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IHK-Arbeitskreis Immobilienwirtschaft

Wie geht effiziente Planung?

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Aktuelle Schwerpunkte des IHK-Arbeitskreises: Genehmigungsverfahren beschleunigen und Innenstädte beleben.

Die Politik beraten und die Diskussion zu immobilienwirtschaftlichen Themen voranbringen: Diese wesentlichen Ziele hat sich der im Jahr 2017 gegründete IHK-Arbeitskreis Immobilienwirtschaft gesetzt. Die Experten kommen aus allen Bereichen der Branche und sehen sich als Ideengeber und Partner für Politik, Wirtschaft und interessierte Öffentlichkeit. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie sich die Standortbedingungen und die Attraktivität der Metropolregion Nürnberg verbessern lassen. Der Arbeitskreis trifft sich in der Regel zweimal jährlich, darüber hinaus gibt es Projektgruppen, die je nach Bedarf zusammenkommen. Seine Empfehlungen gehen auch in die wirtschaftspolitischen Positionen der IHK Nürnberg ein. Im Mittelpunkt der aktuellen Aktivitäten stehen die Themenfelder „Planen und Bauen“ sowie Innenstadtentwicklung, die von zwei Projektgruppen koordiniert werden.

Projektgruppe „Planen und Bauen“

Wo gibt es die größten Reibungsverluste bei Planungsverfahren und wie kann man diese schneller und effizienter gestalten? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Projektgruppe „Planen und Bauen“ und nimmt dabei die Prozesse in der kommunalen Verwaltung, bei Planungsbüros, Projektentwicklern usw. unter die Lupe. Erste Ergebnisse lassen darauf schließen, dass es oft schon bei der Kommunikation zwischen Investoren und Verwaltung hapert. Deshalb schlägt der Arbeitskreis vor, dass die Verwaltung den Unternehmen im Vorfeld die Möglichkeit einer informellen Vorberatung anbietet, bevor das eigentliche Planungsverfahren anläuft. Dabei könnten wichtige Fragen vorab geklärt und zahlreiche Probleme von vornherein vermieden werden. Dadurch würde sich die Chance für einen reibungslosen Projektablauf erhöhen.

Wichtig für die schnelle Bearbeitung von Anträgen sind auch „kurze Wege“ innerhalb der Kommune, also eine gute Kommunikation der am Verfahren beteiligten Ämter untereinander. Sie trägt entscheidend dazu bei, dass Probleme schnell entdeckt und gelöst werden. Bei komplexen, großräumigen Vorhaben, die eine städtebauliche Dimension haben, kommt es zudem auf eine enge Abstimmung von Stadtplanung und Politik an. „Sie müssen mit einer Stimme sprechen, damit es nicht zu größeren Verzögerungen kommt“, erklärt Martina Stengel, Expertin für Raumplanung und Standortplanung bei der IHK und Koordinatorin des Arbeitskreises Immobilienwirtschaft.

Ein häufiges Hindernis für effiziente und zügige Planungsverfahren ist personeller Natur: Die Bauämter sind teilweise unterbesetzt, sodass die Mitarbeiter die große Zahl an Planungsverfahren kaum bewältigen können. Umgekehrt beklagen sich die Bauämter häufig darüber, dass die eingereichten Planungsunterlagen unvollständig oder qualitativ unzureichend sind. Die Unternehmen müssen sich also der Komplexität des jeweiligen Projekts bewusst sein und entsprechend qualifizierte Mitarbeiter bzw. Planungsbüros damit betrauen.

Nachdrücklich setzt sich die Arbeitsgruppe dafür ein, die Planungs- und Genehmigungsverfahren digital abzuwickeln und technische Lücken in der Verwaltung schnell zu schließen. „Mit der Digitalisierung könnten die Verfahren optimiert und viel transparenter gestaltet werden“, so Stengel. Hilfreich wäre auch ein intranet-basiertes Wissensmanagement in den Kommunen, um die Kommunikation und Abstimmung zwischen den beteiligten Ämtern zu verbessern.

