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„The One“: Der exponierte Büroturm ist das Herzstück der „Neuen Mitte Thon“.

Schleppende Konjunktur, hohe Baukosten und mäßige Renditeerwartungen: Das waren in den letzten Jahren die Zutaten, die Immobilieninvestoren zögern ließen. Das galt insbesondere auch für das Städtedreieck Nürnberg, Fürth und Erlangen: Bei Büro-, Produktions- und Logistikimmobilien blieb das Geschäft flau, dagegen war der gewerbliche Wohnungsbau das begehrteste Segment.

Bei Büroflächen hat der aktuelle „Marktbericht Büroimmobilien 2024/2025“ der Nürnberger Immobilienberatung Küspert & Küspert für Nürnberg sogar einen Tiefpunkt beim Flächenumsatz ergeben. Der neu erstellte, regionale Büromarktindex „Norix“ rangierte 2024 an der Schwelle zur Rezession. Gerade einmal 74 000 Quadratmeter Bürofläche wurden neu vermietet – im Vergleich zum Jahr 2020 war das nicht einmal die Hälfte. „2024 war eines der schlechtesten Jahre“, stellte Marktbeobachter Wolfgang P. Küspert fest. Entsprechend stieg die Leerstandsquote auf rund sieben Prozent, was 292 000 Quadratmetern entspricht. Vor allem ältere, unsanierte Gebäude finden wenig Interesse, weil veraltete Bürostrukturen und auch die Energieeffizienz nicht mehr den Anforderungen entsprechen. Dagegen sind neue Büros von Projektentwicklern nahezu voll vermietet, darunter etwa der Campus Marienberg der Tucher‘schen Stiftung oder das Seetor City Campus an der Nürnberger Ostendstraße von Sontowski & Partner.

Hohe Investments in Wohnprojekte

Nun scheint der Markt für gewerbliche Immobilien-Investments aber endlich wieder auf Erholungskurs einzuschwenken: Gegenüber dem langjährigen Tiefpunkt im Jahr 2023 sorgten institutionelle Investoren und professionelle Privatanleger für eine deutliche Trendumkehr. Das Transaktionsvolumen 2024 über alle gewerblichen Immobilienarten (Wohnen, Büro, Handel, Grundstücke, Industrie, Logistik, Hotel) verdoppelte sich auch infolge der sinkenden Zinsen auf 640 Mio. Euro. Mit 278 Mio. Euro bleiben große Wohnbauprojekte aber die dominierende Asset-Klasse. Für Martina Stengel, Immobilienexpertin der IHK Nürnberg für Mittelfranken, ist das ein positives Zeichen: „Denn wir brauchen dringend zusätzlichen Wohnraum.“ Ein größeres Angebot an Wohnungen und Häusern verringere tendenziell die Preise für Wohnimmobilien und mache die Region attraktiver für potenzielle Fachkräfte. „Wir brauchen Abstriche bei Vorschriften und energetischen Standards sowie außerdem schnellere Genehmigungsverfahren“, hebt sie auch mit Blick auf den „Bau-Turbo“ der Bundesregierung hervor (siehe auch Artikel Seite 38). Zudem seien kreative Lösungen gefragt, möglichst platzsparend mit knappen Flächen umzugehen. Dabei seien aber zugleich die Wünsche der regionalen Wirtschaft nach zusätzlichen Gewerbeflächen zu beachten, deren Präsenz am Standort gesichert werden müsse.

Jetzt zur Jahresmitte gibt es Hoffnung, dass sich das Volumen der Transaktionen und die Nachfrage nach Büros deutlich erholen: „Nach zwei Jahren Stillstand sehen die Zahlen gar nicht so schlecht aus“, beobachtet Julia Schreiter, Standort-Chefin der JLL-Repräsentanz, die ihren Sitz in Nürnberg-Kohlenhof hat. Gleich in der Nachbarschaft hat das Bayerische Immobilien Kontor Bayiko gerade ein rund 4 800 Quadratmeter großes Grundstück erworben, um 225 Wohnungen sowie Platz für Handel und Gastronomie zu schaffen. Um die Ecke will die Fürther P&P Group durch ein Re-Development aus Büros voraussichtlich 112 Apartments und 32 Wohnungen auf einer Gesamtfläche von insgesamt über 4 000 Quadratmetern errichten. Sontowski & Partner aus Erlangen wird auf dem Areal des Ergo-Hochhauses am Hauptbahnhof das künftige „Nuo“ mit Büros, Gewerbe und Apartments bauen.

