Wie prüft man digital?
Die IHK-Organisation betritt Neuland: Künstliche Intelligenz unterstüzt bei der Erstellung von Prüfungsaufgaben.


IHK-Prüfungen digital
Wie sehen die schriftlichen IHK-Prüfungen der Zukunft aus und welche Rolle spielen dabei Digitalisierung und KI? Dieser Frage widmete sich der siebte „Nürnberger Dialog zur Berufsbildung“, zu dem über 120 Expertinnen und Experten aus ganz Deutschland in die IHK-Akademie gekommen waren. Neben Vorträgen, Diskussionen und Praxislaboren stand auch eine wegweisende Premiere auf dem von Nathalie Reils moderierten Programm: Vorgestellt wurde der Prototyp der „AkA-KI“, die sich noch in der Entwicklung befindet und künftig bei der Erstellung von IHK-Prüfungsaufgaben unterstützen soll.
Zu der Fachveranstaltung eingeladen hatten die IHK Nürnberg für Mittelfranken und die Aufgabenstelle für kaufmännische Abschluss- und Zwischenprüfungen (AkA). Sie wird von 45 IHKs getragen und ist zuständig für die Erstellung der bundeseinheitlichen schriftlichen Prüfungen für 38 kaufmännische Berufe. Jährlich werden bundesweit rund 200 000 Auszubildende mit Aufgaben der AkA geprüft, die bei der IHK Nürnberg ansässig ist und im vergangenen Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feierte.
Digitalisierung und Künstliche Intelligenz erfordern nicht nur eine Auseinandersetzung mit neuen Prüfungsformen, sondern wirken sich auch auf die Inhalte der IHK-Prüfungen aus, so IHK-Hauptgeschäftsführer Markus Lötzsch. Für jeden Beruf müsse herausgearbeitet werden, welche passgenauen Prüfungsformen und Prüfungsinhalte geeignet seien. AkA-Geschäftsführer Dr. Wolfgang Vogel erläuterte, dass die Erstellung, Durchführung und Auswertung der zentral erstellten, schriftlichen IHK-Prüfungsaufgaben ein hochkomplexer Prozess sei, bei dem bereits heute digitalisierte Workflows eine wichtige Rolle spielen. Die Umstellung von papierbasierten auf digitale Prüfungen sei kein Selbstzweck, sondern müsse einen Mehrwert bringen, ohne dabei die Prüfungsqualität und die Rechtssicherheit der Prüfungen zu beinträchtigen.
Wie ein solcher Mehrwert aussehen könnte, zeigte Prof. Dr. Esther Winther von der Universität Duisburg-Essen: Digitales Prüfen bedeute nicht zwingend Prüfen am PC. Vielmehr gehe es darum, wechselnde und unterschiedliche berufliche Situationen gut abzubilden. Sie gab zudem einen Einblick in das neue digitale Werkzeug „ASPE-Workbench“, das in Zusammenarbeit zwischen der Universität und der AkA entstand und vom Bundesbildungsministerium gefördert wurde. Das Collaboration-Tool unterstützt die ehrenamtlichen Ersteller der Aufgaben bei ihrer Arbeit und dient dem Austausch der Beteiligten und der Qualitätssicherung.
Forschungsprojekte der AkA
Auch das neueste AkA-Forschungsprojekt „AkA-KI“ soll dazu beitragen, das Ehrenamt bei der Aufgabenerstellung zu entlasten. Entwickelt wird es in Kooperation mit der Hochschule Ansbach. Die KI-Anwendung wird konkret auf die Bedürfnisse der AkA zugeschnitten und programmiert. Deren Architektur und Funktionsweise stellten die beiden Professoren Dr. Sigurd Schacht und Dr. Alexander Piazza vor. Die Präsentation des Assistenzsystems stieß auf großes Interesse, betritt die AkA hier doch wissenschaftliches und technisches Neuland. Herzstück ist ein Agenten-Framework, bei dem mehrere digitale Experten („Agenten“) jeweils unterschiedliche Aufgaben übernehmen und bei der Erstellung und Evaluierung der Aufgabenvorschläge zusammenarbeiten. Geplant ist, die „AkA-KI“ in die „ASPE-Workbench“ zu integrieren, sodass beide Werkzeuge über eine gemeinsame Oberfläche komfortabel vom Ehrenamt online bedient werden können. Die Besucher der Tagung hatten Gelegenheit, in Praxislaboren die beiden Tools im Live-Einsatz zu erleben.
Die juristische Seite des KI-Einsatzes im Prüfungswesen beleuchtete Prof. Dr. Dirk Heckmann von der TU München. Nach seiner Einschätzung sei KI ein „Gamechanger“ im Prüfungswesen. Die neuen Technologien müssten aber so eingesetzt werden, dass die Prüfungen rechtssicher erstellt und durchgeführt werden.
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Wolfgang Vogel
AkA
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