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Nachfolge

Ich übernehme das!

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Wie können Unternehmen erfolgreich ihre Nachfolge organisieren? Vier Beispiele aus Mittelfranken.

Das Thema Nachfolge ist seit Jahren ein Dauerbrenner für Unternehmen. Für hochgerechnet über 4 000 Betriebsinhaber allein in Mittelfranken steht in den Jahren 2022 bis 2026 ein Generationswechsel an. Den Übergebern geht es zum einen um die Fortführung ihres Lebenswerks, zum anderen aber auch um den Verkaufserlös, der oft einen wichtigen Teil der Altersvorsorge bildet. Die Betriebsnachfolge hat zudem gesellschaftliche Bedeutung, schließlich geht es auch um den Erhalt vieler Arbeitsplätze. In Mittelfranken sind hochgerechnet 76 000 Menschen in Betrieben tätig, in denen sich aktuell die Frage der Nachfolge stellt. Im schlimmsten Fall wird ein nicht weitergegebenes Unternehmen einfach zugesperrt, die geschaffenen Werte an Betriebsvermögen und Know-how verschwinden sang- und klanglos vom Markt.

Vor diesem Hintergrund unterstützt die IHK Nürnberg für Mittelfranken Unternehmerinnen und Unternehmer dabei, sich frühzeitig mit der eigenen Nachfolge auseinanderzusetzen. IHK-Expertin Simone Brunner verweist auf ein breites Beratungs- und Unterstützungsangebot. Es richtet sich an Unternehmen mit familieninterner Nachfolge ebenso wie an Betriebe, die keinen Nachfolger aus Familie oder Betrieb haben und deshalb nach externen Interessenten Ausschau halten. Ansprechpartner der IHK sind umgekehrt auch Personen, die den Schritt in die Selbstständigkeit erwägen und für die deshalb die Übernahme eines bestehenden Unternehmens in Frage kommt. In persönlichen Beratungsgesprächen erhalten Unternehmen beispielsweise Checklisten und einen Fahrplan für die nächsten Schritte.

„Die Facetten und Bedingungen für eine gelungene Nachfolge sind vielschichtig“, hebt Simone Brunner hervor. Dabei gehe es nicht nur um sorgfältige Bewertung, sondern auch um mögliche Fördertöpfe für eine Finanzierung oder um steuerliche Aspekte bei der Ermittlung des Kaufpreises. Hierfür bietet die IHK auch Übernahme-Seminare an (siehe Info-Kasten).

Vermittlungsbörse nexxt-change

Die wichtigste Vermittlungsbörse für Übergeber und Übernehmer ist die bundesweite Internet-Plattform nexxt-change.org des Bundeswirtschaftsministeriums, an dem u. a. auch die KfW-Bankengruppe und die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) beteiligt sind. Die Nachfolgebörse will beide Seiten zusammenbringen und ermöglicht es, in den Inseraten zu recherchieren und nach kostenloser Registrierung selbst ein Angebot oder Gesuch einzustellen (siehe Inserate in dieser WiM, Seite 49). Laut Brunner ist das Interesse an einem externen Nachfolger auch in Mittelfranken hoch. In den letzten beiden Jahren meldeten jeweils rund 80 Eigentümer pro Jahr ihr Interesse an einem Käufer auf der nexxt-change-Plattform an. „Dagegen ist die Nachfrage nach einem Übernahmebetrieb aktuell eher flau“, beobachtet Brunner. Das entspreche der aktuellen Entwicklung, dass der Wille zu Neugründungen derzeit eher verhalten ist. Während der Pandemie registrierte Brunner dagegen vergleichsweise mehr Anfragen. Sie vermutet, dass gerade Beschäftigte im mittleren Management die Zeit im Homeoffice nutzten, um berufliche Alternativen auszuloten.

Im Folgenden erfolgreiche Beispiele für Unternehmensnachfolgen:

Ferro Energy GmbH, Büchenbach: So hat beispielsweise Herbert Müller, Firmengründer und Eigentümer der Büchenbacher Ferro Energy GmbH gute Erfahrungen mit „nexxt-change“ gemacht: „Das war ein voller Erfolg.“ Am Ende einigte er sich im letzten Jahr mit einem Käufer aus Siegen. Zuvor hatte er jahrelang ergebnislos versucht, seinen Betrieb selbst oder auch mit Hilfe von speziellen Maklern zu verkaufen. Der 1970 gegründete Betrieb hatte in seinen besten Jahren zwölf Niederlassungen in Deutschland, weitere zehn in Tschechien und insgesamt 190 Beschäftigte. Vor acht Jahren wurde Müller von seinem Sohn mit der Entscheidung überrascht, dass er nicht für die Nachfolge zur Verfügung stehen werde. Daraufhin begann er, einen externen Nachfolger zu suchen. Als der Verkaufsprozess begann, waren es noch ungefähr 50 Beschäftigte. „Machen Sie nicht den Fehler, den ich gemacht habe“, fasst der heute 82-Jährige seine Erfahrung zusammen. „Fangen Sie mit dem Verkauf nicht zu spät an, sondern am besten auf dem Höhepunkt der Firmenentwicklung.“ Spätestens mit 65 Jahren sollte man die eigene Firma verlassen. Dank seines Netzwerkes waren Firmenbewertung und rechtliche Fragen kein Problem. Allerdings habe er sein Lebenswerk für einen „Bruchteil des Wertes verkaufen müssen“.

