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EuWe Wexler

Verkleidungskünstler für Autos

EuWe Wexler_Alexander Wexler © Thomas Tjiang

Geschäftsführer Alexander Wexler (l.) mit einem Mitarbeiter in der Fertigung für Pkw-Mittelkonsolen.

Das Laufer Unternehmen beliefert Autohersteller mit Kunststoffbauteilen – dafür braucht es eine vielseitige Produktion.

Medienrummel für den eigenen Erfolg steht nicht auf der Agenda der EuWe Group aus Lauf a. d. Pegnitz. Der Hersteller von Kunststoffbauteilen für alle deutschen Automobilkonzerne feierte zwar im vergangenen Jahr sein 50-jähriges Bestehen – die Festlichkeiten richteten sich aber nicht an die Öffentlichkeit, sondern galten den Mitarbeitern. "Das sind unsere Leistungsträger", so begründet es Alexander Wexler, der gemeinsam mit seinem Bruder Matthias als Geschäftsführender Gesellschafter die Geschicke des Unternehmens in dritter Generation lenkt.

Das Familienunternehmen erwartet für das abgelaufene Geschäftsjahr einen Umsatz von rund 205 Mio. Euro. Das wäre eine stabile Entwicklung. Denn in einer Branche mit einem so ausgeprägten Preisdruck schwanken die Einnahmen in einer solchen Größenordnung. Auch für das angelaufene Jahr 2019 rechnet die EuWe-Group mit Blick auf den Umsatz mit einer ähnlichen Geschäftsentwicklung. Rund 45 Prozent des Umsatzes werden am Stammsitz generiert, außerdem entwickelt und fertigt das Unternehmen dort neue Werkzeuge für die weitgehend automatisierten Produktionsstraßen. Darüber hinaus ist EuWe in Mexiko, Tschechien und im US-amerikanischen South Carolina mit eigenen Fertigungsstätten präsent. Weltweit gibt es insgesamt mehr als 2 000 Mitarbeiter, am Stammsitz in Lauf sind konstant rund 650 Mitarbeiter beschäftigt.

Die EuWe Eugen Wexler GmbH & Co. KG stellt als reiner Zulieferer für die Autoindustrie Oberflächenteile und Verkleidungen aus Kunststoff her. Dazu zählen u. a. Mittelkonsolen für den Innenraum, Heckklappen, Einstiegsleisten, Verkleidungen für A-Säulen, Sitzverkleidungen und vieles andere mehr.

Hoch flexible Produktion

Die Wexler-Brüder, die seit letztem Jahr in der Geschäftsführung von ihrem langjährigen Mitarbeiter Oliver Kleesattel verstärkt werden, sehen sich in diesen Bereichen einem wachsenden Anspruch bezüglich Haptik und Qualität ausgesetzt. Denn für die EuWe-Kunststoffteile nimmt die Komplexität mit zunehmender Variantenzahl bei den Autobauern zu. Für das Modell Tiguan von Volkswagen mit seinen unterschiedlichen Ausführungen sowie Farbkonzepten gibt es für eine Mittelkonsole über 100 Variationen. Das erfordere Flexibilität und Kostenbeherrschung, so Wexler über das Erfolgsgeheimnis. Manche Produkte laufen bis zu einer Woche einheitlich aus einer Fertigungsstraße, bei anderen werden die Maschinen nach ein paar Stunden Produktion schon wieder umgestellt. Entsprechend lasse sich an den Montagelinien wenig vereinheitlichen.

Innovationen sind bei EuWe vorwiegend Prozess-innovationen, damit das Unternehmen die Preise auf Anforderung hin stabil halten oder senken kann. Dabei geht es darum, die Bestückung und Verpackung an der Fertigungslinie effizient zu gestalten und die Lagerhaltung auf dem riesigen Hof möglichst kurz zu halten, auf dem die Waren im Schnitt einmal die Woche komplett umgeschlagen werden. So wurde beispielsweise in Lauf eine Spritzgussmaschine in ein anderes Werk verlagert, um Transportkosten innerhalb des Betriebs zu vermeiden und Produktkosten zu senken. In einem anderen Fall hat das Unternehmen die Montage von Klammern und Clipsen in ein Spritzgussbauteil optimiert: Die Mitarbeiter befestigten diese zuvor per Hand, nun übernehmen das die Entnahmeroboter durch eine technische Idee direkt – ohne menschlichen Eingriff. Im Fertigungsprozess selbst beschreitet EuWe auch durch eine neue Kombination von Werkstoffen neue Wege. Mittlerweile hat sich der thermoplastische Schaumguss, das sogenannte TSG-Verfahren, als Standard etabliert. Damit lassen sich u. a. leichtere und festere Bauteile produzieren.

