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Crowdsourcing

Kollekte per Internet

In den USA wird schon seit mehreren Jahren über Internet-Plattformen privates Kapital für Kulturprojekte gesammelt. Auch in Deutschland gibt es mittlerweile eine rege Szene für das Crowdsourcing. Von Alexandra Buba / Illustration: Anton Atzenhofer

Die neue Kollektion eines jungen Designers, die Aufnahme des neuen Albums einer regionalen Band oder das Startkapital für eine Geschäftsidee – Crowdsourcing bietet meist kleinen Projekten aus Bereichen wie Mode, Kunst, Veranstaltungen, Journalismus oder Sport eine Finanzierungsmöglichkeit. Für das Crowdsourcing gibt es zwei Modelle: Beim Crowdfunding werden einzelne Projekte finanziert (z.B. Kulturprojekt, Organisation einer Veranstaltung, Entwicklung eines Produkts). Dafür kann den Geldgebern eine ideelle (Beispiel: Erwähnung im Abspann eines Films) oder auch eine materielle Gegenleistung (Beispiel: das neu entwickelte Produkt als Geschenk) angeboten werden.

Im Unterschied dazu werden beim Crowdinvesting komplette Startups finanziert. Die Geldgeber sind dabei direkt am Unternehmen beteiligt und je nach Ausgestaltung der Verträge auch mit diversen Mitbestimmungsrechten ausgestattet.

Große Vielfalt an Portalen

Seine Ursprünge hat das Konzept, Geld von Fremden im Internet zu sammeln, in den USA. Weltweit gibt es nach Einschätzung von Experten inzwischen 500 Portale, die Geldgebern und Suchenden eine Plattform bieten. Auch in Deutschland hat sich das Crowdsourcing u.a. für Kulturprojekte bereits etabliert. Gemessen an den eingeworbenen Summen dominiert hierzulande – im Gegensatz zur internationalen Entwicklung – die Form des Crowdinvestings. Marktführer in diesem Bereich sind nach eigenen Angaben die Portale Seedmatch und Innovestment.

„Besonders profitieren derzeit Unternehmen aus dem Bereich E-Commerce“, berichtet Dr. Lars Hornuf, Crowdinvesting-Experte von der Ludwig-Maximilians-Universität München. „Insgesamt 65 Unternehmen der Branche wurden inzwischen deutschlandweit per Crowd über verschiedene Plattformen kapitalisiert. Dafür wurden etwa sechs Mio. Euro aufgebracht.“

Kulturschaffende und ihre Projekte profitierten dagegen in der Vergangenheit erheblich weniger vom Geldsegen aus der Netzgemeinde. Zwar gibt es eine erhebliche Anzahl an Projekten, jedoch konnten diese eine wesentlich geringere Gesamtsumme erreichen. In dieser Hinsicht dürfte der Kulturbereich aufholen, denn die Landschaft der Crowdfunding-Portale, die Kulturschaffende hierzulande nutzen können, ist vielschichtig. Das nach eigenen Angaben größte Portal für Projekte kultureller Art ist aktuell Startnext: Über dreieinhalb Mio. Euro wurden dort für mehr als 600 Projekte gegeben. Startnext unterhält mittlerweile auch mehrere regionale und thematische Unterportale wie Dresden Durchstarter, Nordstarter, Sciencestarter oder Musicstarter.

Ebenfalls schon länger am Markt sind Inkubato, Pling und VisionBakery. Neben diesen Portalen mit einem breiten Angebot an verschiedenen Projekten gibt es eine Vielzahl von spezialisierten Plattformen, die sich nur einer Sparte verschrieben haben, wie etwa die Krautreporter, die journalistische Projekte vorstellen.

Wer als Geldgeber investieren will, trifft auf eine Auswahl an Vorhaben, die so bunt und vielschichtig ist wie die Kultur selbst. So konnten Gönner in der Vergangenheit nicht nur die Berliner Weiße retten, einen Dokumentarfilm über eine Bar sponsern oder einen romantischen Heimatfilm mit Zombies finanzieren, sondern auch den Kreationen unbekannter Designer zum großen Auftritt auf der Berliner Fashion Week verhelfen. Vergleichsweise viel Geld kam mit über 100 000 Euro jüngst für das Online-Magazin „Störsender.tv“ mit Dieter Hildebrandt zusammen.

Erst wenn die vorher festgelegte, gewünschte Projektsumme innerhalb eines definierten Zeitraums, etwa innerhalb von drei Monaten, zusammen gekommen ist, wird diese auch ausgezahlt – andernfalls erhalten die Financiers ihr Geld zurück. Je nach Portal müssen Kreative dabei einen Abschlag etwa in Höhe von zehn Prozent an den Betreiber leisten.

Viel Emotion fürs Geld

Um potenzielle Geldgeber zu motivieren, lassen sich die Kapitalsuchenden einiges einfallen. Das Crowdfunding setzt der Phantasie keine Grenzen, wenn es darum geht, kreative Gegenleistungen für die Unterstützer zu entwickeln. Wer beispielsweise in den Anfangsjahren des Crowdfundings die Band Nine Inch Nails mit 50 Dollar bei der CD-Produktion unterstützte, erhielt dafür eine fertige CD, eine DVD, ein T-Shirt und einen persönlichen Dankanruf. Wer deutlich tiefer in die Tasche griff, durfte sogar eine Reise mit den Künstlern unternehmen.

Heute gelten solche Gegenleistungen schon als recht einfallslos. Da gibt es beispielsweise die mit dem Fahrrad reisenden Zwillinge, die sich einen Trip von Berlin nach Shanghai sponsern lassen und dafür versprechen, für jede Spende über 1 000 Euro einen Baum zu pflanzen. Diese Idee war 67 Unterstützern insgesamt 9 000 Euro wert. Die beiden Radfahrer wollen auch ein Buch über die Tour herausgeben, an dessen Verkaufserlösen die Geldgeber jedoch nicht beteiligt werden, was durchaus dem klassischen Crowdfunding-Konzept entspricht.

Gerade die immateriellen Werte, die die Kunst- und Kulturschaffenden produzieren, sieht Wissenschaftler Hornuf als große Stärke: „Künstler haben ihre eigene Investorengruppe, die ihren Einsatz nicht an monetärer Rendite orientieren.“ Dennoch geht er davon aus, dass sich Crowdinvesting und Crowdfunding in Zukunft stärker vermischen werden. „Mittelfristig werden sich meiner Einschätzung nach Portale entwickeln und durchsetzen, die beides anbieten wie etwa Berlin Crowd oder Fundsters“, so Hornuf.

Autor/in: 
Alexandra Buba
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2013, Seite 26

 
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