Zum Hauptinhalt springen
Reliable and secure communication between people. Avoid problems, dangers and conflicts. Eliminate surveillance, maintain confidentiality. Data protection and encryption. VPN services and messengers.

Konflikte lassen sich im Wirtschaftsleben natürlich nicht vermeiden, sie stören aber den normalen Geschäftsablauf und sind meist kraft- und zeitraubend. Deshalb ist es wünschenswert, sie kostengünstig und ohne übermäßigen Aufwand beizulegen, sodass sich die Beteiligten rasch wieder voll auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können.

Der Rechtsstreit vor Gericht ist nur ein Weg neben einer Reihe anderer Möglichkeiten. Der Nachteil: Er dauert meist lang, der Ausgang ist unvorhersehbar, das Verfahren ist belastend und die Geschäftsbeziehungen werden oft dauerhaft zerstört. Auch der Gang zum Schiedsgericht ist kaum vorteilhafter. Besser ist es, wenn man im konkreten Streitfall individuell ermittelt, welches Verfahren sich am besten für die Beilegung des Streits eignet. Es gibt ein abgestuftes System von Konfliktlösungen: Verhandeln, Mediation, Schlichtung und – nur als äußerste Schritte – den Prozess oder das Schiedsverfahren. Welches Verfahren sich am besten eignet, kann man beispielweise mit dem „Dispute Resolution Comparison Tool“ ­(DiReCT) ermitteln, das kostenlos im Internet abrufbar ist. Entwickelt wurde es vom „Round Table Mediation und Konfliktmanagement der Deutschen Wirtschaft“ (RTMKM), der von 60 namhaften deutschen Unternehmen getragen wird (Download des Tools: rtmkm.de). Ein weiteres Instrument ist der Konfliktnavigator der DIHK (schiedsgerichtshof.de/service/konfliktnavigator/).

Vorteile der Wirtschaftsmediation

Wirtschaftsmediation ist für Streitigkeiten zwischen Unternehmen besonders geeignet. Denn die beteiligten Unternehmen streben auch im Konflikt an, Risiken zu minimieren und Profite zu maximieren. Finanzielle und unternehmerische Gesichtspunkte, Kosten-Nutzen-Aspekte sowie die Abwägung von Chancen und Risiken sind für sie wesentlich. Die Konfliktlösung durch Mediation auf der einen Seite und unternehmerisches Denken und Handeln auf der anderen Seite gehen also gut zusammen. Wohl auf keinem anderen Konfliktgebiet als im Wirtschaftsleben ist es möglich, in ähnlich kurzer Zeit mit derart geringem Aufwand umfassende Einigungen auch bei komplexen Streitigkeiten herbeizuführen.

So funktioniert Wirtschaftsmediation

Mediation ist ein vertrauliches Verfahren, das durch das deutsche Mediationsgesetz anerkannt ist. Es kann grundsätzlich jederzeit eingesetzt werden, um Streit rasch und im beiderseitigen Einvernehmen beizulegen. Die Parteien eines Konflikts streben mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich an, den Konflikt einvernehmlich beizulegen. Der Mediator ist eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, der die Parteien durch die Mediation führt und bei der Suche nach Lösungen unterstützt. Mediationsverfahren haben eine klare Struktur, für deren Beachtung der Mediator sorgt. Die Parteien, ihre Anwälte und der Mediator treffen sich zum Mediationsgespräch am „Runden Tisch“. Der Mediator hat dabei die Verantwortung für den korrekten Ablauf des Verfahrens, die Parteien haben die Verantwortung für das Ergebnis.

