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Architektonische Leuchttürme

Bauten mit Ausstrahlung

3240px-2021_Augustinerhof_Von Derzno - Eigenes Werk, CC BY-SA 4-0- httpscommons-wikimedia-orgwindex-phpcurid105710964-01 © Derzno/CC BY-SA 4.0

Der Augustinerhof mit dem Deutschen Museum Nürnberg ist ein architektonischer Hingucker in der Sebalder Altstadt.

Wegweisende Bauprojekte beleben Städte und Viertel. Auch für Unternehmen macht sich moderne Architektur bezahlt.

Im Kulturbereich funktioniert er zuverlässig, der Bilbao-Effekt. Sprich: die gezielte Aufwertung von ausgewählten Orten durch attraktive Bauten. In der baskischen Hafenstadt Bilbao baute der Star-Architekt Frank O. Gehry 1997 ein spektakuläres Guggenheim-Museum, dessen glitzernde Metallfassade plus gewagte Architekturkomposition sich in dem nach Schwefel riechenden siechen Hafenviertel wie ein frisch gelandetes Raumschiff darstellte. Man rieb sich die Augen. Aber nach zehn Jahren hatte sich das urbane Aschenputtel in ein besuchenswertes Wirtschaftszentrum mit künstlerischem Touch verwandelt. Sicher lässt sich nicht die ganze Entwicklung der zuvor kriselnden Stadt auf den provokanten Entwurf reduzieren. Untersuchungen an der TU München bestätigen jedoch die positiven Effekte solcher zielgerichteten Architektur-Eingriffe. In Graz wurde das von Archigram-Architekt Peter Cook entworfene Kunsthaus zum baukünstlerischen Wahrzeichen der Stadt. Der etwas an einen pickeligen Drachen erinnernde sogenannte „Friendly Alien“ fungiert mit seiner biomorphen futuristischen Dachform auch als Brücke zwischen zwei Stadtteilen, von denen der eine zuvor als abgehängt und sozial zurückgeblieben bewertet wurde.

Warum aber in die Ferne schweifen? Auch zwei Kulturbauten in Nürnberg sorgten schon für eine völlig neue Wahrnehmung und spezielle Aufwertung ihrer Umgebung. Günther Domenigs 1999 entworfenes Dokuzentrum konfrontiert und durchbohrt das Reichsparteitagsgelände aus dem „Dritten Reich“ mit einer provokativen Architektursprache, die von den Nationalsozialisten als entartet gebrandmarkt worden wäre. Ein aktuelles Beispiel: Das von Volker Staab entworfene Neue Museum in der Nürnberger Altstadt verwandelt die einstige Hinterhofsituation in ein vitales Quartier.

Pilotprojekt im Bayerwald

Genauso bemerkenswert und auch nicht weit weg: Das inzwischen sogar auf einer Sonderbriefmarke verewigte Konzerthaus im oberpfälzischen Blaibach. Der von Peter Haimerl entworfene gekippte Quader – ein Eyecatcher in Form eines schräg in die Erde gerammten Granitblocks – gilt heute als Herzstück einer städtebaulichen Maßnahme zur gelungenen Revitalisierung eines kleinen Ortskerns. Neben dem neuen Bürgerhaus und dem neu gestalteten Dorfplatz sorgt das mit mindestens 50 Veranstaltungen im Jahr bespielte Objekt für eine neue Art von Identität im 2000-Seelen-Ort.

Ein ähnliches Projekt Haimerls entsteht in der Metropolregion Nürnberg: Für die Musikbegegnungsstätte Haus Marteau in Lichtenberg bei Hof hat er einen Konzertsaal-Stollen fast komplett in den Untergrund des umgebenden Parks eingegraben. Mehr als 400 junge Musiker besuchen pro Jahr dort rund 30 Meisterkurse von internationalen Dozenten.

Leuchtturmprojekte sind auch im Bildungssektor beliebt: Universitäten, die berühmte Professoren anziehen und beste Absolventen ausbilden wollen, die sich um Auszeichnungen und Fördermittel bemühen, punkten schon immer gerne mit ansprechender Architektur. Das Dessauer Bauhaus-Gebäude etwa war Programm, Idee und unübersehbares Aushängeschild. Aktuelle regionale Beispiele sind der mehrfach ausgezeichnete Anbau von Hascher Jehle Architektur, der an die von Sep Ruf gebaute Akademie der Bildenden Künste Nürnberg angefügt wurde, oder der geplante Neubau der neu gegründeten Technischen Universität in Nürnberg-Lichtenreuth. Dort soll auf dem Gelände des alten Güterbahnhofs ein attraktiver Campus entstehen.