Das Tüfteln an kniffligen Lösungen scheint zur DNA der Unternehmerfamilie zu gehören. Großvater Eugen war ein gelernter Werkzeugmacher und machte sich 1968 mit einem kleinen Betrieb in Röthenbach a. d. Pegnitz in seiner Garage selbstständig. Zunächst lag der Fokus auf der Herstellung von Metallprodukten, Schritt für Schritt kamen dann Kunststoffartikel für die Elektro-, Verpackungs- und Spielwarenindustrie hinzu. Der Durchbruch in der Automobilindustrie folgte mit einem ersten Auftrag von Audi: Der Ingolstädter Autobauer benötigte ein simples, aber in der Herstellung komplexes Bauteil für den Motorraum, das vor Wind und Wasser schützen sollte. Damit wurde in den 1970er Jahren zunächst der Audi 50 ausgerüstet, dann folgten die Golf- und Polo-Modelle. Das EuWe-Firmengelände wurde zu klein, daher baute Eugen Wexler im Laufer Industriegebiet 1978 ein Bürogebäude mit Wohnhaus und angrenzender Fertigungshalle. Heute ist die Wohnung längst zu einem Teil des Betriebs geworden. Flächenmäßig ist EuWe über die eigenen Grundstücksgrenzen hinausgewachsen und hat über die Straße hinweg weitere Fläche bebaut.

Familienunternehmen in dritter Generation

Mit Eugen Wexler junior ist im vergangenen Jahr mittlerweile schon die zweite Generation aus dem operativen Geschäft ausgeschieden. Nun leiten Alexander und sein älterer Bruder Matthias die Geschicke, die nicht nur als Kinder auf dem ganzen Gelände gespielt, sondern auch in den Schulferien mit angepackt haben. Der heutige Betriebswirt Alexander Wexler habe hier nach eigener Aussage fast jeden Job gemacht und Fräsen, Lackieren sowie Verpacken gelernt. 2007 stieg er zunächst in den Vertrieb ein, jedoch sei für ihn der Eintritt in das Familienunternehmen kein internes Gebot gewesen: "Wir hatten immer die Wahl", sagt Alexander Wexler, der 2013 mit seinem Bruder Matthias, seines Zeichens Ingenieur, mit in die Geschäftsführung aufstieg.

Dass EuWe bislang noch nicht in China vertreten ist, sei der behutsamen Wachstumsstrategie aus eigener Kraft geschuldet. Als nach den Standorten in Mexiko und Tschechien der nächste Schritt anstand, entschied sich EuWe für die USA und gegen China, beides wäre zu viel gewesen. Zwischenzeitlich stand auch eine Fertigung in Russland auf der Agenda, die Pläne des Kunden General Motors für ein Astra-Werk seien aber im Zuge der Russland-Sanktionen gekippt worden und derzeit kein Thema mehr. Vor der grundlegenden Transformation der Automobilbranche in Richtung E-Mobilität ist Wexler nicht bange. Anders als bei vielen anderen mittelständischen Zulieferern, die etwa Bauteile für den Verbrennungsmotor produzieren, haben seine Kunststoffbauteile auch in E-Autos eine Zukunft.

Herausforderung Mitarbeiterrekrutierung

Schwieriger sei es, qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen. Von den aktuell 30 Azubis sind fast die Hälfte Geflüchtete. Grundsätzlich wertet Alexander Wexler die Situation beim Nachwuchs als "stark verändert" ein, kaum ein Jugendlicher wolle sich mit Blick auf den späteren Schichtdienst ausbilden lassen. Daher setzt das Unternehmen verstärkt auf Umschulungen, wenn etwa Hilfsarbeiter keinen oder keinen anerkannten Schulabschluss haben. Diese "Brücke" wird erfolgreich genutzt, um Talente zu entwickeln: Denn die Umschulung hat einigen Hilfsarbeitern den Weg aus der Zeitarbeit hin zu einer Qualifizierung zum Maschinen- und Anlagenführer geebnet.

EuWe hat sich schon 2015 im Bereich der Fortbildung engagiert, als viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen. Das ist zwar für beide Seiten eine Win-Win-Situation, für Wexler war das aber nicht die entscheidende Motivation. Es sei vielmehr eine "Herzensangelegenheit" gewesen, sich hier zu engagieren. EuWe bot beispielsweise auch kostenlose Deutschkurse an. Das vielseitige Engagement für die Menschen im Familienbetrieb scheint sich auszuzahlen: Die Fluktuation ist vergleichsweise gering, die Dauer der Betriebszugehörigkeit selbst im mexikanischen Werk untypisch hoch. Für Alexander Wexler resultiere das aus der firmeneigenen Maxime "Vertrauen und Verlässlichkeit", die nach außen und innen jetzt und in Zukunft die Marschrichtung vorgibt.

Autor/in: 

(tt.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 01|2019, Seite 72

 
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