Zunächst stellen die Beteiligten den Konflikt aus ihrer jeweiligen Sicht dar. Ihre Interessen werden ermittelt: Was sind die jeweiligen maßgeblichen Zielsetzungen? Nach Bedarf werden inhaltliche und rechtliche Zweifelsfragen erörtert und auf einvernehmliche Weise beantwortet. Wenn sich der Streit beispielsweise um ein Grundstück dreht, kann etwa ein Wertgutachten eingeholt werden. Sodann werden mögliche Lösungsoptionen entwickelt und anschließend diskutiert und bewertet. Ziel sind gemeinsame Lösungen, die die Interessen beider Seiten zufriedenstellend befriedigen. Anwälte und Mediator unterstützen bei dieser Suche. Die Anwälte müssen zusätzlich sicherstellen, dass Rechtsfragen beachtet werden. Den Ausschlag für die Einigung geben jedoch in der Regel wirtschaftliche und unternehmerische Gesichtspunkte. Einigen sich die Parteien, wird das Ergebnis in einem rechtsverbindlichen Vertrag festgehalten. Dieser wird durch die Anwälte der Parteien oder durch den Mediator, sofern er Jurist ist, entwickelt. Dann kann auch ein eventuell bereits eingeleitetes, aber ruhendes Gerichtsverfahren beendet werden. Detaillierte Regelungen können auch noch nach Abschluss der
Mediation vereinbart werden.

Ein wichtiger Aspekt: Die Parteien können die Durchführung einer Mediation jederzeit vereinbaren, auch wenn ein Konflikt bereits vor Gericht ist. Das Gerichtsverfahren wird dann unterbrochen, um mithilfe der Mediation eine gütliche Einigung zu versuchen. Gelingt dies nicht, wird der Prozess wieder aufgenommen. Die Erfolgsquote von Mediationen ist hoch. Im Schnitt liegt sie nach den langjährigen Erfahrungen des Verfassers bei über 80 Prozent.

Wirtschaftsmediationen führen häufig in sehr kurzer Zeit zum Erfolg. Bisweilen genügt eine einzige Sitzung, oft als Tagessitzung durchgeführt, um eine grundsätzliche Einigung herbeizuführen. Dies sind entscheidende Aspekte, um eine Mediation zum Erfolg zu führen:

  • die direkte Kommunikation zwischen den Parteien wiederherstellen
  • Interessen der Beteiligten genau herausarbeiten
  • keine „Vergangenheitsbewältigung“ betreiben, sondern den Blick auf die Gegenwart und auf die Gestaltung der Zukunft richten 
  • kaufmännischen und wirtschaftlichen Überlegungen den Vorrang geben und nicht juristische Streitfragen in den Mittelpunkt stellen 

Beispiel aus der Praxis

Folgender Fall aus der Praxis soll verdeutlichen, wie eine Mediation abläuft und wie sie auch bei festgefahrenen Konflikten zu einer einvernehmlichen Lösung führen kann:

Ein Entsorgungsunternehmen und ein Unternehmen für chemische Grundstoffe haben einen 20-jährigen Energielieferungsvertrag abgeschlossen. Das Entsorgungsunternehmen liefert Strom und Dampf, die bei der Verbrennung gewerblicher Abfälle entstehen, an das Grundstoffunternehmen. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vor vier Jahren waren die Entsorgungspreise hoch, was dem Entsorgungsunternehmen gute Gewinne versprach. Daher akzeptierte es günstige Preise für Strom und Dampf zugunsten des Grundstoffunternehmens. Inzwischen sind die Entsorgungspreise aufgrund von Überkapazitäten und der allgemeinen Wirtschaftskrise aber drastisch gesunken, was das Entsorgungsunternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringt. Es fordert nun eine deutliche Preiserhöhung und beruft sich auf eine vertragliche Klausel zur Anpassung bei wesentlichen wirtschaftlichen Veränderungen. Das Grundstoffunternehmen lehnt dies ab. Es verweist auf unternehmerische Risiken, die jedes Unternehmen selbst tragen müsse, und bestreitet das Vorliegen einer wesentlichen Veränderung. Auch sei es selbst von der Krise betroffen und sehe keinen Anlass für Preisänderungen.

