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Unternehmenskommunikation

Der Inhalt zählt

Wie wollen Unternehmen die Zunahme der Kommunikationswege bewältigen? Eine aktuelle Studie gibt Auskunft.

Erinnern Sie sich noch? Vor zehn Jahren beschäftigte die Plattform „Second Life“ die Unternehmen, weil Millionen Menschen in diese künstliche Welt der Avatare flüchteten. Und heute? Diese Plattform spielt kaum noch eine Rolle, aber immer neue Medien tauchen auf, werden von einzelnen Zielgruppen zeitweise stark genutzt und verlieren dann meist bald wieder an Bedeutung. Wie erreichen die Firmen diese Menschen, die sich immer mobiler in den Kommunikationslandschaften bewegen?

Das Medienumfeld der Unternehmen ändert sich dramatisch. Die Unsicherheit ist groß, welche neuen Wege auch in Zukunft noch genutzt werden. In einer solchen Situation können die Firmen nicht alle wichtigen Online- und Offline-Wege gleichermaßen bearbeiten – und das auch noch mit den Ablaufroutinen aus der Vergangenheit.

Der Slogan „Content is King“ (Bill Gates) wird nun zum zentralen Fixpunkt. Denn die strategischen Grundkoordinaten in der Unternehmenspraxis müssen sich ändern. Je schneller sich das Umfeld wandelt, desto mehr konzentrieren sich die Firmen auf ihre (Marken-)Positionierung, Werte und Identität. Zudem investieren sie in die interne Kommunikation, damit die Führungskräfte und Mitarbeiter als Botschafter überzeugen, und sie nutzen die Chancen der digitalen Medien. „Content first“ und „Inside-out“ – das ist die Devise.

Die aktuelle Umfrage der Universität Hohenheim (Stuttgart) unter den Top-500-Unternehmen in Deutschland belegt: Die Firmen leiten einen Richtungswechsel in der Kommunikation ein und sprechen zunehmend die Menschen direkt an – nicht mehr vorrangig über den Umweg der klassischen Medien. Diese sind zwar immer noch wichtig, vor allem Fachzeitschriften und Wirtschaftspresse, verlieren aber an Attraktivität für die Unternehmen. 65 Prozent der befragten Firmen sagen, die Medienberichterstattung berge für sie zunehmend Reputationsrisiken, weil viele Journalisten thesengeleitet vorgehen und ihre Story zuspitzen.

Kein Wunder, dass Firmen dann die Chance nutzen, eigene und direkte Kommunikationswege zu den Zielgruppen aufzubauen. Dazu greifen sie auf journalistische Strategien, Regeln und Präsentationsformen zurück. Sie bauen z. B. vielerorts sogar eigene Newsrooms auf, wie sie bei Redaktionen im Einsatz sind. Sie entwickeln sich Schritt für Schritt zu Medienhäusern, die attraktive Inhalte produzieren und diese vor allem über die digitalen Medien verbreiten. Gut ein Drittel der befragten Firmen hat bereits solche redaktionellen Strukturen in ihrem Hause aufgebaut. Ein weiteres Drittel steht noch in der Planungsphase.

Digitalisierung

Über zwei Drittel der befragten Firmen (67 Prozent) arbeiten aktiv an Projekten, um ihre Medien noch stärker zu „digitalisieren“. Dazu gehören Printmedien wie Mitarbeiter- und Kundenzeitschriften, die nun auch digital angeboten werden. Die internen Netze werden zu Plattformen des Wissens- und Erfahrungsaustausches ausgebaut. Und es werden verstärkt Videos und Newsletter eingesetzt. Auch die Websites der Unternehmen werden so überarbeitet, dass sie als „Hub“ für externe Kommunikationsbeziehungen überzeugen. Über 70 Prozent der befragten Firmen sagen, dass für sie die Social Media-Kanäle wie Facebook, Twitter und Youtube künftig noch wichtiger werden. 62 Prozent der Befragten wollen sich systematisch um Blogger und Influencer im Netz kümmern, die neben den Journalisten an Bedeutung gewinnen.

Was wollen wir sagen?

Welchen Weg auch immer eine Firma wählt: Er führt von einer bisherigen Medienbezogenheit des Denkens und Planens hin zu einer Content-Orientierung der Prozesse. Bisher „füllten“ einzelne Teams die Mitarbeiter- oder Kundenzeitschrift sowie die internen Netze mit Themen und kümmerten sich – medienspezifisch – um deren Aufbereitung. Doppelarbeit ist auf diesem traditionellen Weg gar nicht zu vermeiden. Die Abstimmungsprozesse sind in diesen Ablaufstrukturen ebenso mühsam wie die Zusammenarbeit mit anderen Bereichen. Wenn die Themen aber an den Ausgangspunkt des Denkens und der Prozesse rücken, sind effiziente Mehrfachverwertungen von einem Thema über mehrere Kanäle möglich. Schwerpunktthemen, Argumente und Storylines stehen dann im Vordergrund. Die Verantwortlichen für Kommunikation wissen: Sie können die Aufmerksamkeit der Zielgruppen nur gewinnen, wenn sie spannende und nützliche Inhalte bieten. Denn die Menschen, die sie ansprechen, sind anspruchsvoller und kritischer geworden. Sie sind als Mediennutzer „frei“, jedenfalls keineswegs mehr auf die offiziellen Angebote eines Unternehmens angewiesen und informieren sich auch über alternative Kommunikationswege. Ihre Ansprüche an den Informationsgehalt, z. B. von Mitarbeitermagazinen oder Führungskräfte-Newslettern, steigen. Die Zeit der Verkündigung von Unternehmensnachrichten ist vorbei.

Autor/in: 

Prof. Dr. Claudia Mast

Externer Kontakt:

Prof. Dr. Claudia Mast leitet das Fachgebiet Kommunikationswissenschaft und Journalistik der Universität Hohenheim (Stuttgart). Außerdem ist sie Geschäftsführerin der C.M. Gesellschaft für Strategisches Kommunikationsmanagement mbH in München (kowi.uni-hohenheim.de/mast).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2017, Seite 38

 
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