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Südostasien

Das Gesicht wahren

Asien Geschäftspartner Unternehmer China © sjenner13 - ThinkstockPhotos

Die Asean-Länder weisen viele kulturelle Unterschiede auf. Worauf sollten deutsche Geschäftsleute achten?

Südostasien spielt in der Weltwirtschaft eine immer bedeutendere Rolle. Die Länder profitieren u.a. davon, dass die Produktionskosten in China steigen und deshalb mehr in den Nachbarstaaten investiert wird. Bei deutschen Unternehmen rückt deshalb der Verband Südostasiatischer Nationen (Asean) stärker in den Fokus, dem folgende zehn Länder angehören: Brunei, Kambodscha, Indonesien, Laos, Malaysia, Myanmar, die Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam.

Wegen ihrer zunehmenden Bedeutung sollte man sich nicht nur mit den wirtschaftlichen, sondern auch mit den kulturellen Gegebenheiten in diesen Ländern beschäftigen. Bei der IHK-Veranstaltung „Business & Culture – Erfolgreich in Südostasien durch interkulturelle Kompetenz“ wurde deutlich, dass diese Länder nicht als kulturelle Einheit zu betrachten sind. Deutsche Unternehmen, die sich in den Asean-Staaten engagieren, müssen sich auf die Eigenheiten eines jeden Landes einlassen.

Die Sinologin und Beraterin Monika Krause, die auf interkulturelles Training spezialisiert ist und für die Heidelberger Unternehmensberatung Sina Lingua tätig ist, gab ein plastisches Beispiel: Ein deutsches Unternehmen plante ein Treffen für seine Vertriebsmitarbeiter aus aller Welt und entschied sich bei der Tischordnung für ein Diner dafür, der Einfachheit halber einen „asiatischen“ Tisch vorzusehen. „Das geht gar nicht“, mahnte Krause – schon allein wegen der unterschiedlichen Essgewohnheiten, die auch auf religiösen Vorschriften beruhen. Ein muslimischer Indonesier muss auf Gerichte mit Schweinefleisch verzichten, für einen Hindu ist Rindfleisch tabu und Buddhisten aus Laos ernähren sich gern vegetarisch, während philippinische Christen weder beim Essen noch mit Alkohol ein Problem haben. Das alles muss bei der Sitzordnung beachtet werden. Außerdem sollte man die Gerichte besser nicht auf dem Teller servieren, sondern – wie oftmals in Südostasien üblich – als Tischbuffet.

Auch der geschichtliche Hintergrund der einzelnen Länder ist bei der Sitzordnung zu beachten. Zum Teil gibt es immer noch Vorbehalte gegenüber Vertretern der früheren Kolonialmächte (z.B. gegenüber den Niederländern in Indonesien oder den Franzosen in Kambodscha), lediglich Thailand war nie kolonialisiert. Auch die Volksrepublik China ist wegen ihrer wirtschaftlichen und politischen Dominanz in der Region nicht immer gut gelitten bei den südostasiatischen Ländern. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass in einigen Asean-Staaten Chinesen eine kleine, aber wirtschaftlich erfolgreiche Minderheit bilden.

Interkulturelle Fettnäpfchen, die potenzielle Geschäftspartner aus Südostasien verprellen können, lauern überall. So stellte ein deutsches Unternehmen seine Asien-Strategie in der vietnamesischen Hauptstadt Ho-Chi-Minh-Stadt vor und griff zur geografischen Orientierung auf eine Karte von Google Maps zurück. Dort wird der westliche Ausläufer des Pazifiks als „Südchinesisches Meer“ bezeichnet, ein Umstand, der in Vietnam angesichts chinesischer Expansionsbestrebungen auf politische Ressentiments stößt. Krause hat das auch bei Besuchern aus Korea in Deutschland beobachtet. Bei ihren Shopping-Touren vermeiden sie bewusst Produkte, die mit „Made in China“ gekennzeichnet sind.

Dass man in Asien Visitenkarten mit der gebührenden Aufmerksamkeit austauscht, ist mittlerweile bekannt, dennoch gibt es auch hier noch unbekannte Regeln: Wer sich etwa mit seinen englisch-chinesischen Visitenkarten durch Asien bewegt, sollte diese in Taiwan unbedingt stecken lassen. Gleiches gilt für japanische Versionen, die in China nicht verteilt werden sollten, während englische Visitenkarten von Chinesen ohne Irritationen angenommen werden. Aufgrund des konfuzianisch geprägten Denkens, bei dem Hierarchien viel wichtiger sind als in Europa, ist es auch anzuraten, Titel und Funktionen genau auf der Visitenkarte anzugeben.

