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C. Stockert & Sohn

Kompasse aus Fürth weisen den Weg

Eigentlich dürfte es diese Firma in der heutigen Zeit gar nicht mehr geben: Fast ausschließlich in Handarbeit stellt der Familienbetrieb C. Stockert & Sohn in der Marienstraße in Fürth Kompasse und hochwertige optische Geräte her. Noch heute sind die Arbeitsschritte annähernd die gleichen wie bei der offiziellen Gründung des Betriebs im Jahr 1850.

Der heutige Inhaber Dr. Helmut Weiß kann sogar von Aufzeichnungen berichten, welche die Gründung eines Vorgängerunternehmens auf das Jahr 1794 datieren. Der 35-Jährige promovierte Chemiker hat den Betrieb erst vor zwei Jahren von seiner Tante Ilse Prankel und deren Ehemann Gregor übernommen. An den Traditionen seiner Vorfahren hält er nur allzu bereitwillig fest und so zeigt er Besuchern mit Stolz die älteste Maschine in seiner Werkstatt: Aus dem 19. Jahrhundert stammt eine massive Spindelpresse, mit der seine Mitarbeiter noch immer die Blechgehäuse von Taschenkompassen im Tiefziehverfahren herstellen. In der Werkstatt, wo derzeit acht Beschäftigte an Drehbänken und Schleifmaschinen die Einzelteile von Kompassen und vorwiegend technischen Lupen produzieren, drängten sich noch in den 50er Jahren zwischen 30 und 40 Menschen. Über die Stückzahlen von damals und heute hält man sich bedeckt. Nur soviel wird verraten: Gut 30 Prozent der Produktion geht nach Übersee, der Rest findet seine Abnehmer in Deutschland und in EU-Ländern wie Italien oder Spanien.

Aber wer braucht eigentlich so viele Kompasse? Die Palette der Erzeugnisse reicht von Cent-Artikeln bis zum hochwertigen Bootskompass für Binnenschiffer oder zu Marschkompassen für Bergsteiger. Dementsprechend variiert auch der Kundenkreis: "Die kleineren Geräte werden sehr gerne von Werbeagenturen gekauft", erzählt Weiß. Meistens kommt dann noch ein Aufdruck mit dem Logo eines Unternehmens drauf und schon ist ein ausgefallenes Werbegeschenk fertig. Natürlich spielt Kunststoff auch bei Kompassen heute eine große Rolle. Vielfach sind es die Gläser, welche den Blick auf die magnetische Nadel freigeben, die ebenso in der hauseigenen Kunststoffspritzerei entstehen wie kleine Handkompasse mit Plastikgehäuse. "Es wird wieder viel mehr nach Metall und Glas gefragt", erzählt sein Vorgänger Gregor Prankel. Und Weiß erklärt, dass die Produkte aus Fürth im Gegensatz zu vielen Billigprodukten aus Fernost auch wirklich funktionieren.

Hohe Qualität ist bei Stockert das wichtigste Verkaufsargument – ob bei Cent-Artikeln oder bei hochwertigen optischen Instrumenten wie einem Taschenmikroskop mit Messskala, das in der industriellen Qualitätssicherung die Größe von Lacktropfen bestimmt. Weitere hochwertige Geräte sind sogenannte Fadenzähler, das sind spezielle Lupen, die in der Druckindustrie ebenfalls zur Kontrolle der Erzeugnisse eingesetzt werden. In der C. Stockert Kompassfabrik entstehen derartige Präzisionsgeräte in verschiedenen Größen genauso wie spezielle Steinlupen für Uhrmacher, mit deren Hilfe der Fachmann feststellt, ob zum Beispiel ein Diamant wirklich lupenrein ist.

Der neue Inhaber will die Tradition so fortführen, wie er sie aufgegriffen hat: "Natürlich könnte man viele Arbeitsschritte automatisieren, das ist aber nicht notwendig." Und auch weiterhin will Weiß seine Einzelteile lieber mit lösbaren Schrauben verbinden statt mit unlösbaren Nieten. Denn so können die Geräte in der eigenen Werkstatt leichter repariert werden.

Autor/in: 
mk.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2008, Seite 76

 
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