Hohe Erwartungen werden an die Novelle der Bayerischen Bauordnung geknüpft, die am 1. Februar 2021 in Kraft getreten ist und die ebenfalls zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren beitragen soll. Das gilt vor allem für die sogenannte Genehmigungsfiktion, wonach die Genehmigung für Wohnbauvorhaben unter bestimmten Voraussetzungen als erteilt gilt, sollte die Behörde innerhalb von drei Monaten keine Rückmeldung gegeben haben. Nürnbergs Baureferent Daniel F. Ulrich gab bei einem Meinungsaustausch mit den Mitgliedern des Arbeitskreises allerdings zu bedenken, dass die Novelle bei den deutlich komplexeren Gewerbeprojekten nicht immer zu einer Beschleunigung führen dürfte. In vielen Fällen werde deshalb die Akzeptanz in der Bevölkerung weiterhin ausschlaggebend für die erfolgreiche Umsetzung von gewerblichen Bauvorhaben sein. Ulrich machte auf eine weitere Herausforderung aufmerksam: „Angesichts des Klimawandels stellen sich ganz neue Ansprüche an Planen und Bauen. Wenig wird einfacher, vieles noch komplizierter. Es bleibt eine Herausforderung, die Belange von Wohnen, Grün, Verkehr und Arbeiten in der Stadt gut zusammenzubringen.“ Darin ist er sich mit der Projektgruppe „Planen und Bauen“ einig, die sich deshalb in den nächsten Monaten intensiv mit den Themen nachhaltiges Bauen und Nachhaltigkeit von Bestandsgebäuden beschäftigen wird.

Projektgruppe „Strategiekonzept Pulsierende Zentren“

Die Innenstädte und Ortszentren und die dort angesiedelten Betriebe stehen seit einigen Jahren stark unter Druck. Einige Stichworte: Konkurrenz durch den Online-Handel, viele Leerstände, geringe Aufenthaltsqualität und dadurch sinkende Zahl an Passanten und Besuchern in den Ortskernen. Und nun leiden Handel, Gastronomie und Dienstleister auch noch unter den Folgen der Corona-Krise. „Wir sehen aber aktuell auch die Chance, neue Wege der Kommunalentwicklung zu gehen“, so Martina Stengel. Um diesen Wandel in Mittelfranken zu begleiten, erarbeitet die Projektgruppe „Strategiekonzept Pulsierende Zentren“ ein Thesenpapier, das als Handreichung für die Praxis dienen soll. Im Gegensatz zu klassischen Entwicklungskonzepten für den Einzelhandel soll die gesamte Entwicklung eines Ortes berücksichtigt werden.    

Das Thesenpapier wird sich mit diesen Aspekten der Innenstadt-Entwicklung beschäftigen:

  • bessere Vernetzung der verschiedenen Nutzungen: Der Arbeitskreis sieht es als zentrale Aufgabe, die Innenstädte für zahlreiche verschiedene Nutzungen attraktiv zu machen, z. B. Wirtschaft und Arbeit, Wohnen, Freizeit, Kultur, Bildung und öffentliche Dienstleistungen. Die Multifunktionalität der Innenstädte müsse wiederhergestellt und die Nutzungen müssten optimal aufeinander abgestimmt werden. Wenn in den Zentren wieder mehr gewohnt und gearbeitet werde, ziehe dies „automatisch“ Geschäfte, Gastronomie, Dienstleister, Kultureinrichtungen usw. nach sich.
  • Profil und eigenen Charakter der einzelnen Stadtzentren stärken: Die Innenstädte gleichen sich immer mehr an. Deshalb muss das Profil der einzelnen Zentren gestärkt werden, z. B. durch Schlüsselimmobilien, standorttypische Veranstaltungen, Etablierung einer Stadtmarke.
  • Kooperationen in der Stadtentwicklung fördern: Kommunen, Bewohner, Gastronomie, Einzelhändler und Eigentümer arbeiten gemeinsam an Konzepten für ihr Quartier.
  • Besuch der Innenstädte als Erlebnis: Wenn der Besuch der Innenstadt zum Erlebnis wird, motiviert dies mehr Menschen zum Kommen und der innerstädtische Handel wird gegenüber dem Online-Handel gestärkt.
  • mehr in die Aufenthaltsqualität investieren: Grünflächen und Sitzgelegenheiten schaffen, Vermeidung von Hitzeinseln (Begrünung, Beschattung und Wasser) usw.
  • Einsatz von Fördermitteln für die Stadtentwicklung: Der Arbeitskreis appelliert an die Kommunen, die Bereiche personell zu stärken, die sich mit Fördermitteln in den Bereichen Stadtentwicklung und Mittelstandsförderung beschäftigen. Dadurch würden trotz angespannter Finanzlage der Kommunen Investitionen und Angebote im Bereich der freiwilligen Leistungen möglich. An die Entscheidungsträger in Land, Bund und EU wird appelliert, diese Programme länger und nachhaltig mit Haushaltsmitteln zu hinterlegen.
  • aktives Leerstands- und Risikomanagement: Leer stehende Kaufhäuser und Ladengeschäfte sollten schnell und unbürokratisch für neue Nutzungen umgewidmet werden. Einige Beispiele: zeitweise Nutzung durch Pop-up-Stores, Wettbewerbe für innovative Nutzungskonzepte kommunaler Immobilien, Mietausfallgarantien für Immobilieneigentümer (um kurzfristige Vermietungen attraktiv zu machen), keine Genehmigung für die kurzfristige Zwischen- bzw. Nachnutzung leer stehender Gebäude, Frühwarnsystem für drohende Leerstände, rechtliche Spielräume nutzen (z. B. Experimentierklausel für Aktionen und Umnutzungen).
  • Online-Konzepte für den stationären Handel stärken: Unterstützung der Läden in den Innenstädten, um das stationäre Geschäft mit der digitalen Welt zu verbinden.
  • nachhaltige Mobilität und Logistik sichern: öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und Fahrrad-Infrastruktur in den Innenstädten ausbauen und effiziente Lieferkonzepte für Handel, Gastronomie und Innenstadtbewohner entwickeln (z. B. Lastenfahrräder, Verteiler-Hubs, Systeme für die Routenplanung, Ausweisung von Lieferzonen).
  • Innenstadt als Versorgungszentrum fördern: Bei Planungsverfahren für großflächige Handelsprojekte an den Stadträndern müssen innenstadtrelevante Sortimente ausgeschlossen werden – auch solche, die in der Innenstadt derzeit nicht (mehr) vorhanden sind, deren Ansiedlung dort aber erwünscht ist. Für eine solche Einzelhandelssteuerung müssen – schon aus juristischen Gründen – qualifizierte Einzelhandelskonzepte für die Innenstädte erarbeitet werden.
  • beispielhafte Projekte und Erfahrungen bekannt machen: Erfolgreiche Innenstadt-Projekte können als Anregung für andere Kommunen dienen, deshalb sollen solche Initiativen bekannter gemacht werden.

Erfahrungsaustausch für Unternehmen

Der IHK-Arbeitskreis Immobilienwirtschaft wird in Kürze ein neues Format für den Erfahrungsaustausch anbieten: Unternehmen sind eingeladen, ihre Erfahrung bei Investitionsprojekten sowie Planungs- und Genehmigungsverfahren in die Diskussion einzubringen. „Wir wollen damit den Unternehmen eine Möglichkeit bieten, über Themen zu berichten, bei denen der Schuh drückt“, so Martina Stengel. Interessierte Betriebe können sich bei der IHK melden.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2021, Seite 118

 
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