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Legionellen

Reines Wasser

Vik_Y_GettyImages-641307762 [Konvertiert] © Vik_Y/GettyImages.com

Betreiber von bestimmten Anlagen müssen vorsorgen, damit Brauch- und Nutzwasser nicht mit krankmachenden Mikroorganismen verunreinigt wird.

Für die Betreiber von Verdunstungskühlanlagen, Kühltürmen und Nassabscheidern gelten seit 20. August vergangenen Jahres neue Pflichten. Damals trat die „42. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes“ (42. BImSchV) in Kraft, die konkrete Pflichten hinsichtlich Aufbau, Betrieb und Überwachung dieser Anlagen festgelegt. Die neue Bundes-Immissionsschutzverordnung ist an die bereits bestehende VDI-Richtlinie 2047 angelehnt, geht allerdings in einigen Punkten darüber hinaus.

Ein wesentliches Ziel der Neuregelung ist es, im gewerblichen Bereich verbindliche Regelungen zum Schutz vor Legionellen zu schaffen. Legionellen sind im Wasser lebende Bakterien, die u. a. die sogenannte Legionärskrankheit auslösen können. Hierbei handelt es sich um einen schweren Infekt der Lunge, der tödlich enden kann. Eine Ansteckung findet vorrangig durch Einatmen von Aerosolen (feinste Wassertröpfchen) statt. Bei Verdunstungskühlanlagen können Legionellen mit dem austretenden Wasserdampf in die Umwelt gelangen. In den vergangenen Jahren wurde in Deutschland eine Reihe von Legionellenausbrüchen mit Todesfolge bekannt. Das Robert-Koch-Institut geht zudem von einer hohen Dunkelziffer nicht erkannter Infektionen aus.

Verdunstungskühlanlagen werden meist als offene Rückkühlwerke von Kälte-, Klima- oder Energieerzeugungsanlagen betrieben. Sie kommen in Branchen wie Industrie und Energiewirtschaft zum Einsatz, aber auch in Handel, Gastronomie, Hotels und Bürogebäude. Betroffen von der Verordnung sind nur Rückkühlwerke, die durch Verdunstung von Wasser Wärme an die Umgebungsluft abführen. Daneben regelt die Verordnung auch den Betrieb von Nassabscheidern, die in der Industrie zur Abluftreinigung eingesetzt werden. Auch Kühltürme mit mehr als 200 Megawatt können betroffen sein. Rückkühlwerke im Trockenbetrieb und weitere Systeme, von denen keine Gefahr erwartet wird, nimmt die Verordnung aus. Vorsicht gilt bei Rückkühlern, die – meist in der Sommerzeit – zur Erhöhung der Kühlleistung mit Wasser besprüht werden. Hier sollte der Betreiber prüfen, ob seine Anlage betroffen ist.

Die Betreiber müssen laut der Verordnung dafür sorgen, dass ihre Anlagen so ausgelegt und betrieben werden, dass Verunreinigungen des Nutzwassers durch Mikroorganismen, insbesondere Legionellen, nach dem Stand der Technik vermieden werden. In den Anlagen müssen z. B. geeignete Werk- und Betriebsstoffe eingesetzt, Tropfenabscheider installiert und soweit wie möglich Totzonen vermieden werden. Insgesamt sollen sie dem Stand der Technik entsprechen (d. h. Verwendung fortschrittlicher Einrichtungen und Betriebsweisen, die sich in der Praxis bewährt haben). Ob diese Anforderungen erfüllt werden, sollten Unternehmen vor der Inbetriebnahme von Herstellern, Installateuren oder spezialisierten Dienstleistern in Erfahrung bringen.

Die Pflichten der Betreiber im Einzelnen:

betriebsinterne Überprüfung des Nutzwassers: Das Nutzwasser der Anlage muss betriebsintern alle zwei Wochen auf chemische, physikalische oder mikrobiologische Kenngrößen (z. B. Dip-Slide-Tests) untersucht werden.

