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141. Kammergespräch

Wo steht die Finanzwirtschaft?

Über den Spagat der Banken zwischen Regulierung und Markt sprach Uwe Fröhlich, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR), beim Kammergespräch.

IHK-Präsident Dirk von Vopelius beklagte bei seiner Begrüßung die „anscheinende Kluft zwischen Realwirtschaft und Finanzwirtschaft“. Immer neue Spekulationswellen gegen einzelne Euro-Staaten ignorierten deren tatsächliche Wirtschaftskraft. Vopelius forderte daher eine „Resozialisierung der Finanzakteuere“ und setzte auf eine Renaissance der genossenschaftlichen Gesellschaftsformen, bei denen „Angler und Ruderer in einem Boot sitzen“.

Die 1 138 deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken stünden auf der richtigen Seite, wie BVR-Präsident Fröhlich vor rund 250 Gästen im Historischen Rathaussaal unterstrich. Denn das Geschäftsmodell des genossenschaftlichen Bankwesens, das neben Privatbanken und Sparkassen häufig als dritte Säule des deutschen Bankensystems bezeichnet wird, basiere auf der regionalen Verankerung. Die lokalen Einlagen würden als Kredite an die örtliche Wirtschaft wieder ausgegeben. Dieser realwirtschaftliche Bezug der Genossenschaftsbanken ist „Teil ihrer DNA“, sagte Fröhlich.

Die Richtigkeit dieses Ansatzes habe sich während der Finanzkrise im Jahr 2008 erwiesen, die die Genossenschaftsbanken ohne staatliche Hilfe überstanden hätten. Seitdem hätten die genossenschaftlichen Institute ein kontinuierliches Wachstum verbucht und Marktanteile hinzugewonnen. Dies sei aber nicht durch einen Wettbewerb bei den Konditionen erreicht worden, sondern durch das „wertorientierte Geschäftsmodell“. Die 16,7 Mio. Kunden seien zugleich Mitglieder ihrer Bank und könnten sich deshalb „basisdemokratisch“ in die Geschäftspolitik einbringen.

Angesichts der Verwerfungen im weltweiten Finanzsystem zeigte Fröhlich Verständnis für die Anliegen der Anti-Banken-Protestbewegung „Occupy Wallstreet“, auch wenn er deren Ansätze – wie eine Verstaatlichung der Banken – nicht in Gänze teilen könne. Diese Sympathie habe der BVR mit einem Anzeigenmotiv zum Ausdruck gebracht, auf dem Occupy-Demonstranten mehr Demokratie fordern.

Die im Zuge der Griechenlandkrise immer häufiger diskutierte Forderung nach einer Aufspaltung der Kreditinstitute in Investmenthäuser und Geschäftsbanken bezeichnete Fröhlich als „Scheinlösung“. Denn selbst die Genossenschaftsbanken seien beispielsweise auf Derivate angewiesen, um Währungsrisiken von Kunden abzusichern. Sorgen macht sich der BVR-Präsident auch über die Regulierungspläne aus Brüssel. Dort werden unabhängig von der aktuellen Finanzkrise die neuen Eigenkapitalregeln gemäß Basel III ausgearbeitet.

Die verschärften Vorschriften würden aber dem Bankensystem in Deutschland nicht gerecht. Fröhlich fürchtet, dass es dadurch für den Mittelstand zu verteuerten Krediten kommen könnte. Mit Flankenschutz aus Berlin rechnet BVR-Präsident Fröhlich nicht: „Die Bundesregierung ist im fortgeschrittenen Prozess nicht bereit, für uns in den Krieg zu ziehen.“

Autor/in: 
tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2011, Seite 14

 
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