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Ebl-Naturkost

Aus Überzeugung

EBL-Naturkost © Thomas Tjiang

Für seine Idee von Bio wurde Gerhard Bickel früher belächelt. Heute zählt sein Unternehmen zu den fünf Großen der Branche.

Der Fürther Bio-Fachmarkt-Filialist Ebl-Naturkost GmbH & Co. KG wird bundesweit zu den Top 5 der Branche gezählt. Doch für Gründer und Geschäftsführer Gerhard Bickel ist das kein Antrieb: „Wir schauen nicht auf Rankings.“ Trotzdem stehen die Zeichen auf Expansion. Mit dem zuletzt eröffneten Standort in Schwabach stieg die Zahl der Filialen in der Metropolregion Nürnberg auf 24 mit einer Verkaufsfläche von insgesamt knapp 11 000 Quadratmetern. Im September soll eine weitere direkt neben der Firmenzentrale auf der Fürther Hardhöhe dazukommen.

 

Geht alles nach Plan, könnte der Umsatz vom Jahr 2014 von 58 Mio. Euro auf knapp 65 Mio. Euro springen. Ziel ist es, immer „etwas über“ dem deutschen Bio-Markt zu wachsen, der 2014 bundesweit immerhin um gut sieben Prozent zugelegt hat. Zum Ertrag hat Bickel einen klaren Anspruch: „Wir müssen wirtschaftlich arbeiten“, lautet das Credo des Bio-Händlers. Die Zahl der Mitarbeiter soll in diesem Jahr durch die beiden Eröffnungen von 403 auf bis zu 440 steigen. Bezahlt werde „tendenziell höher“ als der Einzelhandelstarif, Urlaubs- und Weihnachtsgeld werden nicht angetastet. Dafür wird eine Affinität zu Bio-Produkten erwartet. Bickel hält sein Haus für einen guten Arbeitgeber, was Bezahlung und Umgang mit den Beschäftigten betrifft.

 

Die Erfolgsgeschichte war zunächst gar nicht abzusehen: Bickel, Sohn eines Fleischgroßhändlers, absolvierte Ende der 1970er Jahre eine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann bei der kleinen fränkischen Supermarktkette EWS. Dort baute er die Bio-Abteilung mit der Eigenmarke „einfach besser leben“ auf. Mit diesem Einstieg in die Bio-Welt wird er zum „Überzeugungstäter“. Nach dem Verkauf der Kaufmarkt-Filialen, der Umwandlung in Marktkauf-Häuser und dem Auslaufen eines fünfjährigen Bestandsschutzes für die Bio-Abteilung wird Bickel klar, dass er nichts anderes mehr machen will: Bio sei ihm in Fleisch und Blut übergegangen.

 

Also übernimmt er das Bio-Sortiment und gliedert es in die Ebl-Naturkost aus. Zunächst 1994 in den Marktkauf-Standorten Zirndorf und Thon, ein Jahr später folgen Mögeldorf und 1996 zwei weitere Märkte. Doch die Geschäfte mit 70 Mitarbeitern sind keineswegs Selbstläufer. Zwar war der Umsatz stabil, aber die Prozesse im Hintergrund sorgten für Probleme. Im Nachhinein gesteht sich Bickel eine gewisse „Blauäugigkeit“ ein. Doch Dank „toller Mitarbeiter“ und „etwas Coaching“ durch die damals betreuende Schmidt Bank brachte der mittlerweile dreifache Familienvater das junge Unternehmen wieder auf Kurs. Das Sortiment war damals mit rund 2 000 Artikeln noch relativ überschaubar. 

Nach verschiedenen Lebensmittelskandalen, angeführt von der Rinderwahn-Seuche BSE, profitierte Ebl von dem deutlich ansteigenden Interesse der Kunden an Bio-Ware. Schrittweise wurde das Sortiment auf 6 000 Artikel ausgebaut, davon rund zwei Drittel Lebensmittel. Neben Artikeln des täglichen und regelmäßigen Bedarfs, Frischware, Naturkosmetik und Haushaltswaren finden sich auch Wein und Bier, Nudeln, Brotaufstriche, Konserven, Tiefkühlkost, Fertiggerichte, Gewürze und Saucen in den Regalen.