Früherer Sitz von Novartis in Nürnberg: Aus Büros wird ein neues Wohnquartier.

Bereits im letzten Jahr kaufte die Heilbronner Impact Real Estate den früheren Novartis-Sitz in der Nürnberger Roonstraße, um das Gebäude bis Ende 2027 in ein Wohnquartier mit gut 350 Microapartments, seniorengerechten Einheiten und klassischen Wohnungen umzuwandeln. Für Erhalt und Kernsanierung hat sich auch die Evangelische Landeskirche bei der einstigen Oberpostdirektion am Rathenauplatz entschieden: Für rund 170 Mio. Euro entsteht der Evangelische Campus Nürnberg ECN, der ab nächstem Jahr unter anderem Platz für 2 000 Studenten und Schüler der Evangelischen Hochschule Nürnberg und der Fachakademien der Rummelsberger Diakonie bieten soll. Die 6 000 Quadratmeter Bürofläche im sechsstöckigen ECN-Turm werden extern vermarktet.

Der Evangelische Campus Nürnberg entsteht aus der früheren Oberpostdirektion am Rathenauplatz.

Büroimmobilien

Norbert Grund, Geschäftsführer der KIB Gruppe, sieht zwar keinen mengenmäßigen Mehrbedarf an Büroflächen, aber Nachfrage nach modernen Büros, die agiles Arbeiten ermöglichen. Veraltete Büroflächen geraten nach seiner Beobachtung dagegen massiv unter Druck. Er warnt jedoch davor, unwirtschaftliche Altstandorte mit öffentlichen Fördergeldern unbedingt erhalten zu wollen. Die KIB prüft derzeit auf dem einstigen Prinovis-Areal in Nürnberg-Langwasser das Potenzial für Betriebe aus der Sparte Light Industrial. Solche Objekte benötigen laut Norbert Grund in der Regel grob 1 500 Quadratmeter in einer ebenerdigen Halle und weitere 1 000 Quadratmeter für Büro, Service und Showroom. Die Nachfrage für solche Flächen sei vorhanden, allerdings widerspreche die geringe Verdichtung solcher Objekte dem Ziel des Flächensparens.

Im neuen Stadtteil Lichtenreuth sind die ersten Bewohner schon eingezogen.

Eine Sonderstellung im Markt nimmt das Großprojekt für den neuen Stadtteil Nürnberg-Lichtenreuth ein, der parallel zur neuen Technischen Universität Nürnberg (UTN) entsteht: Dort sollen bis 2030 mehr als 2 500 Wohnungen für rund 6 000 Bewohner gebaut werden – zuzüglich Nahversorgung, sozialer Infrastruktur sowie Platz für Büros und Dienstleistungen. Die Immobilien-Tochter der Bahn, Aurelis Real Estate, hat vor Kurzem grünes Licht für die Entwicklung des zweiten Planungsabschnitts erhalten. Dieses Modul 2 umfasst eine Gesamtfläche von 17,8 Hektar und sieht in den kommenden Jahren 1 300 Wohnungen vor. Das Stadtviertel ist als autoarmes Quartier konzipiert, die bestehende Straßenbahnlinie 7 wird durch das neue Stadtviertel bis zur U-Bahn-Station Bauernfeindstraße verlängert.

Eine Zäsur war für den Verlag Nürnberger Presse (VNP) der Umzug in den 4 800 Quadratmeter großen „Cube“ am Wöhrder See. Statt Zellenbüros wie am bisherigen Stammsitz in der Marienstraße ist nun eine neue Art des Arbeitens mit Desk­sharing, offenen Arbeitsbereichen, Begegnungszonen und flexiblen Plätzen möglich. In das neue Druckhaus im ehemaligen Grundig-Gewerbepark in Langwasser, das bereits im nächsten Jahr betriebsbereit sein soll, investiert VNP einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Zur Zukunft des dann verwaisten, riesigen Gebäudekomplexes zwischen Marienstraße und Blumenstraße gibt es noch keine konkreten Pläne. Die nur einen Steinwurf von der Altstadt entfernte Gewerbefläche dürfte aber die Fantasie von Investoren und Entwicklern beflügeln.