Der Aspekt Hierarchie kommt beispielsweise auch auf Messen zum Tragen: Während bei deutschen Besucherteams oft der Ranghöhere das Gespräch führt, kann es bei Asiaten genau umgekehrt sein. Schweigt bei einer Gruppe asiatischer Interessenten der Ältere, spricht das keinesfalls für seine Bedeutungslosigkeit. Wahrscheinlich muss der Jüngere die Vorarbeit leisten oder der Ältere spricht kein Englisch. In solchen Fällen ist der Senior immer wieder in Erklärungen oder Small Talk einzubinden, denn am Ende nickt er ein Geschäft ab.

Besondere Sorgfalt ist auch bei der Planung von Verhandlungsterminen gefragt. Das kann die täglich vorgeschriebenen Gebetszeiten muslimischer Partner betreffen oder den Fastenmonat Ramadan. Finden in dieser Zeit trotzdem Gespräche statt, sollte man zumindest nicht vor den Augen der Gesprächspartner essen oder trinken. Bei chinesischen Partner ist das chinesische Neujahr zu berücksichtigen, das übrigens außerhalb Chinas, etwa in Thailand, als „Luna New Year“ bezeichnet werden sollte.

Anderer Gesprächsstil

Generell finden sich teils diametrale Kulturstandards zwischen Deutschen und Asiaten: Deutsche schätzen die Sachorientierung, setzen auf Regeln und Strukturen, praktizieren eine klare Trennung von Beruf und Privatleben und pflegen eine direkte Kommunikation. In der südostasiatischen Kultur sind Gesichtswahrung, Hierarchie und Harmonie wichtige Aspekte, oft wird eher indirekt kommuniziert, was deutsche Geschäftsleute bisweilen zur Verzweiflung bringt. Beispiel: Wenn per Rundmail ein Bericht eingefordert wird, wird dies in der Regel erst nach mehrfachen Aufforderungen und Nachfragen als Arbeitsauftrag verstanden. Gewöhnungsbedürftig ist auch die asiatische Art der Ablehnung, die häufig nicht als deutliches Nein geäußert wird. Stattdessen wird das Anliegen überhört, das Thema gewechselt, das Gespräch bleibt unverbindlich oder es tritt ein Schweigen ein.

Wenn sich Verhandlungsrunden lange hinziehen, sollten Deutsche dies nicht unbedingt als Ablehnung auffassen, sondern eher als Test ihrer Verhandlungskunst. Oft werden Meetings in Asien direkt am Flughafen vereinbart. Wenn der Deutsche verspätet in Fernost ankommt und eine Einladung mit dem Hinweis auf die eigene Müdigkeit ausschlägt, ist er nahe daran, sein Gesicht zu verlieren. Auch die Erklärung, man treffe sich ja am nächsten Tag, verfängt nicht. Den Druck kann man allenfalls dadurch herausnehmen, indem man auf eine dringende Firmentelefonkonferenz verweist. Generell gibt es nach Erfahrung Krauses einen gewissen „Ausländerbonus“, der sich aber im Laufe der Geschäftsbeziehung verliert.

Beim Arbeiten in deutsch-asiatischen Projektteams ist ein Perspektivwechsel wichtig, um die Zusammenarbeit nicht durch kulturelle Missverständnisse zu gefährden. Dazu gehört, direkte Kritik in großen Runden zu vermeiden. Meetings sind im asiatischen Raum weniger Diskussionsforen als vielmehr ein Rahmen, um Entscheidungen zu verkünden. Von deutschen Standortleitern wird zudem ein paternalistischer Führungsstil erwartet, der auch die familiären Belange der Mitarbeiter einschließt. Ein Führungsstil, der auf Freiräume und Selbstbestimmung setzt, wird dagagen eher als Führungsschwäche aufgefasst.

Bei der IHK-Veranstaltung wurde von einer asymmetrischen Mail-Korrespondenz berichtet, bei der deutsche Anfragen manchmal lange unbeantwortet bleiben. Umgekehrt kommt von asiatischer Seite oft schon nach einer Stunde eine Nachfrage auf deren Mails, wenn diese nicht umgehend beantwortet werden. Das könne an einem hierarchischen Verständnis liegen, bei dem sich der asiatische Auftraggeber als höhergestellt begreift, führt Krause aus. Wenn es der deutsche Gesprächspartner trotz aller Vorbereitung nicht schafft, die Wünsche asiatischer Geschäftspartner zwischen den Zeilen zu lesen, rät Krause zu einer Metakommunikation: „Reden Sie einfach über kulturelle Unterschiede und Erwartungen.“

Autor/in: 

tt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2015, Seite 21

 
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