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IHK-Webinar "Schutzkleidung"

Große Sorgfalt gefragt

Handschuhe Masken © Yevhenii Orlov/GettyImages.de

Masken, Schutzbrillen und Schutzkittel sind wegen der Corona-Pandemie gefragt. Was müssen Hersteller und Importeure beachten?

Unternehmen, die Schutzkleidung herstellen, müssen zahlreiche rechtliche Vorschriften befolgen. Das machte Edwin Schmitt von der TÜV Rheinland Consulting GmbH in Nürnberg beim IHK-Webinar "Einfuhr- und Produktsicherheit von Schutzkleidung in Zeiten von Corona" deutlich. Die Liste der rechtlichen Vorschriften ist umfangreich: Zu ihr gehören u. a. die EU-Verordnung für Persönliche Schutzausrüstung (VO EU 2016/425) sowie die Medizinprodukte-Richtlinie (93/42/EWG) bzw. die Medizinprodukte-Verordnung (EU 2017/745). Außerdem sind die gültigen Normen für das Produkt, die Produktkennzeichnung, die Benutzerinformation und die technische Dokumentation zu beachten und mit den entsprechenden Nachweisen zu belegen. Nicht zuletzt ist der Hersteller verantwortlich für das Erstellen der EU-Konformitätserklärung und für das Anbringen der CE-Kennzeichnung.

Als Hersteller gilt jede natürliche oder juristische Person, die persönliche Schutzausrüstungen (PSA) herstellt, entwickelt oder herstellen lässt und sie unter ihrem Namen oder ihrer Marke vertreibt und sie damit erstmalig in der EU "bereitstellt". Er muss seinen Namen, seinen eingetragenen Handelsnamen und die Postanschrift auf der PSA selbst oder, wenn dies nicht möglich ist, auf der Verpackung oder in den beigefügten Unterlagen angeben. Als Hersteller habe man die "Urverantwortung" dafür, dass die Schutz- und Sicherheitsanforderungen eingehalten werden, so Schmitt.

Die Pflichten des Importeurs bauen auf denen des Herstellers auf: Er muss sicherstellen, dass der Hersteller seinen Verpflichtungen ordnungsgemäß nachgekommen ist. Das sei vor allem auch im Hinblick auf den Import von PSA aus China zu beachten, der sich ohne persönliche Kontakte oft schwierig gestalte, mahnte Schmitt. Der Importeur stehe hier ganz vorne in der Haftungskette, müsse bei Beschwerden mit den Behörden kooperieren und für geeignete Lager- und Transportbedingungen Sorge tragen.

Auch Online-Händler, die persönliche Schutzausrüstung vertreiben, haben besondere Sorgfaltspflichten. Sie müssen beachten, welche Produkte mit der CE-Kennzeichnung zu versehen sind, welche Unterlagen das Produkt begleiten müssen und welche Umstände eindeutig für die Nichtkonformität des Produkts sprechen könnten. Davon sollte sich der Online-Händler durch regelmäßige Stichproben überzeugen und dies auch dokumentieren, um im Fall einer Überprüfung durch die Aufsichtsbehörde gewappnet zu sein.

Für alle PSA-Produkte, die in Deutschland vertrieben werden, ist eine Produktinformation in deutscher Sprache vorgeschrieben. Zudem gibt es je nach Produkt unterschiedliche Anforderungen:

  • Die einfache Mund- und Nasenbedeckung ("Community Mask") schützt das Gegenüber vor Tröpfchen, Speichel und Schleim, bietet aber keinen Selbstschutz. Für sie gelten die Regeln der allgemeinen Produktsicherheit, die Textilkennzeichnungsverordnung und die Pflegekennzeichnung. Eine CE-Zertifizierung und -Kennzeichnung ist nicht notwendig. Vorgeschrieben ist der Hinweis in der Produktinformation, dass die Maske für den Träger keinen Schutz bietet. Vor Kurzem hat das Europäische Komitee für Normung (CEN) einen ersten Standard für nicht-medizinische Alltagsmasken als "CEN Workshop Agreement (CWA)" veröffentlicht. Das "CWA 17553:2020 – Community face coverings" legt Mindestanforderungen für Design, Herstellung und Leistungsbewertung fest.
  • Die medizinische Gesichtsmaske oder OP-Maske schützt ebenfalls vor Tröpfchenauswurf des Trägers, muss aber laut der Medizinprodukterichtlinie nach DIN EN 14683:2019 genormt sein. Zudem müssen eine CE-Zertifizierung nach Klasse I und eine EU-Konformitätserklärung vorliegen.
  • Dem Selbstschutz dienen dagegen filtrierende Halbmasken (Kategorien FFP1, FFP2 und FFP3). Für sie gelten die PSA-Verordnung (EU-Verordnung 2016/425) und die entsprechende Norm 149:2001. Für die Klasse 3 ist zusätzlich eine EU-Baumusterprüfung erforderlich, für die in Deutschland notifizierte Stellen wie das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) und die Dekra zuständig sind. Nach der Konformitätsbewertung wird neben der CE-Kennzeichnung die Nummer der notifizierten Prüfstelle, die angewendete Norm, die Schutzklasse, der Herstellername, Produktbezeichnung und schlussendlich die Haltbarkeit des Produktes aufgedruckt.
  • Für das Visier als Augenschutz, das vor flüssigen und festen Aerosolen schützen soll, sind die PSA-Verordnung, die Norm DIN EN 166:2002 sowie die CE-Kennzeichnung zu beachten.
  • Medizinische Einmalhandschuhe gehören zur Schutzklasse I und müssen der DIN EN 455 entsprechen. Handschuhe der Kategorie III (blau) schützen vor gefährlichen Chemikalien und Mikroorganismen (Grundlage: EN ISO 374). Auf Handschuhen, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, müssen das Glas- und Gabelzeichen abgebildet oder die Funktion beschrieben sein.