In The One, dem Büroturm mit zwölf Etagen in der „Neuen Mitte Thon“, wurden Räume an die ersten Mieter übergeben. Die Arano Group verlegt ihren Deutschlandsitz aus dem Nordostpark in den Turm, der von Sontowski & Partner projektiert und nach höchsten Energieeffizienz-Standards errichtet wurde. Arano belegt dann über die Hälfte der insgesamt über 10 000 Quadratmeter Bürofläche. Auf dem benachbarten Areal hat die Nürnberger Zweckgesellschaft Thon Plaza zwei weitere Gewerbekomplexe mit insgesamt ca. 11 500 Quadratmetern Mietfläche realisiert. Um den neuen Platz herum findet sich unter anderem Raum für Supermarkt und Apotheke sowie etwa 20 Büro- und Praxisflächen.

In Fürth will die Stadt die Erfolgsgeschichte des Gewerbegebiets Golfpark Atzenhof fortschreiben. Zuletzt hatte sich die Kleeblattstadt die letzten knapp zwölf Hektar Freiflächen sowie 6,5 Hektar ökologische Grünflächen gesichert. Ziel bei der Vermarktung ist es, bis zu 1 000 neue Arbeitsplätze dort anzusiedeln. Der einstige Flughafen wurde vor über 20 Jahren zum Gewerbepark, in dem nun Unternehmen mit insgesamt 1 500 Mitarbeitern ansässig sind.

Platz für Start-ups und weitere kleine Gewerbe- und Fertigungsbetriebe bietet das Westend Business Center in Fürth (Würzburger Straße, Ecke Siemensstraße). Der Standort wurde von der Zweckbau Weisert GmbH in Nürnberg für rund 25 Mio. Euro revitalisiert und verfügt über Büroflächen von rund 25 000 Quadratmetern, die sich individuell an verschiedene Anforderungen anpassen lassen.

Gerade gestartet ist ein Bauprojekt in der Gebhardtstraße in Fürth auf einer der letzten großen Baulücken auf den ehemaligen Bahnflächen. In zwei Bauabschnitten entsteht zunächst ein achtgeschossiges Gebäude, das Raum für eine Self-Storage-Anlage sowie eine Augenarzt-Klinik schafft. Für den zweiten Bauabschnitt sehen die beiden Projektentwickler Kochinvest aus Nürnberg und Fueg Investitions aus Röthenbach ein gemischt genutztes Gebäude mit modernen Büroflächen und Hotelnutzung vor.

Logistik-Projekte

Logistik gilt als Wachstumsmarkt, weil der Einkauf über E-Commerce boomt, aber entsprechende Flächen für Neubauprojekte sind seit Jahren Mangelware. Bei den seltenen Gelegenheiten greifen Investoren oder Unternehmen deshalb gern zu. Dazu zählt beispielsweise das Nürnberger Traditionsunternehmen Lebkuchen-Schmidt, das auf dem ehemaligen Grundig-Gelände in Langwasser seine Zentrallogistik für rund 60 Mio. Euro errichtet. Auf einer Fläche von 20 000 Quadratmetern sollen in zwei Jahren alle vertrieblichen Aktivitäten der derzeit noch sechs Außenlager gebündelt werden. Das Logistikzentrum erreicht angesichts der Fläche eine Höhe von 34 Metern, um so Platz für rund 30 000 Paletten zu schaffen. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach und ein hocheffizientes Energiemanagement sollen das Gebäude autark mit Strom versorgen.

Auch Investoren nutzen die wenigen Gelegenheiten, um in diesem Segment Rendite zu erzielen: Eine dieser Gelegenheiten bot sich beim früherem Fachmarktzentrum in der Virnsberger Straße im Nürnberger Osten. Dort gibt Kapitalanleger Union Investment 60 Mio. Euro für die Revitalisierung des Areals mit rund 100 000 Quadratmetern aus. Startschuss für das Projekt war die Unterzeichnung eines langfristigen Mietvertrages mit der Edeka-Gruppe. Die Pläne sehen vor, einen weitgehend energieautarken City-Logistik-Hub mit rund 20 500 Quadratmetern Logistikfläche und einem neuen Nahversorgungszentrum zu bauen.

