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Personalsuche in Indien

Die Kultur entscheidet

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Die Rekrutierung von Mitarbeitern folgt in Indien eigenen Gesetzen. Wie finden deutsche Unternehmen auf dem Subkontinent qualifiziertes Personal?

Hoch qualifizierte Führungskräfte mit internationaler Erfahrung sind in Indien schwer zu finden. Entsprechend aufwändig ist die Rekrutierung von Mitarbeitern, die zum Unternehmen und zur deutschen Firmenkultur passen. Große Sorgfalt ist auch deshalb vonnöten, weil Beziehungen bei der Stellenvergabe eine maßgebliche Rolle spielen und weil es die Personalchefs häufig mit manipulierten Bewerbungsunterlagen zu tun haben.

Eine weitere Herausforderung ist es, die Mitarbeiter auch zu halten. Deutsche Unternehmen berichten über eine angeblich hohe Fluktuation in Indien und den häufigen Wechsel des Arbeitgebers. Anders als gemeinhin angenommen ist aber Unzufriedenheit mit dem Gehalt nicht entscheidend für die mangelnde Firmentreue. Das Problem: Man erfahrt in der Regel nicht die wahren Gründe, wenn indische Manager die Firma verlassen.

Dass Geld nicht ausschlaggebend für den Wechsel des Arbeitgebers ist, zeigte auch eine Analyse der Dr. Wamser + Batra GmbH, die Unternehmen beim Indien-Geschäft berät. In keinem der untersuchten Fälle lag es an einem zu niedrigen Gehalt. Ganz im Gegenteil: Einige Manager waren sogar zu Arbeitgebern gewechselt, die ihnen weniger bezahlten. Vielmehr stellte sich heraus, dass die Ursachen für ein frühzeitiges Ausscheiden schon bei der Stellenbesetzung gelegt wurden. Die Personalverantwortlichen waren zu sehr auf das Thema Gehalt und auf die Frage fixiert, ob die Bewerber die in der Stellenbeschreibung geforderten Kenntnisse und Erfahrungen vorweisen können. Zu wenig beachtet wurde, ob der Bewerber wirklich zu einem deutschen (mittelständischen) Unternehmen passt. Häufig scheitern erfahrene indische Manager, die bereits erfolgreich für ausländische Konzerne gearbeitet haben, an der Unternehmenskultur eines deutschen Mittelständlers. Denn ein börsennotierter anglo-amerikanischer Konzern agiert in Indien natürlich anders als ein fränkisches Familienunternehmen.

Passen die Weltbilder zusammen?

Deutsche Unternehmen müssen sich in Indien davon lösen, dass der passende Mitarbeiter ausschließlich mit objektiv erscheinenden Kriterien gefunden werden kann. Wichtiger sind die Persönlichkeit, das Weltbild und das Wertesystem des indischen Bewerbers, diese Aspekte werden aber bei der Auswahl zu wenig beachtet. Meistens beauftragen deutsche Unternehmen indische Personaldienstleister mit der Suche und Auswahl von Bewerbern, die aber ebenfalls häufig das Thema Kultur ignorieren bzw. mangels Erfahrung auch nicht dazu in der Lage sind, diesen Aspekt angemessen zu würdigen. Kurzum: Gerade die subjektiven, „kulturellen“ Kriterien dürfen nicht unberücksichtigt bleiben – ein Umstand, der der meist sachlichen deutschen Herangehensweise zuwider läuft. Nur wenn der indische Geschäftsführer oder Manager mit seiner ganzen Persönlichkeit zur Unternehmenskultur des zukünftigen Arbeitgebers und auch zur Persönlichkeit des Eigentümers passt, ist eine langfristige Zusammenarbeit in Indien möglich. Sonst kommt es häufig sehr rasch zum Bruch. Oder aber das indische Management „emanzipiert“ sich schnell vom Stammhaus und schlägt einen eigenen Weg ein. Auf diese Weise wird sich eine indische Tochtergesellschaft, die von einem „zu starken“ Management geführt wird, letztendlich immer mehr der Kontrolle des Mutterhauses entziehen und in den seltensten Fällen die gewünschten Ergebnisse erzielen.

Checkliste für Bewerbersuche

Wie sollte nun ein indischer Manager „beschaffen“ sein, damit er auch zu einem deutschen Mittelständler passt? Als Leitfaden kann die folgende Checkliste „kultureller“ Aspekte dienen. Nur wenn Sie all diese Fragen guten Gewissens mit Ja beantworten können, ist eine Zusammenarbeit mit dem Kandidaten ratsam:

  • Kann er die Unternehmenskultur des Stammhauses verinnerlichen, selbst leben und für Indien neu interpretieren?
  • Hat er die Offenheit, sich auf europäische Standards einzulassen und Ihren Vorgaben bedingungslos zu folgen?
  • Sieht er sich als Teil Ihres Unternehmens und kann sich entsprechend integrieren und dabei trotzdem neue lokalspezifische Impulse einbringen? Oder agiert er in Indien eher autark, ohne das Stammhaus einzubeziehen?
  • Bringt er die Bereitschaft mit, sich mit dem Arbeitgeber auch über Schwierigkeiten und Pro-bleme auszutauschen und diese nicht zu ignorieren, zu verschleppen oder zu verschleiern?
  • Kann er sich voll mit dem Produkt identifizieren?
  • Kann er die (Vertriebs-)Strategie auch umsetzen?
  • Ist er zielorientiert, proaktiv und geht er strukturiert vor? Konzentriert er sich nicht nur auf leicht zu erreichende Ziele?
  • Können Sie die Integrität des Kandidaten über Referenzen validieren?
  • Erkennt der Kandidat Ihr Angebot als langfristige Chance und lässt er sich auch auf ein entsprechendes, leistungsbezogenes Gehaltspaket ein?

Im Bewerbungsverfahren kann man diese Anforderungen beispielsweise durch Rollenspiele und konkrete Aufgabenstellungen überprüfen. Dabei werden dem Kandidaten realistische und auf das zukünftige Unternehmen zugeschnittene Aufgaben und Problemfälle vorgegeben, die er erklären und lösen muss. Die vom Kandidaten angegebenen Referenzen sollten durch mehrere Quellen überprüft und verglichen werden. Wenn bei diesen Checks unterschiedliche Angaben auftauchen, ist große Vorsicht angebracht.

Externer Kontakt:

Werner Heesen ist Experte für Personalmanagement bei der Dr. Wamser + Batra GmbH in Bochum, die Unternehmen beim Indien-Geschäft berät. Heesen war u. a. 13 Jahre für die Lufthansa in Indien tätig (www.wamser-batra.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2017, Seite 28

 
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