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Mediation

Der Konflikt als Chance

Die außergerichtliche Beilegung von Konflikten, die durch einen neutralen Mediator begleitet wird, trägt zu konstruktiven Lösungen bei. Das neue Mediationsgesetz verbessert die Möglichkeiten für dieses Verfahren deutlich. Von Christine Krieg

Die Mediation hat in den letzten Jahren in Europa stetig an Bedeutung gewonnen. Während sie in den romanischen Ländern, vor allem aber in Nordamerika seit langem ein etabliertes Verfahren ist, gewinnt sie hierzulande erst allmählich an Akzeptanz. Das Interesse an dieser außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten dürfte in Deutschland nun zunehmen: Denn nachdem die europäische Mediationsrichtlinie vom 21. Mai 2008 bereits geregelt hatte, wie Mediationsverfahren durchzuführen sind und wie deren Ergebnisse umgesetzt werden sollen, hat der deutsche Gesetzgeber mit dem neuen Mediationsgesetz vom 21. Juli 2012 nun nationale Festlegungen getroffen.

Bislang werden vielfach die Vorteile und Potenziale verkannt, die ein Mediationsverfahren für alle Beteiligten hat. Die Mediation bietet die Chance, die positiven Aspekte von Konflikten zu sehen und konstruktive Lösungen zu entwickeln. Sie ist sicherlich ein anspruchsvolles Verfahren, das den Beteiligten einiges abverlangt, gleichzeitig aber auch ein sehr demokratisches. Die Definition in § 1 des Mediationsgesetzes macht dies deutlich: Demnach ist die Mediation ein strukturiertes Verfahren, bei dem die Parteien mit Hilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konfliktes anstreben. Der Akzent liegt auf der Eigenverantwortlichkeit und Freiwilligkeit der Parteien, die im Verfahren auf einer Ebene stehen. Der Mediator hat darauf zu achten, dass beide Seiten auf gleicher Augenhöhe bleiben und dass deren Positionen gleich gewichtet werden. Allein dadurch unterscheidet sich die Methode von der anwaltlichen Interessenvertretung sowie vom gerichtlichen Verfahren.

Unterschiede im Gerichtsverfahren

Während im gerichtlichen Verfahren das Gericht über den Parteien steht, die meist von einem Anwalt vertreten werden, gehen die Parteien in der Mediation unmittelbar miteinander um. Der Mediator arbeitet dabei für den Erfolg des Verfahrens und die beteiligten Parteien. Damit ist im Verfahren selbst bereits die Wertschätzung für die Beteiligten angelegt, weil ihnen die Methode Reife und Kompetenz in eigenen Angelegenheiten von vornherein zutraut. Auf dieser Basis ist es möglich, Lösungen zu erarbeiten, die nachhaltig sind und die auf anderem Wege kaum vorstellbar oder erreichbar wären.

In der Mediation wird der Konflikt als solcher als etwas Positives gesehen, wodurch Veränderungen möglich werden. Der Konflikt selbst ist ein Zustand, der für die Beteiligten schwierig ist und ihnen zeigt, dass die bisher gelebte Art und Weise des gegenseitigen Umgangs nicht befriedigend ist. Indem der Konflikt analysiert und bearbeitet wird, öffnen sich Möglichkeiten und Räume, Neues zu schaffen und damit Fortschritte zu erreichen. Dies gilt für jede Art von Konflikt, aber insbesondere bei Konflikten innerhalb der Familie oder des Betriebes sowie zwischen Unternehmen kann die Methodik der Mediation innovative Veränderungen schaffen. Immer mehr Unternehmen haben dies erkannt und bewusst ein Konfliktmanagement entwickelt, weil dessen Vorteile monetär messbar sind.

Der Begriff Mediation sowie der Beruf des Mediators sind bislang nicht geschützt, weshalb in den vergangenen Jahren immer wieder gefordert wurde, Qualitätsstandards festzuschreiben. Grundsätzlich brauchte in der Vergangenheit ein selbsternannter Mediator keine Ausbildung, um seine Dienste anzubieten. In § 5 des Mediationsgesetzes wird nun klargestellt, dass der Mediator eine geeignete Ausbildung haben soll, wobei zwischen dem Mediator und dem zertifizierten Mediator unterschieden wird. Der zertifizierte Mediator muss bestimmte Anforderungen an die Aus- und Fortbildung erfüllen, die Details (z.B. Mindeststundenzahlen und Inhalte) sollen in einer Verordnung des Bundesjustizministeriums festgelegt werden. Bereits jetzt werden Zertifizierungen beispielsweise durch die großen Bundesverbände Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation e.V. (BAFM) und Bundesverband für Mediation e.V. (BM) vergeben sowie durch die Universität Heidelberg oder die IHK-Organisation. Diese Zertifizierungen gewährleisten allesamt hohe Standards und hohe Qualität.

