z.B. die Forderungsbestände reduzieren und ist sichergestellt, dass von allen skontofähigen Lieferantenrechnungen auch tatsächlich das Skonto gezogen werden kann? Durch diese Maßnahmen verbessert er die Skonto-Erträge für das Unternehmen und steigert die Zinseinnahmen.

Wenn aber keine Liquiditätspolster aus den Vormonaten (z.B. kurzfristig verfügbare Geldanlagen) vorhanden sind, besteht von Beginn an Handlungszwang für den Cash Manager, um Bereitstellungszinsen zu vermeiden: Welche kurzfristigen Bestandsveränderungen der Aktiva lassen sich „verflüssigen“? Gibt es Forderungen, die überfällig und kurzfristig einbringlich sind? Strukturell gilt, dass ein gut organisiertes Debitoren-Management und Mahnwesen ein maßgeblicher Pfeiler für eine gute Liquiditätslage darstellt. Je besser die Forderungsstruktur, desto besser auch die Liquiditätslage im Unternehmen.

Darüber hinaus können auch gezielt Anreize für die Kunden gesetzt werden, um schneller zu zahlen. Neben monetären Vergünstigungen (z.B. Skonto) kann auch die besondere Wertschätzung gegenüber dem Kunden und dem schnellen Zahler zum Ausdruck gebracht werden (z.B. Dankschreiben an Kunden). Je nach den Gepflogenheiten der Branche kann über die Höhe der Vorauszahlungen/Abschlagszahlungen auf die zu erbringende Lieferleistung maßgeblich die Liquidität verbessert werden. Ebenso ist auch ein Verkauf der Forderungen (Factoring) möglich.

Zahlungsziele verlängern
Auf der anderen Seite – bei den Auszahlungen – können Sie in Absprache mit dem Lieferanten längere Zahlungsziele vereinbaren. Halten Sie bei Zahlungsabsprachen immer Ihre Zusagen ein und verspielen Sie nicht Ihren Lieferantenkredit. Denn die Lieferantenkredite sind bei vielen Unternehmen deutlich höher als Bankkredite. Nicht eingehaltene Zusagen sprechen sich wie ein Lauffeuer in der Branche herum und können zu einer Kettenreaktion führen – auch bei den Warenkreditversicherern, die dann z.B. Auflagen erteilen oder Haftungskreditkürzungen vornehmen, mit fatalen Folgen für die Unternehmensliquidität.

Im Sinne der Liquiditätsoptimierung behält der Cash Manager auch immer die Warenbestände und die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe im Auge. Bei einer Optimierung lassen sich finanzielle Mittel freisetzen, die sonst nur zu Lasten der Liquidität gehen. Aber auch langfristige strukturelle Finanzierungsüberlegungen spielen eine Rolle: Welches Anlagevermögen ist betriebsnotwendig? Soll die Eigenkapitalbasis verbreitet werden? Welche Sicherheiten stehen für mögliche Kreditverhandlungen zur Verfügung?

Die genannten Maßnahmen helfen nicht nur dabei, Bereitstellungszinsen zu reduzieren oder zu vermeiden, sondern sie können auch das Finanzergebnis verbessern: entweder durch Reduzierung der Zinsaufwendungen und/oder Erhöhung der Zinseinnahmen. Durch die Verringerung der Bestände verbessern sich auch die Bilanzrelationen. So steigt beispielsweise die Eigenkapitalquote – eine wichtige Bilanzkennzahl des Unternehmens. Für den Einstieg in das Thema steht eine Excel-Tabelle für die Liquiditätsplanung unter www.in-toto.de (Rubrik „Mittelstand“) zur Verfügung.

Externer Kontakt:

Thomas M. Hofmann aus Roth ist Senior Consultant bei der in toto GmbH in Nussloch (http://www.in-toto.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2010, Seite 24

 
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