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Glore

Fair mit Stil

YMF_7320-Bearbeitet © Foto: Glore

Bernd Hausmann betreibt sechs Modegeschäfte.

Seit 2006 entwirft und verkauft Bernd Hausmann schicke Kleidung, die nachhaltig und fair produziert ist.

Freundlich-betriebsam ist die Atmosphäre in dem ehemaligen Lagerhaus am Nürnberger Kohlenhof, das die Zentrale und den Online-Shop der Glore Handels GmbH beherbergt: In deckenhohen Regalen stapeln sich Jeans, T-Shirts und Pullover neben Yogamatten, auf dem Boden bilden Schuhkartons ein Gebirgsplateau. Auf Packtischen stehen Kartons und warten darauf, mit den aktuellen Bestellungen befüllt zu werden. Das Unternehmen zählt in Deutschland zu den Top-Anbietern für Mode, die sowohl stylisch ist als auch sozial- und umweltverträglich produziert wird. Glore steht für „Globally Responsible Fashion“, und mit diesem Firmennamen hat Gründer und Inhaber Bernd Hausmann seine Mission zusammengefasst: „Ich will zeigen, dass man die Strukturen in der Textilindustrie verändern kann. Es ist möglich, schicke und bezahlbare Kleidung fair und nachhaltig herzustellen.“

Bernd Hausmann hat Glore 2006 gegründet und ein Jahr später den ersten Laden in Nürnberg eröffnet. „Ich bin damals einfach ins kalte Wasser gesprungen“, erinnert sich der 46-Jährige. Sein Weg in die Modebranche war keine gerade Strecke, sondern mäanderte über verschiedene Etappen: Erste Station war der Rasen des Club-Geländes. Dort trainierte Hausmann beim 1. FCN und war mit 19 Jahren Vertragsamateur. Vor dem Einstieg in die Profi-Laufbahn hängte er die Fußballschuhe zunächst an den Nagel und packte nach dem Abitur seinen Rucksack für eine Tour durch Australien und Asien. Zurück in Nürnberg, studierte er Soziale Arbeit und trainierte nebenbei Fußballteams in der Bezirksliga. Anschließend steckte Hausmann als Sozialpädagoge seine Energie in den Aufbau und die Leitung des Jugendhauses in Stein. Das Thema Fußball ließ ihn aber nicht los: Als um die Jahrtausendwende eine Nostalgiewelle durch das Fußball-Merchandising schwappte, brachten er mit einem Freund eine Retrokollektion mit Traditionstrikots von Bundesligavereinen heraus. Deren Herstellung war sein erster Berührungspunkt mit der Textilproduktion: „Ich war geschockt über die Arbeitsbedingungen. Erst recht vor dem Hintergrund, dass Friedensarbeit und Menschenrechte schon seit der Schulzeit für mich wichtige Themen waren.“

Die Tuchfühlung mit den dunklen Seiten der Bekleidungsindustrie war für Bernd Hausmann die Initialzündung, das Geschäftsmodell für Glore zu entwickeln: Er wollte mit „Fair Fashion“ ein junges, stil- und modeorientiertes Publikum ansprechen. Von dieser Idee war er so überzeugt, dass er den sicheren Hafen des öffentlichen Dienstes verließ und sich als 35-Jähriger voll auf sein Start-up konzentrierte. Dabei ließ er sich mehr von seinem Bauchgefühl leiten als von einem Businessplan, meint Hausmann im Rückblick und beschreibt seine Lernkurve als Unternehmer mit „Learning by doing“. Von der Planung über die Finanzierung bis zum Ausbau des ersten Ladens hat er alles in Eigenregie bzw. mit der Unterstützung von Familie und Freunden gestemmt.

Zertifizierte Labels

Bei der Gestaltung des Sortiments, das neben Kleidung für Frauen, Männer und Kinder auch Schuhe, Accessoires und Beauty-Artikel umfasst, kennt Glore keine Kompromisse und achtet bei der Auswahl der Produkte auf die Zertifizierung durch die international anerkannten Siegel wie GOTS (Global Organic Textile Standard), Fair Wear Foundation und Fairtrade. „So stellen wir sicher, dass unsere Waren entlang der gesamten Produktionskette ökologisch und sozial hergestellt sind“, betont Hausmann. Derzeit verkauft Glore Waren von rund 160 Labels, darunter international bekannte Marken wie Armedangels oder Veja. Aber auch kleinere regionale Labels oder junge Designer sind im Glore-Sortiment zu finden. Hier leistet Hausmann bewusst Starthilfe und berät junge Unternehmer aus der Öko-Fashion-Szene, die sich auf dem Markt etablieren wollen.