Prinzip der Freiwilligkeit

Durch das neue Meditationsgesetz werden die Grundlagen des Verfahrens klar gestellt: Elementar ist dabei die Freiwilligkeit der Parteien, die das Verfahren jederzeit beenden können, aber auch das Konsensualprinzip, wonach alles im Einverständnis und mit Zustimmung der Parteien zu geschehen hat. Zur Sicherheit der Parteien regelt das Mediationsgesetz auch den Grundsatz der Verschwiegenheitspflicht, die ebenfalls eine grundlegende Voraussetzung für den Erfolg des Verfahrens ist.

Zentral ist auch die Regelung in § 2 Abs. 6 des Gesetzes: Die Parteien müssen stets auf die Möglichkeit hingewiesen werden, dass sie externe Berater hinzuziehen können. Denn die Nachhaltigkeit einer Einigung steht und fällt damit, dass diese rechtswirksam und damit umsetzbar ist. Im Idealfall sollte daher im Rahmen eines Mediationsverfahrens, in dem rechtliche Themen betroffen sind, dafür gesorgt werden, dass die Parteien die getroffene Vereinbarung überprüfen lassen. Soweit der Mediator auch eine juristische Ausbildung hat, kann bereits im Vorfeld der rechtliche Rahmen gesteckt werden, in dem sich eine Vereinbarung zu bewegen hat. Deshalb sollte jedoch die individuelle Überprüfung nicht entfallen.

Im Zusammenhang mit dem neuen Mediationsgesetz werden verschiedene andere Normen neu geregelt: Die Zivilprozessordnung sieht nun vor, dass bei der Erhebung einer Klage dargelegt werden soll, ob eine Mediation durchgeführt wurde oder ob bestimmte Gründe dem entgegenstehen. Ähnliches gilt für den familiengerichtlichen Bereich. Damit steht die Mediation neben anderen Verfahrensarten und wird entsprechend aufgewertet. All dies ist kein Widerspruch zum Prinzip der Freiwilligkeit, denn diese Normierungen sollen nur die Chance geben, möglichst frühzeitig die Mediation zu erwägen. Die Entscheidung darüber, ob eine Mediation tatsächlich durchgeführt bzw. ein laufendes Mediationsverfahren abgebrochen wird, obliegt allein der Eigenverantwortlichkeit der Parteien.

Zwar bleibt abzuwarten, wie sich das Gesetz künftig auswirkt, aber erste Konsequenzen in der Praxis sind schon zu beobachten: So haben einige Rechtsschutzversicherungen ihre Vertragsbedingungen soweit angepasst, dass auch Kosten für Mediationsverfahren vom Versicherungsumfang umfasst sein können. Bedauerlich ist dagegen, dass andere Anbieter von Rechtsschutzversicherungen ihren Versicherten eine Schmalspur-Mediation vorschreiben wollen, um Kosten zu sparen. Auch wenn die Durchführung einer Mediation in der Regel kostengünstiger sein dürfte als gerichtliche Verfahren durch mehrere Instanzen, darf die Qualität nicht leiden. Eine Mediation, die qualitativ hochwertig durch einen zertifizierten Mediator durchgeführt wird, hat ihren Wert. Denn die Ausbildung des Mediators bis hin zur Zertifizierung ist aufwändig und anspruchsvoll, weshalb eine angemessene Honorierung gerechtfertigt ist.

Schließlich ist die Mediation mehr als nur ein Verfahren, sie steht auch für eine bestimmte Haltung im Umgang mit Konflikten: Mediation ist positiv, sie gibt Zuversicht, sie ist wertschätzend und schafft Raum für Veränderung. All das hat der Gesetzgeber unterstützt und hierzu einen gesetzlichen Rahmen gegeben, den es nun auszufüllen und umzusetzen gilt. Die Mediation als Chance ist nun Gesetz!

Mediationszentrum der IHK

Die IHK Nürnberg für Mittelfranken informiert Mitgliedsunternehmen über die Möglichkeiten der Mediation und der außergerichtlichen Beilegung von geschäftlichen Streitigkeiten. Seit 2007 gibt es bei der IHK das Mediationszentrum, das u.a. folgende Dienstleistungen anbietet:

  • Bereitstellung von Musterklauseln bzw. -vereinbarungen für Mediationsverfahren
  • moderne Verfahrensordnung für kaufmännische Streitigkeiten
  • Unterstützung bei der Anbahnung von Mediationsverfahren
  • Benennung von kompetenten und neutralen Wirtschaftsmediatoren
  • Begleitung von Mediationsverfahren
Autor/in: Christine Krieg, ist „Mediatorin BAFM“ und von der Universität Heidelberg zertifizierte Mediatorin sowie Fachanwältin für Medizinrecht bei der Kanzlei Meyerhuber Rechtsanwälte Partnerschaft in Gunzenhausen (krieg@meyerhuber.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2012, Seite 12

 
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