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Bildung

Wissbegierig

05.09-Siemens Healthcare, 1950_Siemens-Healthineers-MedArchiv,-AFE4_90_R.504.53I © Siemens Healthcare, 1950 Stadtarchiv Nürnberg A38 Nr. C-143-14

Lehrwerkstatt von Siemens in den 1950-er Jahren.

Berufliche Bildung gehört zur DNA der Industrie- und Handelskammer.

Heute ist man daran gewöhnt, viele junge Menschen in der Nürnberger Findelgasse 7 anzutreffen. Immerhin sind derzeit fast 6 000 Studierende am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg eingeschrieben. Am 15. Oktober 1919 ist das sicher noch anders, als dort plötzlich 174 junge Männer und immerhin sechs junge Frauen ihr Studium an der auf Initiative der Industrie- und Handelskammer Nürnberg frisch gegründeten „Freien Hochschule für Handel, Industrie und allgemeine Volksbildung“ aufnehmen. Unter ihnen ist auch der damals 22-jährige Ludwig Erhard aus Fürth, der dort den Grundstein für eine historische Karriere legt.

Natürlich Nürnberg! Auch in dieser Angele-genheit ist die Haltung der Handelskammer Nürnberg klar. Sie ist nicht nur der entscheidende Motor beim Aufbau des kaufmän-nischen Bildungswesens, sie bekennt sich auch klar zum mittelfränkischen Standort. Und so wird Anfang des 20. Jahrhundert trotz großen Interesses nicht etwa München, sondern die Noris zur kaufmännischen Hochschulstadt. Doch der Reihe nach: Bereits 1853 tritt eine gesetzliche Grundbestimmung in Kraft, die den Handelskammern zugesteht, die Berufsausbildung in ihrem Bereich eigenständig zu regeln und zu fördern. Seither sind Anfragen zur Gründung von Lehranstalten, Gesuche um die Erteilung der Lehrbefugnis an diesen Schulen sowie beispielhafte Curricula in den Akten der IHK dokumentiert. 1904 plädiert die Handelskammer erstmals konkret für die Errichtung einer Hochschule am Standort Nürnberg, u. a. aus der Beobachtung heraus, dass dem „Geschäftsmann heute ganz andere Aufgaben entgegenträten als früher“. Der Handelsvorstand macht das Vorhaben zur Priorität und die Herren Bing und Häberlein, damals Marktvorsteher der Handelskammer, machen sich auf, um sich an der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften in Frankfurt inspirieren zu lassen. Es dauert noch eine Weile, bis aus der Idee eine echte Institution wird. Am 27. Mai 1918 wird die Handelshochschule dann in Nürnberg gegründet, 1919 beginnt offiziell der Lehrbetrieb.

Das Prinzip Handelshochschule funktioniert und entwickelt sich ab 1919 kontinuierlich weiter. 1920 stimmt der Nürnberger Stadtrat für die ministerielle Genehmigung der Hochschule. 1925 wird sie mit anderen Hochschulen gleichgestellt und fortan auch als „Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ tituliert. Ab 1930 darf hier promoviert, ab 1931 habilitiert werden. 1934 wird aus dem Umfeld der Handelshochschule heraus sogar die spätere Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) gegründet. Nürnbergs Handelshochschule besteht bis 1961, bevor sie Teil der Universität Erlangen-Nürnberg wird.

Acht Jahre später feiert die IHK-Organisation einen weiteren Erfolg in Sachen Bildung: Mit dem Berufsbildungsgesetz erhält sie das Recht für den Vollzug einer einheitlichen Berufsausbildung im kaufmännischen Bereich. Und Ludwig Erhard? Er zählt als späterer Bundeswirtschaftsminister und Bundeskanzler aus heutiger Sicht sicher zu den berühmtesten Absolventen und Lehrern der Handelshochschule. Nicht ohne Grund ist das historische Haus in der Findelgasse als Ludwig-Erhard-Gebäude bekannt.

Wirtschaft bildet unsere Zukunft

Berufliche Bildung und Fachkräftesicherung gehören heute unverändert zu den zentralen Aufgaben der IHK Nürnberg. Derzeit betreut sie in Mittelfranken über 9 400 Ausbildungsbetriebe und 21 000 Auszubildende. Mit Betriebsbesuchen, Aus- bilder-Eignungsprüfungen und Weiterbildungs-angeboten für Ausbilder sichert sie die Qualität der Ausbildung. Den Ausbildungsbetrieben steht die IHK mit Informationen über Lehrmittel, Aus-bildungsmethoden und rechtliche Fragen zur Seite. Ganz wichtig ist der IHK, dass sie allen Azubis gleichermaßen gerecht wird: Deshalb gibt es spezielle Förderungen für besonders begabte Jugendliche sowie Projekte wie „KollegenCoaching“, mit denen schwächere Azubis begleitet werden. Kommt es zu Differenzen zwischen Azubi und Ausbildungsbetrieb, schlichtet die IHK die Streitigkeiten, um die Fortsetzung der Ausbildung zu gewährleisten.

Bei den Zwischen- und Abschlussprüfungen, die die Azubis absolvieren, gelten deutschlandweit hohe Standards. Zum reibungslosen Ablauf der jährlich fast 18 000 Prüfungen tragen allein in Mittelfranken rund 5 000 Prüfer aus Unternehmen und Berufsschulen bei, die diese wichtige Aufgabe ehrenamtlich wahrnehmen.

Doch mit einer abgeschlossenen Ausbildung hört das Lernen nicht auf: Die IHK-Akademie Mittelfranken unterstützt deshalb Fachkräfte aus der Wirtschaft mit einer Vielzahl von Seminaren und Lehrgängen beim beruflichen Aufstieg. Besonders gefragt bei den Arbeitgebern sind beispielsweise Absolventen, die IHK-Zertifikate als Fachwirte, Fachkaufleute, Industriemeister oder Technische Betriebswirte vorweisen können.

Die Aktivitäten der IHK im Bildungsbereich beschränken sich nicht auf die betriebliche Aus- und Weiterbildung: Sie setzt schon im Kindergartenalter an und beteiligt sich an der deutschlandweiten Initiative „Haus der kleinen Forscher“, die Kinder spielerisch an Naturwissenschaften und Technik heranführt. Am Herzen liegt der IHK nicht zuletzt eine leistungsfähige Hochschullandschaft, für die sie sich intensiv bei Politik und Verwaltung einsetzt. Am Ausbau der Forschungseinrichtungen für Mikroelektronik, Automatisierung, Medizintechnik, Energietechnik und zahlreiche andere Technologiefelder hat die IHK aktiv mitgewirkt.

Alle Beiträge zum 175-jährigen Jubiläum finden Sie unter

www.ihk-nuernberg.de/seit1843

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2018, Seite 51

 
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