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Philippinen

Unterschätzter Markt

Philippinen Makati © kieferpix - ThinkstockPhotos.de

Oben: Makati City liegt in der Metropolregion Manila und gilt als das Wirtschafts- und Finanzzentrum der Philippinen.
Unten: Peter Kompalla, Geschäftsführer der AHK Philippinen.

Die Philippinen sind eine der am stärksten wachsenden Volkswirtschaften Asiens. Wird das unter dem neuen Präsidenten Duterte so bleiben?

Ein Indiz dafür, dass die Wirtschaft des Inselstaates an Dynamik gewinnt, sind die ausländischen Direktinvestitionen: Sie stiegen zwischen 2011 und 2014 um über 200 Prozent an. Peter Kompalla, Geschäftsführer der Deutsch-Philippinischen Industrie- und Handelskammer, berichtet im Gespräch über die Fortschritte des einstigen Entwicklungslandes zum starken Schwellenland. Kompalla war nach Stationen bei der Deutschen Bank und im Geschäftsbereich International der IHK Nürnberg für Mittelfranken drei Jahre stellvertretender Delegierter der Deutschen Wirtschaft in Vietnam. Seit Anfang 2015 leitet er die Auslandshandelskammer (AHK) in Manila.

Was hat Sie als langjährigen Kenner der asiatischen Märkte an der wirtschaftlichen Entwicklung der Philippinen am meisten beeindruckt?
Kompalla: Die Konsequenz, mit der die Regierung von Präsident Benigno Aquino seit 2010 die wirtschaftliche Entwicklung vorangetrieben hatte. Sie hat den Staatshaushalt saniert, sodass es jetzt solide öffentliche Finanzen gibt, und sie hat die Rahmenbedingungen für ausländische Investitionen deutlich verbessert.

Was ist vom neuen philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte zu erwarten, dessen wirtschaftlichen Vorstellungen im Wahlkampf weitgehend unklar blieben? Ist zu befürchten, dass er durch seinen Populismus Investoren abschreckt?
Präsident Duterte hat kurz nach der Wahl ein Acht-Punkte-Programm für die Wirtschaft vorgelegt, das zunächst optimistisch stimmt. Darin kündigt er an, das makroökonomische Reformprogramm weiterzuführen und Investitionshemmnisse abzubauen. Zudem will er renommierte Ökonomen des Landes als Berater gewinnen. Der philippinische Peso und die Börse in Manila haben darauf sehr positiv reagiert. Es bleibt zu hoffen, dass sich Dutertes populistische Law and Order-Rhetorik nach dem Wahlkampf legt und er der Wirtschaftsentwicklung die nötige Priorität einräumt.

Die philippinische Wirtschaft wuchs in den vergangenen drei Jahren jeweils um rund sechs Prozent. Welche Sektoren bieten das größte Potenzial?
Die Philippinen werden auch in den nächsten Jahren zu den solidesten und am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Region gehören. Dies resultiert aus einem Leistungsbilanzüberschuss, starken Auslandsinvestitionen und den Rücküberweisungen von Filipinos aus dem Ausland, die zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen. Immenses Potenzial gerade für deutsche Lieferanten haben die Bauwirtschaft und die Lieferanten von Bauausrüstungen wegen der großen Infrastrukturmaßnahmen. Der Medizin- und Gesundheitsmarkt ist fast vollständig ein Importmarkt, weshalb er ebenfalls sehr große Chancen bietet. Hinzu kommen die stark wachsenden Sektoren Umwelt- und Energietechnik sowie Nahrungsmittel.

Das Gewähren des neuen Handelspräferenzprogramms "GSP+" durch die EU in 2015 hat die Rahmenbedingungen weiter verbessert. Profitieren davon auch deutsche Unternehmen?
Von "GSP+" profitieren gerade Einkäufer in Deutschland. Sie können den Beschaffungsmarkt auf den Philippinen sondieren und feststellen, dass es hier zum Beispiel eine große Zahl von Lieferanten im Bereich Automotive gibt, was vielen Unternehmen in Deutschland gar nicht bewusst ist. Der Wegfall der Einfuhrzölle macht die Philippinen als Handelspartner noch attraktiver.

Bei den Philippinen denkt man aber auch an mangelnde Rechtssicherheit, wie der jahrelange Streit um den Hauptstadtflughafen in Manila gezeigt hat. Was sind die größten Risiken für deutsche Unternehmen?
Die rechtlichen Institutionen sind noch nicht voll entwickelt, aber auf einem sehr guten Weg. Die drei größten Risiken, die wir häufiger beobachten, sind erstens mangelnde Vorbereitung auf den hiesigen Markt, zweitens die Wahl der falschen Geschäfts- und Dienstleistungspartner und drittens der Export von Produkten, für die es hier noch keinen Bedarf gibt. Großes Potenzial geht mit Risiken einher. Diese sind aber abwendbar, nicht zuletzt durch Informationen, Marktanalysen und Beratungen unserer Kammer.

Eine Ihrer AHK-Dienstleistungen ist das "Office-in-Office". Worum handelt es sich dabei?
Mit "Office-in-Office" unterstützen wir vor allem kleine und mittlere Unternehmen, die in den Markt einsteigen wollen, aber kein Budget für den Aufbau eigener Strukturen von Anfang an haben. Die Unternehmen haben einen festen Mitarbeiter, der nur für sie arbeitet, der aber unsere Infrastruktur und Kapazitäten nutzt. Damit hat das Unternehmen eine geringe Kapitalbindung und umgeht Lizensierungsverfahren, das komplizierte Buchhaltungssystem, den Aufbau einer Rechtsform usw. So kann es sich bei minimalen Risiken eine eigene Struktur aufbauen.

Bitte ergänzen Sie: "Der philippinische Markt bietet sich für deutsche Unternehmen als Investitionsstandort und Absatzmarkt an, weil..."
… der Markt stetig wächst, die Filipinos einen sehr guten Ausbildungsstand und ausgezeichnete Englisch-Kenntnisse haben, es hervorragende Sonderwirtschaftszonen mit separater Zollabwicklung gibt und die Regierung attraktive Förderkonditionen für ausländische Investoren gewährt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2016, Seite 26

 
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