Gebaute Glanzlichter

Spektakuläre Architektur ist auch beste Werbung für Gewerbe und für Handel. Das wusste man schon zu Zeiten der alten Kaufhausbauten, die ja teils wie Schlösser daherkommen. KaDeWe in Berlin, Macy´s in New York oder die erst kürzlich aufwändig restaurierte Samaritaine am Pont Neuf in Paris, die mit ihrer Art-déco-Fassade das Quartier überstrahlt, sind beredte Beispiele. Heute allerdings streicht man eher den Charakter des Ortes heraus und wertet diesen auf.

Das gelingt auch dem fast fertiggestelltem Augustinerhof in der Nürnberger Altstadt nahe Pegnitz-Insel und Hauptmarkt – einst ein verödeter Parkplatz. Staab Architekten, Berlin, planten dort ein Quartier, in dem sich Kultur, Läden, Gastronomie, Hotel treffen – Fußgängerzone inklusive. Einen Akzent am Pegnitzufer setzt die Dependance des Deutschen Museums: eine erfolgreiche Stärkung des Viertels und eine Bereicherung der Stadt.

Architektonische Highlights präsentiert auch der Bürobereich, nicht nur in ästhetischer Hinsicht. Eine junge Mitarbeiter-Generation will eine neue Bürokultur und andere Raumkonzepte. Wenn Unternehmen im „War for Talents“, im Wettbewerb um die besten Mitarbeiter, bestehen wollen, müssen sie das beherzigen. Man muss auf die Work-Life-Balance der Mitarbeiter eingehen, ihnen das tägliche Leben erleichtern. Einrichtungen wie Kindergärten, Ärzte und Apotheken helfen dabei genauso wie Fitnessstudios, Friseure, Reinigungen und Gastronomie. Zusammen mit Homeoffice-Konzepten bringt so die Generation Y Familie und Beruf besser unter einen Hut.

Räume für die Work-Life-Balance

Perfekt ist, wenn die neuen Bauten auch gestalterisch hochklassig sind – wie etwa die neue von Behnisch Architekten in Herzogenaurach gebaute Adidas-Arena, in der etwa 2 000 Personen in einer modifizierten Multi- oder Open-Space Büroarchitektur arbeiten – und viele Möglichkeiten haben, Sport zu treiben. 

Auch Puma erweiterte seine Konzernzentrale nebenan: Der von Krex Architekten geplante Bau und die „Puma-Bridge“ über eine Schnellstraße sorgen sehenswert für komfortablere Wege im weitläufigen Areal.

Vorbildcharakter hat auch das ehemalige Telekom-Gebäude (zuvor Hauptpost) am Rathenauplatz. Statt Leerstand oder gar Abriss wird das riesige Haus aus der Betonära derzeit von Design Offices als Coworking-Space zwischengenutzt. Nachfolgen wird der „Evangelische Campus“, der nach einem umfassenden Umbau durch Franz & Sue Architekten klar, offen, erkennbar, einladend und durchlässig für die Stadtgesellschaft sein wird.

Nicht lumpen lässt sich auch Siemens auf seinem neuen Erlanger Campus mit seinem japanischen Restaurant Sakaya. Frische regionale Produkte fusionieren mit alter japanischer Kochkunst – was sich sogar in der gediegenen Atmosphäre im Inneren widerspiegelt. In der Gastronomie, speziell der gehobenen, ist die prägnante Gestaltung wichtige Basis des geschäftlichen Erfolgs.

Das setzten auch Bermüller + Niemeyer beim Sushi-Restaurant Fuji Yama im Erdgeschoss des Adina-Hotels in Nürnberg um. Mit geschwungenen Holzlamellen, Akustikobjekten und einer atmosphärischen Lichtkonzeption sei „eine in Farbigkeit und Materialität moderne Interpretation fernöstlicher Esskultur“ gelungen. Nun erhielt das in eine alte Bankfiliale hineinkomponierte Objekt das Prädikat „Schönstes Restaurant Deutschlands“. Und stellt damit eindrucksvoll unter Beweis, dass es in Franken attraktive Architektur gibt, die Orte zielsicher aufwertet und die Wirtschaft belebt.

Autor/in: 

Joachim Goetz

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2021, Seite 122

 
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