Unter der gleichnamigen Eigenmarke bietet Glore klassisch-moderne Basics vom T-Shirt über die Jogginghose bis zum Hoodie. Die Modelle der Glore-Kollektion tragen bodenständige Namen wie Martha, Agnes, Franz oder Josef und werden ausschließlich aus Baumwolle in feinster Bio-Qualität hergestellt. Die von der Fair Wear Foundation zertifizierte Fertigung findet vor allem in Portugal oder Bangladesch statt. „Mode kann überall fair produziert werden, auch in Ländern, die bei uns häufig für ihre schlechten Arbeitsbedingungen bekannt sind. Es ist sogar besonders wichtig, dort faire Produktionsstätten aufzubauen, um anderen Herstellern zu signalisieren, dass solche Projekte möglich und umsetzbar sind, ohne dass Wettbewerbsvorteile verloren gehen“, erklärt Bernd Hausmann.

Zwölf Kilo Bekleidung pro Jahr

Der Glore-Gründer will mit seinem Unternehmen auch ein Zeichen gegen den Fast-Fashion-Trend setzen: Nach dem Motto „schnell und billig“ wird im Bekleidungssektor rund um den Globus immer mehr Massenware produziert. Mit erheblichen Folgen für die Umwelt: Vom Anbau der Baumwolle bis zur Verarbeitung der Fasern werden entlang der gesamten textilen Wertschöpfungskette Luft, Boden und Wasser belastet. Hinzu kommen die extrem schlechten Arbeitsbedingungen in vielen Ländern der globalisierten Textilindustrie. Durchschnittlich kaufen die Deutschen etwa zwölf Kilogramm Bekleidung pro Kopf und Jahr, ein nicht geringer Teil der Shopping-Beute wandert nach wenigen Einsätzen in die Altkleidersammlung. Der Ex-und-Hopp-Mentalität setzt Bernd Hausmann das Credo des bewussten Konsums entgegen. Er mag Weltverbesserer sein, aber kein Eiferer. Vom erhobenen Zeigefinger als Instrument der Kundenumerziehung hält er wenig: „Das funktioniert nicht, schon gar nicht bei Teenagern und jungen Erwachsenen.“ Daraus zieht er Konsequenzen für die Produktgestaltung und das Marketing: „Keiner kauft ein Produkt allein deshalb, weil es ökologisch und fair hergestellt worden ist. Die Kleidungsstücke müssen durch Qualität und Stil überzeugen.“ Mit seinem Glore-Sortiment will Hausmann auch Vorurteile widerlegen, die zäh an Fair Fashion kleben und jüngere Zielgruppen häufig abschrecken: Öko-Mode gilt vielen als graumäusig, schlabbrig und unerschwinglich. „Wir können und wollen natürlich nicht mit Dumping-Anbietern konkurrieren, aber unsere Preise entsprechen größtenteils dem Niveau konventioneller Mode-Labels.

Heute beschäftigt Glore 30 Mitarbeiter; der Umsatz liegt im „mittleren einstelligen Millionenbereich mit steigender Tendenz“. Neben dem Online-Shop sind die Concept Stores tragende Säulen des Vertriebs. Den Nürnberger Laden führt Hausmann in Eigenregie, die Geschäfte in München, Hamburg, Stuttgart, Augsburg und Luzern (Schweiz) werden von Franchise-Nehmern betrieben. Die Pläne für neue Standorte sind bereits in Arbeit: Demnächst sollen Läden in Frankfurt und Wien eröffnen.

Die Nachfrage bereitet Hausmann kein Kopfzerbrechen, denn das ökologische Bewusstsein der Konsumenten nehme stetig zu. Mit dieser Einschätzung steht der Glore-Gründer nicht allein: „Fashion-Labels mit ethischen Standards und grüner Mode liegen voll im Trend“, stellt eine aktuelle Studie der GfK-Marktforscher fest. Dennoch wissen Bernd Hausmann und seine Fair-Fashion-Mitstreiter, dass sie einen langen Atem brauchen: „Wir werden nicht die ganze Branche umkrempeln. Aber ein Marktanteil von zehn Prozent für faire Mode wäre schon ein toller Erfolg.“

Autor/in: 

(aw.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2017, Seite 84

 
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