Einsatzkräfte benötigen eine Schutzausstattung, wenn das grundsätzliche Risiko besteht, dass sie mit Erregern gemeingefährlicher Infektionskrankheiten in Kontakt kommen könnten. Die Ausstattung besteht aus Schutzanzug, Handschuhen sowie Augen- und Atemschutz. Aufgrund von "Corona" hat die EU für medizinische Atemschutzmasken einer Sonderzulassung nach §11 Abs. 1 des Medizinproduktegesetzes zugestimmt. Mit der Empfehlung 2020/403 werden Ausnahmen von den regulären Zertifizierungsmaßnahmen erlaubt. Die Umsetzung wurde den Mitgliedstaaten überlassen. Deutschland hat sich für vereinfachte Prüfverfahren entschieden. Sonderzulassungen erteilen für medizinische Masken das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie für PSA-Produkte die Gewerbeaufsicht. Diese Sonderzulassungen sind bis auf weiteres möglich, bis jetzt wurde noch kein Datum für das Auslaufen dieser Regelungen genannt.

Die Kontrollbehörden sind die Gewerbeaufsicht (für medizinische Geräte) und die Bezirksregierung. Sie haben Befugnisse wie die Polizei und können bei sichergestellten Fälschungen einen Rückruf anordnen, das Produkt zerstören oder verbieten. Auf dem Online-Portal Rapex werden regelmäßig nicht-konforme Produkte veröffentlicht. Häufige Beispiele sind derzeit laut Schmitt FFP2-Masken, die eine geringere Schutzwirkung als 90 Prozent haben, und Masken chinesischen Ursprungs, die mit gefälschten Zertifikaten in Verkehr gebracht werden.

"Bis heute sind weltweit 21 Mrd. Masken aus China importiert worden", sagte Rainulf Pichner, Experte für Zoll- und Außenwirtschaftsrecht bei der IHK Nürnberg. Als Beitrag zur Bekämpfung des Corona-Virus habe die Europäische Kommission am 3. April 2020 beschlossen, die Einfuhr von Medizinprodukten und Schutzausrüstungen aus Nicht-EU-Ländern zu erleichtern und zunächst bis 31. Juli 2020 von Zöllen und Umsatzsteuer zu befreien. Dafür gibt es allerdings zwei Voraussetzungen: Die Einfuhr muss von staatlichen Organisationen, von anerkannten Organisationen der Wohlfahrtspflege oder in deren Auftrag erfolgen. Die Verteilung muss nachweislich unentgeltlich an Personen erfolgen, die an Covid-19 erkrankt, davon bedroht oder an der Pandemie-Bekämpfung beteiligt sind. Eine kommerzielle Nutzung oder der Weiterverkauf sind ausgeschlossen. Beim Import von Hilfsgütern müssen die Regeln beachtet werden, die auch sonst bei der Wareneinfuhr gelten. So ist insbesondere eine Zollanmeldung erforderlich, in der auch die Befreiung von den Einfuhrabgaben beantragt werden muss. Auf eine Sicherheitsleistung wird angesichts der Pandemie verzichtet.

Für medizinische Geräte und Materialien, die als Hilfsgüter in die EU eingeführt werden, wurde der Unterlagencode "9DFA – Bevorzugte Einfuhrabfertigung von medizinischem Gerät und Material (Corona-Lage)" geschaffen. Damit soll insbesondere der Import von dringend benötigten Atemschutzmasken, Schutzbekleidung, Medikamenten, Beatmungsgeräten und Desinfektionsmitteln erleichtert und beschleunigt werden.

Autor/in: 

as.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2020, Seite 58

 
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