Größere Logistikgrundstücke finden sich eher im Nürnberger Umland. So hat Swiss Life in Burgbernheim im Landkreis Neustadt a. d. Aisch – Bad Windsheim ein circa 110 000 Quadratmeter großes Gelände erworben. Die künftige Logistikimmobilie soll mehr als 66 000 Quadratmeter Mietfläche bekommen und wird zukünftig als „Nuremberg West“ vermarktet. Das Gebäude besteht aus sieben Einheiten und kann an einen Einzelnutzer oder mehrere Nutzer vermietet werden. Das Objekt wird mit Wärmepumpen und einer Photovoltaik-Dachanlage ausgestattet.

Andere Investoren halten die Augen nach etablierten Standorten offen. So übernahm der Frankfurter Logistikimmobilieninvestor P3 Logistic Parks eine vollständig vermietete Logistikimmobilie in Schwarzenbruck mit rund 30 000 Quadratmetern. Die Liegenschaft ist vollständig an die Spedition Amm vermietet. P3 entschied sich für das Investment angesichts des begrenzten Flächenangebots im Großraum Nürnberg und der anhaltend hohen Nachfrage in einem der gefragtesten Logistikmärkte in Süddeutschland.

In Ansbach hat sich die Augsburger Patrizia für einen eigenen Fonds die 2023 fertiggestellte Logistikimmobilie auf dem ehemaligen Thermoselect-Gelände gesichert. Die Nutzfläche von rund 33 000 Quadratmetern des energetisch zertifizierten Objekts ist derzeit an einen Logistiker vermietet.

„School of Health“: Die neue Fakultät Gesundheitswissenschaften der Ohm-Hochschule auf dem Gelände der Technischen Universität Nürnberg.

Öffentliche Einrichtungen

Die öffentliche Hand ist als Käufer und Impulsgeber auf dem regionalen Immobilienmarkt nicht wegzudenken. Die größte Einzelinvestition im Nürnberger Markt war der Kauf des Ohm Innovation Center (OIC) auf dem ehemaligen AEG-Gelände durch den Freistaat Bayern für etwa 110 Mio. Euro. Außerdem flossen rund neun Mio. Euro in das neue Modulgebäude für die neue Fakultät Gesundheitswissenschaften der Ohm-Hochschule („School of Health“), die auf dem Gelände der Technischen Universität Nürnberg (UTN) entstanden ist.

Auch die Stadt Nürnberg mischt kräftig mit und investiert beispielsweise in die neue SÖR-Zentrale am Pferdemarkt. Mit dem Projekt, das rund 120 Mio. Euro kostet, wird der gesamte SÖR-Betrieb inklusive Werkbetriebe wie etwa Zimmerei, Kfz-Werkstatt und Winterdienst mit Lagern zusammengefasst. Bereits im letzten Jahr hat die Stadt den Grundstein für das neue Schulzentrum Südwest gelegt. Für rund 190 Mio. Euro entstehen zwei Schulen mit Sporthallen, Freisportanlagen sowie Schul- und Stadtteilbibliothek.

Auch wenn es auf dem Markt für Gewerbeimmobilien wieder nach vorne zu gehen scheint, gibt es weiterhin Hängepartien bei großen Immobilienprojekten in der Region: Unklar ist beispielsweise die Zukunft des früheren Kaufhofs und des City-Points in der Nürnberger Fußgängerzone. Und auch der Teil des ehemaligen Quelle-Gebäudes, der für Wohnungen vorgesehen war, wartet noch auf einen Investor. Noch länger klafft die Baulücke für das Schocken-Carré am Aufseßplatz in der Nürnberger Südstadt. Eigentlich hätten dort längst Geschäfte und rund 250 Wohnungen auf fünf Geschossen entstehen sollen.

Autor: Thomas Tjiang (tt.)

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