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Was macht eigentlich...?

Horst Berl

Der frühere Direktor des Nürnberger Grand Hotels ist auch heute noch gerne Gastgeber: Er begleitete Fans während der Fußball-WM und betreut Besucher von Eisbär "Flocke".

Horst Berl hat zu sich nach Hause eingeladen – doch er erwartet den Journalisten unten auf der Straße. Seine Wohnung liegt idyllisch am Nürnberger Wöhrder See, aber Parkplätze sind hier Mangelware. Also hat der frühere Direktor des Grand Hotel flugs eine freie Parkbucht reserviert und winkt mich nun energisch ein.

42 Jahre tourte Horst Berl durch die großen Häuser der Welt, Kairo, London, Köln, Genf waren Stationen seiner Karriere, das elegante Haus gegenüber des Hauptbahnhofs die letzte berufliche Aufgabe. Da wird die Freundlichkeit gegenüber jedem Gast zur eigenen Natur, weit mehr als eine charmante Geste. Berl hat sich auf den Besuch vorbereitet, an diesem heißen Nachmittag ein Erfrischungsgetränk gemixt, der schwarze Tee wird extra aufgebrüht, leckere Häppchen locken verführerisch auf einem Teller. Doch erst gibt es eine kleine Führung: 130 Quadratmeter, zwei Etagen, lichthell, gemütlich, elegant ist die Einrichtung dieses behaglichen Apartments – hier wollen die Berls, seit fast 40 Jahren verheiratet, den Lebensabend genießen.

"Ich bin ja nicht im Ruhestand", stellt er gleich zu Anfang richtig, "ich bin Privatier. Ich habe hart gearbeitet, jetzt will ich nur noch machen, was mir Spaß macht." Dazu gehört viel Sport: Berl ist ein Bewegungsmensch und außerdem eingestanden eitel. Eine Gewichtszunahme über ein gewisses Maß hinaus könnte er sich nicht gestatten. Das regelmäßige Joggen, Schwimmen und Gewichte stemmen nach Plan hat sich schon ausgezahlt: Im vergangenen Herbst bewarb sich der 66-Jährige für die Casting-Show "40plus" im Bayerischen Fernsehen und kam prompt in die Endausscheidung unter die letzten Vier. Das war ein Privatiers-Erlebnis nach Berls Geschmack: Er konnte noch etwas dazu lernen, sich beweisen, sein sicheres, weltmännisches Auftreten, seine sportlich-attraktive Erscheinung brachten ihm Anerkennung ein – und er hatte einige abwechslungsreiche Wochen.

Als Hotelier und Tourismusexperte genießt der gebürtige Tübinger noch immer einen ausgezeichneten Ruf. Immer wieder bekommt er Angebote, neue Aufgaben zu übernehmen. "Es waren – auch finanziell – sehr verlockende Anfragen. Aber ich will die große Verantwortung nicht mehr übernehmen. Ich will mein Leben jetzt genießen". Deshalb lehnte er stets ab. Aber ganz lässt ihn der Beruf nicht los: Als Teilzeitausbilder fördert er Jugendliche, die keine Ausbildungsstelle haben und in einem Berufsvorbereitungsjahr fit für einen Beruf in der Gastronomie gemacht werden sollen.

Am allerliebsten aber ist Berl Gastgeber. Als deshalb die Stadt Nürnberg 2006 als einzige unter den WM-Städten ihr Gastgeber-Programm auflegte und ehrenamtliche Freiwillige suchte, die Fremden halfen, sich in Nürnberg zurecht zu finden, war Berl mit Feuereifer dabei. Seine Erlebnisse mit Australiern, Engländern, Holländern und Mexikanern hat er damals sogar in einer Zeitungskolumne festgehalten. Inzwischen hat der Flocke-Boom das Gastgeber-Programm wieder aufleben lassen und Berl war einer der ersten, die dabei waren.

So geht es Horst Berl wie vielen Menschen, die ein anspruchsvolles Berufsleben hinter sich haben: Von Ruhestand kann keine Rede sein, das Leben bleibt straff durchorganisiert, auch wenn sich das Ehepaar Berl mehr Städtereisen, Ausflüge oder Skiwochenenden gönnt als früher. Nur manchmal, bei der Erinnerung an Höhepunkte des Berufslebens, kommt etwas Wehmut auf, nicht mehr im Zentrum des Geschehens zu stehen: "Es war zur Spielwarenmesse Ende Januar 2001. Da rief aus Paris ein Protokollbeamter von Bundeskanzler Schröder an, der dort Chirac traf und ganz kurzfristig acht Zimmer reservieren wollte. Direkt vom französischen Präsidenten kam der Kanzler nachts an und als ich ihm seine Suite zeigte und ein Fläschchen 96er Barolo öffnete, fragte er mich, ob ich ein Glas mit ihm trinken mag. So saßen wir eine Stunde beisammen, sprachen über dies und das und genossen den wunderbaren Wein ..."

Autor/in: 
Peter Budig
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2008, Seite 45

 
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