Routinearbeiten mit Intelligenz erledigen
KI in der Praxis: Digitale Assistenten für betriebswirtschaftliche Prozesse: Im Mittelstand ohne aufwändige Vorbereitung einsetzbar.


Nach dem Hype kommt die Ernüchterung. Das ist eine gängige Entwicklung bei digitalen Innovationen. Beim Thema Künstliche Intelligenz (KI) ist davon noch nichts zu sehen. Es werden derzeit so viele neue KI-Lösungen auf den Markt gebracht oder angekündigt, dass einem schwindelig werden kann. Kein Wunder also, dass laut einer aktuellen Bitkom-Umfrage jedes fünfte Unternehmen das Gefühl hat, bereits den Anschluss verloren zu haben. Rund zwei Drittel sehen sich demnach als Nachzügler bei KI. Dabei sind die Einstiegshürden für den Einsatz von KI-Lösungen oft viel niedriger als befürchtet und ein Effizienzgewinn und unmittelbarer Nutzen stellt sich schnell ein. Große IT-Investitionen sind dafür nicht nötig – ein Vorteil gerade auch für viele kleinere Unternehmen.
Nicht nur in Auftragsabwicklung, Produktion oder Kundenansprache können spezielle KI-Lösungen unschätzbare Vorteile bieten, sondern auch rund um die kaufmännischen Abläufe bei der Lohnabrechnung und Finanzbuchführung sowie bei der Vorbereitung von unternehmerischen Entscheidungen. Diese Lösungen lassen sich insbesondere in Zusammenarbeit mit der Steuerberaterin oder dem Steuerberater auch ohne umfangreiche Vorbereitungen nutzen. Voraussetzung ist allerdings, dass die kaufmännischen Prozesse im Unternehmen schon größtenteils digital und – noch besser – durchgängig digital und somit automatisiert ablaufen, inklusive digitaler Anbindung bzw. Schnittstelle zur Steuerkanzlei. Denn nur so stehen die für den Einsatz von KI notwendigen Datenmengen zur Verfügung.
KI längst im Mittelstand angekommen
Der Einsatz von KI im betrieblichen Alltag ist keine Zukunftsmusik, sondern längst Teil der Gegenwart – oft ohne großes Aufsehen oder das Generieren von Halluzinationen (also unzutreffender Ergebnisse). Teilweise bereits seit vielen Jahren nutzen Software-Lösungen im Hintergrund KI-basierte Mechanismen, um Prozesse effizienter, sicherer und intelligenter zu gestalten. Ob es um das Erkennen von Mustern, das Aufspüren von Anomalien oder die Fehlervermeidung in Echtzeit geht – Künstliche Intelligenz arbeitet zunehmend als fleißiger Assistent im Hintergrund mit. Und genau darin liegt für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ein enormes Potenzial: Automatisierung ohne großen Mehraufwand und Effizienzgewinne ohne zusätzliche Ressourcenbindung.
Besonders bei wiederkehrenden, datengetriebenen Aufgaben zeigt die KI ihre Stärken. So lassen sich etwa im Bereich der Finanzbuchhaltung oder Lohnabrechnung monotone Routinearbeiten durch smarte Systeme beschleunigen oder ganz übernehmen. Wenn das notwendige Know-how vorhanden ist, behält der Mensch dabei die Kontrolle, kann sich aber auf höherwertige Tätigkeiten konzentrieren – etwa auf strategische Entscheidungen oder den persönlichen Kontakt zu Kunden, Partnern und Mitarbeitenden. KI wird zum Werkzeug, nicht zum Ersatz. Beispiele wie der „Liquiditätsmonitor online“ oder der „Personal-Benchmark online“ der Nürnberger Datev eG zeigen, wie niedrigschwellig der Einstieg sein kann – und wie hoch der Nutzen.
Überblick statt Bauchgefühl: Liquiditätsprognosen mit KI
Mit dem Liquiditätsmonitor beispielsweise erhalten Unternehmen eine Prognose zur Entwicklung ihrer Liquidität in den kommenden Wochen – vollautomatisch auf Basis realer Kontobewegungen. Das System analysiert historische Transaktionen, erkennt bereits anstehende Zahlungen (etwa aus der Kreditorenbuchhaltung), prognostiziert künftige Entwicklungen und visualisiert diese anschaulich. So lassen sich finanzielle Engpässe frühzeitig erkennen oder Auswirkungen bestimmter Szenarien simulieren – etwa ein verzögerter Zahlungseingang oder unerwartete Ausgaben. Besonders für Unternehmen, die ihre Buchhaltung über die Steuerkanzlei abwickeln, entsteht hier ein digitaler Vorteil ohne überflüssigen Aufwand.