Neben der Preisthematik bestehen weitere Streitpunkte: Unklarheiten über die Menge und Regelmäßigkeit der Dampflieferungen, unterschiedliche Auslegungen einer Wertsicherungsklausel sowie Beschwerden über angeblich übermäßige Staubemissionen des Grundstoffunternehmens. Letzteres führte sogar zu einer Anzeige durch das Entsorgungsunternehmen bei den Behörden, was den Konflikt verschärfte. Weitere Spannungen bestehen wegen der Qualität des zurückgeleiteten Kondensats und wegen Wasserentnahmen aus einem Gewässer, das dem Grundstoffunternehmen gehört. Die Situation ist zudem von persönlichen Spannungen geprägt. Der Umgangston ist rau, gegenseitige Wertschätzung fehlt. Direkte Klärungsversuche scheitern, gerichtliche Schritte drohen.

In den Verträgen ist festgelegt, dass im Streitfall das Instrument der Mediation eingesetzt werden sollte. Diese erweist sich zwar angesichts der Vielzahl an Problemen als langwierig, führt aber zu einer grundlegenden Lösung. Im Laufe des Prozesses verändern sich insbesondere die Sichtweisen des Grundstoffunternehmens: Es erkennt, dass das Fortbestehen des Entsorgungsunternehmens auch in seinem eigenen wirtschaftlichen Interesse liegt. Ein Zusammenbruch des Partners würde deutlich höhere Energiebezugskosten verursachen. Ein zentrales Ergebnis der Mediation ist der Aufbau von gegenseitigem Vertrauen – vor allem in die Ernsthaftigkeit der wirtschaftlichen Notlage des Entsorgungsunternehmens. Auch die persönliche Beziehung zwischen den Beteiligten verbessert sich deutlich.

Letztlich einigen sich die Parteien auf eine Erhöhung des Dampfpreises. Gleichzeitig werden die Liefermengen besser auf die Produktionsbedürfnisse des Grundstoffunternehmens abgestimmt. Beide Seiten profitieren wirtschaftlich. Die übrigen Konflikte lassen sich aufgrund der verbesserten Kommunikation künftig direkt und ohne weitere Mediation lösen.

Die dargestellte Mediation steht beispielhaft für viele andere erfolgreiche Mediationsverfahren. Deshalb kann man nur dazu ermutigen, in geeigneten Fällen auf das Instrument der Mediation zu setzen und auch den Service des Zentrums Wirtschaftsmediation der IHK Nürnberg für Mittelfranken in Anspruch zu nehmen.

 

Autor: Dr. Frank H. Schmidt - Mediator und Rechtsanwalt in Nürnberg (www.mediator-schmidt.de)

 

IHK-Mediationszentrum

Die IHK Nürnberg für Mittelfranken hat im Jahr 2007 das IHK-Mediationszentrum gegründet. Dieses Angebot der IHK dient der außergerichtlichen Beilegung von Wirtschaftskonflikten. Das IHK-Mediationszentrum

  • berät Mitgliedsunternehmen über alternative Möglichkeiten der Konfliktlösung,
  • stellt Musterklauseln für Mediationsverfahren zur Verfügung,
  • bietet eine Verfahrensordnung für kaufmännische Streitigkeiten an,
  • unterstützt in geeigneten Fällen bei der Anbahnung von Mediationsverfahren,
  • führt einen Mediatoren-Pool und benennt auf Anfrage kompetente und neutrale Wirtschaftsmediatoren,
  • administriert Mediationsverfahren nach der Verfahrensordnung des Mediationszentrums und
  • stellt bei Bedarf Räumlichkeiten für Mediationssitzungen zur Verfügung.

Das IHK-Mediationszentrum ist zuständig für alle Streitigkeiten, die einen Unternehmer in Ausübung seiner gewerblichen Tätigkeit oder die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse einer gewerblich tätigen Gesellschaft betreffen (§ 1 Verfahrensordnung). Mindestens eine Partei muss einer deutschen Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer angehören.

IHK, Tel. 0911 1335-1403
daniel.lasser@nuernberg.ihk.de
www.ihk-nuernberg.de/P1378

Webcode: N1524