SAS-Jonatat GmbH, Feucht: Die Übernahme von SAS-Jonatat ist seit letztem Dezember ebenfalls in trockenen Tüchern. Max Warmuth, Geschäftsführer der Schwarzenbrucker Gertek Gerätetechnik GmbH, stieß über „nexxt-change“ auf das Inserat von SAS. Dieser Spezialist für Energielösungen ist seit 1982 u. a. in den Märkten Energie- und Wasserversorgung, Industrie und Forschung aktiv. Warmuth fand den Geschäftsbereich interessant, nahm Kontakt zu SAS auf und erwarb das Unternehmen. „Es ist ein entscheidender Meilenstein in unserer Unternehmensgeschichte.“

Max Warmuth, Geschäftsführer der Schwarzenbrucker Gertek Gerätetechnik GmbH (Foto: Thomas Tjiang)

Gertek selbst wurde 2003 gegründet und hat sich auf die Entwicklung maßgeschneiderter Stromversorgungslösungen für kritische Infrastrukturen spezialisiert. 2019 wurde der Betrieb von der belgischen CE+T Power übernommen, ein Konglomerat mehrerer Unternehmen in zwölf Ländern. Weil die Holding die Gruppe kontinuierlich ausbaut, hatte Warmuth von der belgischen Mutter „freie Hand“, aber auch die nötigen Ressourcen, also Experten für die Übernahme und finanzielle Mittel. Hätte SAS keinen Nachfolger gefunden, wäre das laut Gertek „ein Riesenschaden“ gewesen, den es zu vermeiden galt. Nun ist Gertek erst einmal mit der Integration beschäftigt, für das laufende Jahr ist keine weitere Übernahme geplant. Dennoch ist Warmuth offen bei weiteren Chancen: „Wenn sich die nächste Option auftut, schauen wir sie uns genau an.“

Kaeser Umformtechnik GmbH, Wendelstein: Yalcin Koc, einer der drei Geschäftsführer des Nürnberger Beschaffungsdienstleisters Sensira GmbH, hatte eigentlich nicht vor, die Wendelsteiner Kaeser Umformtechnik GmbH zu übernehmen – einen Spezialisten für Präzisionstiefziehteile mit zehn Mitarbeitern. Per Zufall lernte er über die Unternehmerfabrik Landkreis Roth GmbH den Geschäftsführer kennen, der auf der Suche nach einem Nachfolger war. Es folgte ein längeres Prozedere, bei der Kunden und Finanzen der Firma mit externer Hilfe durchleuchtet wurden. „Dann habe ich die Chance genutzt“, so Koc.

Yalcin Koc, einer der drei Geschäftsführer des Nürnberger Beschaffungsdienstleisters Sensira GmbH (Foto: Thomas Tjiang)

Für ihn besonders hilfreich sei die Unterstützung der Sparkasse Mittelfranken-Süd gewesen. Das Geldinstitut sei fachlich sehr gut aufgestellt gewesen und habe auch einen Förderkredit der LfA Förderbank Bayern reibungslos koordiniert. Die IHK bietet für solche Fragen auch einen monatlichen „Beratungssprechtag Finanzierung“ zusammen mit der LfA an. Nun will Koc neben seinem Sensira-Job das organische Wachstum von Kaeser vorantreiben.

Brochier Holding GmbH + Co. KG, Nürnberg: Der Gebäudedienstleister Brochier Holding GmbH + Co. KG hält die Augen offen, um interessante Betriebe zu finden, für die ein Übernehmer gesucht wird. In diesem Jahr sei die Übernahme eines größeren Betriebs aus Nürnberg geplant, deutet Gesellschafter Pascal Brochier an. Konkreter lasse es sich aktuell noch nicht sagen. In der Vergangenheit hat das Familienunternehmen mehrere Betriebe ohne passenden Nachfolger übernommen. Damit habe man sich weiteres Geschäft mit zusätzlichen Kunden erschlossen. Es ging aber auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels darum, zusätzliche Mitarbeiter zu integrieren oder bestehende Geschäftsfelder zu stärken und auszubauen.

Unternehmens-Werkstatt für Gründung und Nachfolge

Hilfreiche Informationen und Anwendungen für junge bis alteingesessene Unternehmen gibt es in der „Unternehmens-Werkstatt“. Sie ist ein kostenloses Online-Angebot der IHK-Organisation, das Beratung, Vernetzung und Erfahrungsaustausch bietet. Dabei werden alle Themen von Existenzgründung über Unternehmenssicherung bis zur Unternehmensnachfolge abgedeckt.

Interessierte können sich auf dem regionalen Ableger, der „Unternehmens-Werkstatt Mittelfranken“ (https://mittelfranken.uwd.de) anmelden. Nach der Registrierung lassen sich Projekte anlegen und es stehen u. a. folgende hilfreiche Werkzeuge und Informationen zur Verfügung:

  • Merkblätter und Checklisten für Übergabe und Übernahme
  • Unternehmenswert-Rechner und Erläuterungen zur Unternehmensbewertung
  • Vertragsmuster für die Unternehmensnachfolge
  • Nachfolgecheck
  • Nachfolge-Börse „nexxt-change.org“

Nachfolgeinteressierte profitieren zusätzlich von einem Businessplan-Tool mit Finanzplan samt Erklärungen, Leitfäden und Beispieltexten, der im Bereich „Existenzgründung“ zu finden ist.

Auch auf der Webseite der IHK Nürnberg für Mittelfranken sind zusätzlich viele hilfreiche Informationen zu Existenzgründung, Businessplänen und Unternehmensnachfolge zu finden.

https://mittelfranken.uwd.de
www.ihk-nuernberg.de/gruendung

Autor/in: 

(tt.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2024, Seite 12

 
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