Ein weiterer praxisnaher Anwendungsfall ist die Gehaltsfindung mit Hilfe von KI. Der „Personal-Benchmark online“ greift auf Millionen anonymisierter Lohnabrechnungen aus Datev-Lösungen zurück, analysiert diese im Kontext von Branche, Region, Qualifikation und Betriebsgröße – und liefert so fundierte Marktvergleiche. Das hilft dabei, neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einem konkurrenzfähigen, aber wirtschaftlich vertretbaren Gehalt zu gewinnen. Besonders in Zeiten von Fachkräftemangel ein entscheidender Vorteil.
Effizientere Zusammenarbeit mit der Steuerkanzlei
Doch KI wirkt nicht nur direkt im Unternehmen, sondern zunehmend auch indirekt über die Dienstleistungen der Steuerkanzlei. Viele Kanzleien mit entsprechendem Know-how und entsprechender Ausstattung setzen inzwischen auf KI-basierte Automatisierungsservices, etwa zur Bearbeitung von Rechnungen und Bankkonto-Umsätzen. Die Systeme erkennen Inhalte auf Belegen, analysieren Transaktionen und erstellen daraus Buchungsvorschläge, die direkt in das Rechnungswesen-Programm der Kanzlei übernommen werden. Die Qualität dieser Vorschläge steigt kontinuierlich, da die KI aus den Korrekturen durch die Anwender in der Kanzlei lernt und sich fortlaufend weiterentwickelt. Das bedeutet: weniger Rückfragen, schnellere Verarbeitung und mehr Transparenz für Unternehmerinnen und Unternehmer.
Viele Tausend Steuerberatungskanzleien nutzen bereits den „Automatisierungsservice Rechnungen“ – Tendenz stark steigend, obwohl für ihren Einsatz in den Kanzleien neue Prozesse gestaltet und anspruchsvolles Know-how rund um KI und deren rechtliche und technische Voraussetzungen, etwa beim Thema Datenschutz, aufgebaut werden müssen. Und auch der „Automatisierungsservice Bank“ beinhaltet smarte Funktionen: Er liest elektronische Kontoauszüge aus, erkennt Muster und erstellt intelligente Zuordnungen für Buchungsvorgänge. Beide technisch und fachlich hochentwickelten Services greifen auf die in der Datev-Cloud gespeicherten Buchführungsdaten des jeweiligen Unternehmens zurück und bieten damit eine solide, datenschutzkonforme Grundlage für KI-gestützte Beratung.
Mensch und Maschine: ein starkes Team
Natürlich ersetzt auch die beste KI nicht die persönliche Beratung oder die betriebswirtschaftliche Erfahrung eines Steuerberaters. Doch sie schafft Freiräume – zeitlich wie inhaltlich. Die gewonnene Zeit kann in die strategische Weiterentwicklung des betreuten Unternehmens investiert werden. Wer beispielsweise tagesaktuelle Prognosen zur Liquidität hat oder fundierte Daten für Personalentscheidungen nutzen kann, stärkt nicht nur die eigene Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch die Planungs- und Reaktionsfähigkeit im Unternehmen.
Wichtig ist: Der Einstieg in die KI-Welt muss weder teuer noch komplex sein. Voraussetzung ist für Unternehmen vor allem eine solide digitale Basis – idealerweise mit durchgängig digitalisierten kaufmännischen Prozessen und einer nahtlosen Anbindung an die Steuerkanzlei. Beides wird auch beim Umstieg auf die E-Rechnung benötigt.
Kleine Schritte, großer Effekt
Der Einsatz von KI im betriebswirtschaftlichen Umfeld ist kein Zukunftsversprechen mehr – er ist heute möglich, sinnvoll und häufig sogar notwendig, um mit den Anforderungen des Marktes Schritt zu halten und den Herausforderungen des Fachkräftemangels etwas entgegenzusetzen. Gerade kleine und mittlere Unternehmen profitieren von den Automatisierungspotenzialen, die ihnen KI-Lösungen bieten. Für einen Einstieg in die Welt der KI-Lösungen ist es noch nicht zu spät. Gemeinsam mit ihren Steuerberaterinnen und Steuerberatern können Unternehmerinnen und Unternehmer die für ihren Betrieb passenden Lösungen identifizieren und in den Arbeitsalltag integrieren – gegebenenfalls inklusive Schulung der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Autorin: Claudia Specht
Claudia Specht ist in der Unternehmenskommunikation der Nürnberger Datev eG für die Themen Wirtschaft und Mittelstand zuständig (www.datev.de).
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