Alle Produkte sind zumindest nach dem Basis-Standard der EU-Öko-Verordnung mit dem grünen Blatt zertifiziert. Bevorzugt werden bei Ebl allerdings Produkte, die nach den strengeren Regeln der Bio-Anbauverbände wie Demeter, Bioland, Biokreis oder Naturland hergestellt werden. Daneben achtet Ebl auf die Förderung regionaler Strukturen und arbeitet deshalb schon seit 20 Jahren mit Bio-Bauern aus dem Großraum zusammen. So wurde ein Netzwerk zu einer Vielzahl kleiner bäuerlicher Ökobetriebe in ganz Bayern aufgebaut.

Aus der Ebl-Region, die mit 100 bis 150 Kilometer Radius um die Zentrale in Fürth definiert ist, kommen rund die Hälfte der 500 Erzeuger. Bio-Erdbeeren, die einen Tag vor dem Verkauf noch Sonne auf dem Feld getankt haben, schmecken einfach besser, erläutert Bickel seine Vorliebe für saisonale Produkte aus heimischem Anbau. Eine Kehrseite hat der regionale Einkauf aber: So legen zum Beispiel Hühner in der kalten Jahreszeit naturgemäß weniger Eier – das müsse man den enttäuschten Verbrauchern vor einem leeren Eierregal immer wieder erklären.

Auch Rinder, Schweine, Kälber und Lämmer stammen ausschließlich von Höfen aus der Region, der Weg zum Fürther Schlachthof ist kurz. So kann die hauseigene Ebl-Metzgerei ein vollständig regionales Angebot mit rund 100 verschiedenen Wurst- und Fleischwaren von Roastbeef und Salami bis zur Leberwurst bieten. Lediglich die klassischen Nürnberger Bratwürste finden sich seit 2012 nicht mehr im Sortiment. Seit dem Umzug von Zentrale und Bio-Metzgerei von Nürnberg nach Fürth darf die geografisch geschützte Angabe nicht mehr verwendet werden – statt „Nürnberger“ bietet Ebl nun „fränkische Bratwürste“ an, die letztlich „baugleich“ sind. Darüber hinaus gibt es im Sortiment von Ebl auch Bioprodukte aus der ganzen Welt, deren Import Bickel ausdrücklich für gut heißt. Schließlich hätten z.B. Bio-Imker in Neuseeland oder Mexiko eine wichtige Aufgabe vor Ort, die man unterstützen müsse. Wichtig sei bei der Auswahl aller Lieferanten die Transparenz, so wisse man immer ganz genau, wo die Produkte herkommen.

Den Maßstab der Nachhaltigkeit hat der Bio-Händler auch an seine neu gebaute Zentrale in Fürth angelegt. Holz und schnörkelloser Beton dominieren die Innenarchitektur des Gebäudes. Bei der Energieversorgung wurde auf Geothermie und Solartechnologie gesetzt, alle Ebl-Märkte werden mit Ökostrom versorgt. Gespannt blickt Bickel auf das Vorhaben des Branchenverbandes BNN, der in diesem Jahr erstmals eine Studie zum Nachhaltigkeits-Monitoring starten will. Dann sollen in den Naturkostmärkten Fläche, Umsatz und der CO2-Fußabdruck bundesweit unter die Lupe genommen werden.

Mittlerweile hat Ebl-Naturkost eine Größe und Professionalität erreicht, die dem Firmenchef den Freiraum geben, auch einmal Urlaub zu nehmen. Die Grenzen des Wachstums sieht er in einem Radius von rund 100 Kilometern, wo sich noch viele weiße Flecken auftun. Seine Überzeugung und seine Beharrlichkeit haben ihm Recht gegeben. Am Anfang, so erinnert er sich, „waren wir noch die Ökospinner“. Davon ist heute nichts mehr zu hören.

Autor/in: 

tt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2015, Seite 72

 
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