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Guerilla-Marketing

Wie bunt darf man es treiben?

Holi-Festival © fotojog/Thinkstock.com

Kreative Werbeformen mit hohem Überraschungseffekt sorgen für Aufmerksamkeit. Was ist rechtlich zulässig? Von Christian Günther

Das Wort „Guerilla“ lässt sich am besten mit Kleinkrieg übersetzen. Werbetreibende greifen beim Guerilla-Marketing aber nicht zu den Waffen, sondern zu besonders kreativen Werbemethoden. Die Palette der Möglichkeiten ist sehr vielfältig, eines ist ihnen aber gemeinsam: Sie wollen einen hohen Überraschungseffekt erzielen und dadurch maximale Aufmerksamkeit mit möglichst geringen Kosten erreichen. Das Guerilla-Marketing wird für bestimmte Zwecke als kreative Alternative zur klassischen Werbung in Printmedien, Radio und Fernsehen oder auf Plakaten gesehen, die vielen als zu teuer und oft auch als langweilig gilt. Auch die Wirksamkeit der herkömmlichen Werbung wird hinterfragt, weil sich viele Mediennutzer angesichts der Flut von Werbebotschaften überfordert fühlen oder etwa beim Werbeblock im Fernsehen wegschalten. Ob man die Aktionen als gelungen oder geschmackvoll empfindet, darüber lässt sich streiten – allein, dass sie im Gedächtnis bleiben und dass darüber berichtet wird, ist ein Erfolg.

Ambush- und Street-Marketing

Experten unterscheiden verschiedene Spielarten wie z. B. das Ambush-Marketing (für die Aktion werden Großveranstaltungen ausgenutzt) oder das Street-Marketing (ungewöhnliche Produktwerbung auf Straßen und Plätzen). Wer die Guerilla-Aktionen vergleicht, erkennt bei aller Vielfalt gewisse Gemeinsamkeiten: Sie finden häufig im öffentlichen Raum statt oder sollen Menschen zum Mitmachen bewegen. Aber was ist dabei rechtlich erlaubt, wie weit darf man gehen?

Das Ambush-Marketing (in etwa: Marketing aus dem Hinterhalt) wird bisweilen auch als Parasite-Marketing bezeichnet, weil als Vehikel dafür medienwirksame Ereignisse genutzt werden, die man nicht selbst veranstaltet oder als Sponsor unterstützt. So ließ der Autohersteller Mercedes während des New York-Marathons 1997 Werbeflieger kreisen – offizieller Sponsor des Events war jedoch Toyota. Ähnliches machte der Bekleidungshersteller Trigema, der während des DFB-Pokalfinales 2016 ein eigenes Luftschiff über dem Berliner Olympia-Stadion kreisen ließ, obwohl er kein offizieller Sponsor war. Diese Aktionen waren legal, zumal die Werbetreibenden die Genehmigungen für die Flüge eingeholt hatten. Subtiler war das Vorgehen von American Express bei den Olympischen Winterspielen 1992 in Lillehammer, die der Konkurrent Visa sponserte. American Express warb darauf mit einem Fernsehspot und dem doppeldeutigen Slogan „If your´re travelling to Norway this winter, you´ll need a passport but you don´t need a visa“ („Wenn Sie in diesem Winter nach Norwegen reisen, benötigen Sie einen Pass, aber kein ,Visa‘!“).

Großes Aufsehen erregte Volvo im vergangenen Jahr mit einer Twitter-Aktion während des Finales der US-amerikanischen Profil-Liga im American-Football („Super Bowl“). Zahlreiche Automobilhersteller schalteten Spots während des Finales, wofür in aller Regel Spitzenpreise verlangt werden. Volvo sparte sich den Spot und kündigte stattdessen die Verlosung eines Volvos an: Den Wagen konnten diejenigen gewinnen, die genau in den Werbepausen der Konkurrenten einen Tweet über Twitter absetzten und dabei mitteilten, wem sie den Wagen im Falle des Gewinnes schenken würden.

Es gilt jedoch beim Ambush-Marketing, den Eindruck beim Verbraucher zu vermeiden, der Werbe-Guerillero gehöre zum Kreis der offiziellen Sponsoren. Denn dann liegt eine Irreführung und Täuschung vor, die natürlich verboten ist. Möglicherweise läuft man auch Gefahr, gegen das Markenrecht zu verstoßen. Denn Verbände wie DFB, Fifa und IOC gehen – gerade bei Großveranstaltungen wie der Fußball-WM und den Olympischen Spielen – rigoros gegen die unerlaubte Verwendung ihrer offiziellen Logos und sonstigen geschützten Begriffe vor.

Sondernutzung erlaubnispflichtig

Wer öffentliche Wege und Plätze über den allgemeinen Gebrauch (Verkehr, übliche Kommunikation der Passanten) hinaus nutzt, muss eine Erlaubnis für eine Sondernutzung einholen. Diese liegt immer dann vor, wenn man Passanten im öffentlichen Raum aus werblichen Gründen anspricht. Werden die Menschen bei der Aktion darüber hinaus zum Mitmachen animiert, sollte man im Vorfeld alle Gefahren analysieren, die sich möglicherweise daraus ergeben können. Denn wer eine Gefahrenquelle schafft, muss Dritte auch davor schützen. Denn wenn es zu Schäden wegen unzureichender Vorkehrungen kommt, haftet der Verursacher dafür, weil er die sogenannte Verkehrssicherungspflicht verletzt hat.

Ein Variante des Guerilla-Marketing ist die originelle Veränderung des Straßenbelags: So warb Jeep mit Parkplatzlinien, die auf Treppen angebracht wurden, für die Geländegängigkeit ihrer Autos. Auch für eine solche Aktion muss die Genehmigung der jeweiligen Gemeinde eingeholt werden. Außerdem ist zu bedenken, dass sich die Spuren der Folien ohne Aufwand in kurzer Zeit beseitigen lassen. Andernfalls kann man sich einer Sachbeschädigung schuldig machen. Dasselbe gilt auch für das Anbringen von Aufklebern. Nicht verändert werden sollten Verkehrsschilder und -zeichen, denn die Gefährdung von Verkehrsteilnehmern könnte als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gewertet werden.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2016, Seite 46

 
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