Laboruntersuchungen: Alle drei Monate müssen hygienisch fachkundige Personen Proben des Nutzwassers entnehmen. In der Folge sind die Parameter allgemeine Koloniezahl (Gesamtkeimzahl) und Legionellen durch ein akkreditiertes Labor zu bestimmen. Wurden bisher keine Untersuchungen durchgeführt, musste dies erstmals bis zum 16. September 2017 erfolgen. Die Legionellenprüfung genügt später alle sechs Monate, wenn die durch die Verordnung vorgegebenen Prüfwerte zwei Jahre hintereinander nicht überschritten wurden.

Betriebstagebuch: Unternehmen müssen ein Betriebstagebuch führen, in dem alle wichtigen Informationen zur Anlage dokumentiert werden (u. a. die Ergebnisse der betriebsinternen und Laborprüfungen). Eine elektronische Speicherung dieser Daten ist möglich. Die Einträge müssen fünf Jahre lang aufbewahrt und bei behördlichen Überprüfungen vorgelegt werden.

behördliche Anzeigepflicht: Ab dem 19. Juli 2018 gilt außerdem eine behördliche Anzeigepflicht. Ab dann müssen alle Anlagen der zuständigen Behörde innerhalb eines Monats angezeigt werden (bestehende Anlagen also bis 19. August 2018). Das gilt auch für die Änderung, Stilllegung von Anlagen oder einem Betreiberwechsel.

Prüfung durch Sachverständige oder eine Inspektionsstelle: Alle fünf Jahre müssen die Anlagen zusätzlich von öffentlich bestellten Sachverständigen oder akkreditierten Inspektionsstellen des Typs A hinsichtlich eines ordentlichen Anlagenbetriebs überprüft werden. Für bestehende Anlagen gelten Übergangsbestimmungen abhängig vom Alter der Anlage. Für Anlagen, die vor dem 19. August 2011 (bzw. 2013, 2015, 2017) in Betrieb genommen wurden, muss die erste Prüfung bis zum 19. August 2019 (bzw. 2020, 2021, 2022) erfolgen.

Maßnahmen beim Anstieg oder Überschreiten von Prüf- und Maßnahmenwerten: Stellt eine Untersuchung auf Legionellen Überschreitungen von Prüfwerten fest, werden Maßnahmen erst nach erneuter Laboruntersuchung notwendig. Werden die jeweiligen Maßnahmenwerte überschritten, die die Verordnung für die einzelnen Anlagen vorsieht, muss dagegen sofort gehandelt werden. Wird bei der Laboruntersuchung ein sehr hoher Anstieg der Konzentration der allgemeinen Koloniezahl festgestellt, müssen Betreiber die Ursachen ermitteln (z. B. Wasseraufbereitung kontrollieren) und gegebenenfalls Sofortmaßnahmen (z. B. Desinfektion) ergreifen.

Untersuchung vor Wiederinbetriebnahme: Wird eine Anlage so verändert, dass sich dies auf die Vermehrung von Legionellen auswirken kann, oder wird der Nutzwasserkreislauf für mehr als eine Woche unterbrochen bzw. trockengelegt, muss sie vor Wiederinbetriebnahme von einer hygienisch fachkundigen Person untersucht werden. Dabei muss eine Gefährdungsbeurteilung mit Risikoanalyse und Risikobewertung durchgeführt und dokumentiert werden.

Verstöße gegen die Pflichten der 42. BImSchV gelten als Ordnungswidrigkeit, können aber auch strafrechtliche Folgen nach sich ziehen. Auch eine Stilllegung des Unternehmens ist theoretisch möglich. Die zuständige Behörde für Anzeige- und Meldepflichten sowie für die Kontrolle ist das jeweilige Umweltamt. Betroffene Betreiber sollten sich mit dieser gesetzlichen Neuregelung auseinandersetzen, um Gesundheits- und Haftungsrisiken zu vermeiden.

Autor/in: 

Von Jürgen Tauschek

Jürgen Tauschek ist Vertriebsleiter der Aqua-Technik Beratungs GmbH in Schwabach (Tel. 09122 3072930, j.tauschek@aquabest.de, www.aqua-technik-gmbh.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2018, Seite 36

 
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